Die juristische Presseschau vom 23. August 2011: Strauss-Kahn-Verfahren vor Einstellung - U-Bahn-Attacke vor Gericht - Bundeswehr und Libyen

23.08.2011

Die Einstellung des Verfahrens gegen Dominique Strauss-Kahn durch den Staatsanwalt des Staates New York ist heute das beherrschende Thema. Außerdem in der Presseschau: Der Prozess gegen den mutmaßlichen U-Bahn-Treter Torben P. beginnt, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts schlägt eine Querulantengebühr vor, die Bundeswehr im Libyen-Einsatz und vieles andere.

Strauss-Kahn: Die Meldungen, die ab 22 Uhr online bei spiegel.de (Katharina Peters, bos) und ftd.de zu lesen waren, bestätigten die Vermutungen der Vorberichte in den Printmedien: Das Ermittlungsverfahren gegen Dominique Strauss-Kahn, dem zur Last gelegt wurde, ein 32jähriges Zimmermädchen zum Oralsex gezwungen zu haben, steht vor der Einstelllung. Die Staatsanwaltschaft will ihre Anklage zurückziehen. Maßgeblich für die Entscheidung seien wachsende Zweifel der Ankläger an der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin Nafissatou Diallo gewesen.

Das Handelsblatt (Astrid Dörner) sah bereits vorher den New Yorker Oberstaatsanwalt Cyrus Vance "in Bedrängnis". Ines Kappert (taz) begrüßt die Reaktion der Ermittlungsbehörden trotz der Einstellung als wichtigen Beitrag zur Debatte über sexuelle Gewalt: "Der Selbstverständlichkeit, mit der sich bestimmte Männer Sex als Belohnung nehmen, stehen in der Öffentlichkeit und in der Justiz Akteure gegenüber, die genau dieses Verhalten ahnden." Heftige Kritik übt sie an der berufsvernichtenden Sensationsberichterstattung mancher Medien, die erst Strauss-Kahn und dann die Zeugin ausgeschlachtet hätten.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Querulantengebühr: Wie lto.de berichtet, spricht sich der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, für die Einführung einer Gebühr für permanente Beschwerdeführer aus. Eine "Mutwillengebühr" von bis zu 5.000 Euro können verhindern, dass einzelne Personen hunderte meist aussichtslose Verfassungsbeschwerden auf einmal einreichten.

Umsatzsteuer-Betrug: Anlässlich des Verfahrens wegen Steuerbetrugs beim Handel mit Emissionszertifikaten berichtete die FAZ (Joachim Jahn) von den immer verfeinerten Methoden des Umsatzsteuer-Betrugs. Im Fall von Verschmutzungszertifikaten und bei bestimmten Warengruppen habe die EU-Kommission bereits reagiert und lasse mit dem Reverse-Charge-Verfahren den Käufer für die Zahlung der Steuer haften. Trotzdem schätze Werner Widman, Abteilungleiter im rheinland-pfälzischen Finanzministerium den jährlichen Schaden immer noch auf bis zu 15 Milliarden Euro. Widman bezeichne den Vorschlag von Paul Kirchhof als "Befreiungsschlag", demzufolge Unternehmen mit Umsatzsteuer gar nicht mehr belastet werden sollten, sofern es sich um einen durchlaufenden Posten handele.

Bundeswehr im Libyeneinsatz: Mit der Frage, ob die Beteiligung von mit der Planung von Luftangriffen befassten Bundeswehrsoldaten am NATO-Kommandostab im süditalienischen Poggio Renatico eine Umgehung des Parlaments bedeute, befassen sich ftd.de (Thomas Kleinmann) und Stephan Löwenstein (FAZ). Löwenstein folgt unter Berufung auf die amtliche Begründung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes der Argumentation des Grünen-Abgeordneten Ströbele. Bei einer Verwendung der Bundwehr in "eigens für konkrete bewaffnete Einsätze gebildete Stäbe und Hauptquartiere" sei eine Zustimmung des Parlaments erforderlich, da es sich nicht mehr um Routinetätigkeit im Rahmen allgemeiner Bündnisverpflichtungen handele. Ströbele bekräftigt im Interview mit der taz (Ulrike Winkelmann) seine Auffassung zur Rolle von Soldaten in NATO-Stäben.

Weitere Themen - Justiz

Auskunftsrechte über Mitbewerber: blog.beck.de (Christian Rolfs) stellt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vor, in der die Klage eines abgelehnten Studienbewerbers in Irland abschlägig beschieden wurde. Er wollte Informationen über seine Mitbewerber erhalten um seine Diskriminierung beweisen zu können. Ein derartiger Anspruch bestehe jedoch nicht. Diese Entscheidung könne den vom Bundesarbeitsgericht am 20. Mai 2010 beim Europäischen Gerichtshof vorgelegten Fall beinflussen. Es geht um die Frage, ob ein Bewerber, der die Kriterien einer ausgeschriebene Stelle erfülle, im Falle seiner Ablehnung einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft habe, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt und wenn ja, auf Grund welcher Kriterien diese Einstellung erfolgt sei.

Berufung gegen Gäfgen-Urteil: Das Land Hessen hat gegen die Entscheidung, dem Kindsmörder Gäfgen 3.000 Euro Entschädigung wegen der Androhung von Misshandlungen zu gewähren, Berufung eigelegt. Dies berichtet ftd.de.

U-Bahn-Attacke Berlin: Über den am heutigen Dienstag beginnenden Prozess gegen den mutmaßlichen U-Bahn Schläger Torben P. berichten die SZ (Florian Fuchs) und spiegel.de (Julia Jüttner). Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger kritisiere in diesem Zusammenhang, dass durch die Veröffentlichung von Videomaterial durch die Ermittlungsbehörden ein einseitiges Bild des Angeklagten gezeichnet worden sei, zugleich Hinweise auf eine mögliche Mitverantwortung des schwer verletzten Geschädigten erst sehr viel später der Allgemeinheit zur Kenntnis gebracht worden seien.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Gaddafi in Den Haag: Mit möglichen völkerstrafrechtlichen Schritten gegen den libyschen Diktator Gaddafi, seinen bereits festgenommenen Sohn und andere Vertreter des Regimes, beschäftigt sich die FR. Das Blatt erläutert die Forderung des Chefanklägers beim Gerichtshof in Den Haag (ICC) Ocampo an die libyschen Rebellen, Gaddafi an das Gericht zu übergeben. Die FAZ (Reinhard Müller) diskutiert verschiedene Tatbestände aus dem Statut des ICC wie "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und weist darauf hin, dass es bei derartigen Vorwürfen keine Immunität für politische Funktionsträger gebe.

USA: Katja Gelinsky (FAZ) beschäftigt sich mit der Zurückhaltung des Supreme Courts, Maßnahmen der Bush-Regierung im Kampf gegen den Terror juristisch zu beurteilen. So habe das höchste Gericht des Landes jene Fälle zur Entscheidung gar nicht erst angenommen, in denen die Bush-Regierung Auskünfte über Terrorabwehrmaßnahmen als Staatsgeheimnis verweigert. Auch für die Überprüfung der Verbringung von Terrorverdächtigen in Länder, in denen sie bei Verhören gefoltert und misshandelt wurden sehe sich das Gericht nicht zuständig. Insgesamt seien die Ergebnisse wesentlich weniger spektakulär wie es sich die Bürgerrechtsbewegung erhofft habe, auch bei den Entscheidungen zum Status der gefangenen in Guantanamo seien die weitgehenden Befugnisse der  Exekutive nur im geringen Maß durch Gerichtsentscheidungen eingeschränkt worden.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)

lto/ro

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. August 2011: Strauss-Kahn-Verfahren vor Einstellung - U-Bahn-Attacke vor Gericht - Bundeswehr und Libyen . In: Legal Tribune Online, 23.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4087/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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