Die juristische Presseschau vom 25. August 2011: Königsrecht des Bundestages – Kostenfallen im Internet – Kanonen gegen Spatzen

25.08.2011

Die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsfonds sorgt weiter für Streit. Viele Medien sehen die Budgethoheit des Bundestages in Gefahr. Außerdem in der Presseschau: Kostenfallen im Internet, der neue Präsident des Bundesfinanzhofes, justizielle Selbstverwaltung und vieles andere.

Budgetrecht: Die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, den Euro-Rettungsschirm möglicherweise weiter auszudehnen, stoßen auf heftige Kritik. Die FAZ (Joachim Jahn) erläutert die Budgethoheit als das "Königsrecht" des Bundestages. Der Vorstoß Schäubles vertrage sich schwer mit dem "Lissabon-Urteil" des Bundesverfassungsgerichtes. Der Bundestag müsse die Gesamtverantwortung für den Staatshaushalt und eine ausreichende Gestaltungsfreiheit behalten. In einem Gastbeitrag auf der "Staat und Recht"-Seite der FAZ fordert der Bundestagsabgeordnete Marco Buschmann, das Budgetrecht des Bundestages zu schützen: "Das deutsche Parlament muss es bei wesentlichen Entscheidungen selbst in der Hand haben, wie sich die Vertreter Deutschlands in den Einrichtungen zur Euro-Stabilisierung verhalten."

Daniel Goffart (Handelsblatt) ist anderer Ansicht: "Die Budgethoheit ist als nationales Hoheitsrecht nur wirksam, wenn das Budget selbst rechtmäßig ist." Die Europäische Union müsse die Haushalte der Mitgliedstaaten künftige stärker kontrollieren.

Heribert Prantl (SZ) widmet sich in einem Kommentar der gerichtlichen Kontrolle der Staatshaushalte. Er meint, die Anregung der Bundeskanzlerin, der Europäischen Gerichtshof solle die Einhaltung des EU-Stabilitätspaktes überwachen, sei "im Prinzip ein kluger Gedanke – der aber von den Europarichtern eine Souveränität verlangt, die man ihnen noch nicht unbedingt zutraut."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Verbraucherschutz im Internet: Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf verabschiedet, der vor Kostenfallen im Internet schützen soll. Kunden sollen künftig mit einem Button gewarnt werden, bevor sie eine kostenpflichtigen Bestellung abschließen. lawblog.de (Udo Vetter) schildert die geplante Änderung und erklärt wie man sich bisher gegen solche Kostenfallen wehren kann. vbe (SZ) lobt in einem Kommentar den Vorstoß der Bundesregierung: "Im besten Fall ahmen das andere EU-Mitgliedsstaaten schnell nach."

Ausländerrecht: Fünf Jahre nach der Reform des Bleiberechts zieht die SZ (Roland Preuß) Bilanz. Die Änderungen hätten weniger Menschen zu einem gesicherten Aufenthaltsstatus verholfen, als angekündigt. In einem gesonderten Kommentar schreibt Roland Preuß (SZ): "Dieses Spiel mit dem Aufenthaltsrecht muss ein Ende haben, nötig ist eine dauerhafte und pragmatische Lösung."

Weitere Themen - Justiz

Mellinghoff zum Bundesfinanzhof: Rudolf Mellinghoff wird Präsident des Bundesfinanzhofes. Die in den Medien bereits erwartete Entscheidung gab das Bundeskabinett am Mittwoch bekannt. Die SZ (Oliver Bilger) porträtiert den "Kämpfer für ein einfaches Steuerrecht".

Selbstverwaltung: Die FAZ (Reinhard Müller) nimmt den Streit um die Justizreform in Rheinland-Pfalz zum Anlass, um auf der Seite "Staat und Recht" die Frage nach einer Selbstverwaltung der Justiz aufzuwerfen. So sprach sich der Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Koblenz, Peter Itzel, gegenüber der FAZ für mehr Selbstverwaltung aus: "Was uns geboten wurde, das kriegen wir selbst auch hin". Der Staatsrechtslehrer Walter Rudolf wird hingegen mit den Worten zitiert: "Das gibt nur Inzucht."

Querulantengebühr: Der Rechtsanwalt Rüdiger Zuck kritisiert in einem Kommentar auf lto.de den Vorschlag des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, eine Gebühr für missbräuchliche Verfassungsbeschwerden zu erheben. Zu einer Entlastung des Gerichts würde dies nicht beitragen, Voßkuhle schieße vielmehr "mit Kanonen auf Spatzen".

Euro-Rettung vor dem EGMR: Eine Gruppe von 55 Unternehmern will sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, weil das Bundesverfassungsgericht im Streit um die Euro-Rettung ihr Recht auf ein faires Verfahren und auf Schutz des Eigentums verletzt habe. Das berichtet welt.de (Günther Lachmann). Unter Führung des Wirtschaftsrechtlers Markus C. Kerber wolle die Gruppe erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht auch die wirtschaftlichen Folgen der Finanzhilfen überprüft.

Apple vs. Samsung: Die FTD (Teresa Goebbels) schildert die Strategie des Computerherstellers Samsung im "Patentkrieg" mit Apple. Bilder aus Stanley Kubricks Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ sollen beweisen, dass Samsungs Tablet-PC nicht Apples iPad nachahmt.

Wirtschaftskriminalität: Das Handelsblatt widmet der Wirtschaftskriminalität eine Themenseite und schildert Vorsorgestrategien der Unternehmen. Von der "Angst der Unternehmen" würden vor allem Anwaltskanzleien profitieren, so Dieter Fockenbrock: "Alle großen Anwaltskanzleien steigen in die Compliance-Beratung ein."

Weitere Themen – Recht in der Welt

Politkowskaja: Im Fall der 2006 ermordeten russischen Journalistin Anna Politkowskaja wurde der mutmaßliche Drahtzieher festgenommen. spiegel.de (Benjamin Bidder) berichtet von der überraschenden Wende und schildert den vorangegangenen Prozess, der mit dem Freispruch mehrerer Tatverdächtiger endete.

Strauss-Kahn: Die taz (Heide Oestreich) spricht mit Theda Giencke, Anwältin für Strafrecht und Vorstandsmitglied des Vereins Nebenklage e. V., über den Fall Strauss-Kahn und die besonderen Schwierigkeiten von Verfahren wegen Vergewaltigung.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. August 2011: Königsrecht des Bundestages – Kostenfallen im Internet – Kanonen gegen Spatzen . In: Legal Tribune Online, 25.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4110/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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