Die EU-Kommission will strengere Regeln an den Finanzmärkten durchsetzen, unter anderem wird an ein zeitweises Verbot für Länderratings gedacht. Außerdem in der Presseschau: Das Bundesarbeitsgericht fällt eine Grundsatzentscheidung zum Betriebsübergang, Bundestrojaner im Eigenbau, eine Staatsanwältin zeigt Stefan Mappus an und vieles andere.
Ratingverbote in Planung: Wie die taz (Hannes Koch) berichtet, erwägt Michel Barnier, der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Ratingagenturen die Benotung von Staatsanleihen vorübergehend zu untersagen. Außerdem hätten sich EU-Parlament und nationale Finanzminister geeinigt, Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen für Staatspapiere bei Bedarf zu verbieten. Hannes Kochs Kommentar (taz) hält den Plan Barniers in Einzelfällen für geeignet. Es könne in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein, dass die EU-Kommission die Agenturen verpflichtet, für zwei Wochen Stillschweigen zu wahren. "Auch Börsen unterbrechen den Handel, wenn eine Verkaufspanik ausbricht."
Zum gleichen Thema schreibt Holger Steltzner (FAZ): "Zum Glück ist Michel Barnier nicht für Bildung zuständig, sonst käme er noch auf die Idee, schlechte Schulnoten zu verbieten." Offen sei außerdem, wie die Kommission ein derartiges Verbot, das sich in erster Linie gegen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch richte, durchzusetzen gedenke, da diese Unternehmen ihren Sitz in Nordamerika hätten.
Die Kritik an den Ratingagenturen, so das Handelsblatt (lud), richte sich vor allem gegen die von ihnen vorgenommene Überzeichnung etwaiger Risiken.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Staatsstrojaner im Eigenbau: Nach der Kritik an von Privatunternehmern entwickelten Ausspähprogrammen für Computer ("Trojaner") hat Bundesinnenminister Friedrich (CSU) angekündigt, in Zukunft nur noch mit Software ausspähen zu wollen, die von staatlichen Stellen entwickelt worden sei. Susanne Höll (SZ) fordert, Computer-Überwachungen dürfe es erst dann wieder wieder geben, wenn staatliche Stellen für Bund und Länder passgenaue Trojaner entwickelt hätten, die von unabhängigen Experten geprüft und lizenziert worden seien.
Wie die taz (Wolf Schmidt) berichtet, hätten in den letzten drei Jahren die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern insgesamt rund 100 Mal durch auf den Computer geschmuggelte Trojaner die Online-Kommunikation von Verdächtigen überwacht.
Haushaltssünder vor dem Europäischen Gerichtshof: Wie unter anderem die SZ (Martin Winter) berichtet, beabsichtigt die Bundesregierung im Rahmen der verschärften EU-Regularien, der EU-Kommission eine Klage vor dem EuGH gegen Länder zu ermöglichen, die den Haushaltsvorgaben nicht nachkommen. Dazu müsste der Absatz 10 im Artikel 126 des Vertrags von Lissabon gestrichen werden, der Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof bei Defizitverfahren ausschließe. Man erhoffe sich von dieser Klagemöglichkeit eine abschreckende Wirkung
Weitere Themen – Justiz
Anzeige gegen Mappus: Im Zusammenhang mit dem Verkauf von EnBW hat eine Staatsanwältin aus Bayern Strafanzeige gegen den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus und Ex-Finanzminister Willi Stächele erstattet. Dies berichtet das Handelsblatt (Martin Buchenau, Jürgen Flauger). Die Juristin, die einen Verdacht auf Untreue als gegeben ansieht, wird mit den Worten zitiert: "Jede andere Entscheidung als die Aufnahme von Ermittlungen würde an Strafvereitelung im Amt grenzen."
Die SZ (Roman Deininger) berichtet über eine Aussage des französischen Energiekonzerns EdF. Der Käufer der EnBW habe die Beteiligung des Stuttgarter Landtags nicht untersagt. Diese Angabe stehe im Gegensatz zur Darstellung von Mappus, der sich zur Zeit im Urlaub befinde und dazu keine Stellung nehmen wolle.
Bundesarbeitsgericht zum Betriebsübergang: Das BAG hat in einem Urteil vom 13. Oktober klargestellt, dass Voraussetzung für einen Betriebsteilübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist, dass die vom Erwerber übernommene Einheit bereits beim Betriebsveräußerer die Qualität eines Betriebsteils gehabt hat. Diese Entscheidung skizziert blog.handelsblatt.com (RA Klaus Heeke). Demnach müsse eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit vorgelegen haben. Dazu müsse es sich um eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Betriebsmitteln zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck gehandelt haben, die hinreichend strukturiert und selbständig gewesen ist. Mit dieser Entscheidung sei weiterhin nicht klar, wie das BAG mit der Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2009 zur Bewahrung der organisatorischen Selbständigkeit von Betriebsteilen umzugehen gedenke.
Laut lto.de (RA Erwin Salomon) sei es in dem im Oktober entschiedenen Fall auf die Entscheidung des EuGH gar nicht angekommen. Der Fall des entlassenen Ingenieurs Klarenberg zeige, dass vorschnelle Vorlagebeschlüsse zum EuGH in Fragen, die nicht entscheidungserheblich seien, vor allem einen Rechtstreit verzögerten.
Top-Anwälte in Deutschland: Das Handelsblatt veröffentlicht heute Sonderseiten zu den besten Anwälten in Deutschland. Neben Listen zu von der Konkurrenz empfohlenen Anwälten widmen sich die redaktionellen Beiträge vor allem dem Kostenrisiko für die Mandantschaft und der Honorarstruktur.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ägypten: spiegel.de (usp) berichtet, der ägyptische Blogger Maikel Nabil sei von einem Militärgericht in die Psychiatrie eingewiesen worden. Der 25-Jährige war im April zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Da sich der Blogger in einem Hungerstreik befinde, habe die EU in einem Brief an das ägyptische Außenministerium gefordert, Nabil umgehend medizinisch zu versorgen. Zudem habe ein Sprecher von Catherine Ashton Aufklärung über den Verbleib und den gesundheitlichen Zustand aller Gefangenen gefordert.
Sonstiges
Nationale Doping-Agentur: Die taz (Jens Uthoff) berichtet in ihrem Sportteil über die zunehmende Kritik an der Arbeit der Nationalen Dopingagentur NADA, der Datenschützer "unerträgliche Missachtung von Persönlichkeitsrechten" vorwerfen.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Die juristische Presseschau vom 21. Oktober 2011: . In: Legal Tribune Online, 20.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4615 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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