Die juristische Presseschau vom 19. August 2011: Umstrittenes BFH-Urteil - Unnütze UMTS-Lizenzen - In Frage gestellter EGMR

19.08.2011

"Milliardenkosten" würden die Urteile des Bundesfinanzhofs zur steuermindernden Berücksichtigung der Ausbildung verursachen, hieß es zunächst. Inzwischen sehen die Medien die Sache realistischer. Außerdem: Ein wirklich milliardenschweres Urteil zu ungenutzten UMTS-Lizenzen, ein Portrait des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und vieles andere.

BFH zu Ausbildungskosten: Die schwarz-gelbe Regierungsmehrheit scheint die Urteile des Bundesfinanzhofs zur steuerlichen Anrechnung einer Erstausbildung oder eines Erststudiums akzeptieren zu wollen. Das berichtet das Handelsblatt (Heike Anger). Union und FDP lehnen in ersten Reaktionen einen Nichtanwendungserlass des Finanzministeriums ab.

Die FR (Antje Schüddemage) und lto.de (Christian Dülpers) erläutern, wer wie von den BFH-Urteilen profitieren kann. Der konkrete Nutzen sei deutlich geringer als zunächst angenommen.

In Kommentaren werden die BFH-Urteile überwiegend abgelehnt: Es sei nicht erstrebenswert, wenn Studenten ihr Studium künftig unter Steuergesichtspunkten optimieren, meint Michael Fabricius (Die Welt). Barbara Gillmann (Handelsblatt) verweist auf die weitgehend kostenlose Ausbildung der Studierenden; ein zusätzlicher Steuerabzug sei angesichts der guten "Renditen" eines Studiums nicht erforderlich. Der Gesetzgeber solle das Urteil korrigieren.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Vor fünf Jahren trat das AGG in Kraft. lto.de (André Niedostadek) bilanziert, dass die befürchtete Klageflut ausblieb. Die Gerichte hätten auch Versuchen einen Riegel vorgeschoben, sich nur zum Schein auf diskriminierend ausgeschriebene Stellen zu bewerben, um dann die Entschädigung zu kassieren.

Weitere Themen – Justiz

Zahnarztwerbung: Zahnärzte, die sich mit gemeinsamer Praxis  in einem "Zahnärztehaus" niedergelassen haben, dürfen unter diesem Begriff werben und sich im Internet präsentieren. Laut verfassungsblog.de (Max Steinbeis) hat das Bundesverfassungsgericht entgegenstehende Entscheidungen der ärztlichen Berufsgerichte wegen Verletzung der Berufsfreiheit aufgehoben.

Sterbegeld: Über eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berichtet lto.de. Danach durfte 2002 das Sterbegeld für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes abgeschafft werden. Das Interesse an der Konsolidierung der Versorgungsanstalt von Bund und Ländern (VBL) habe dies rechtfertigt. Dem Vertrauensschutz der Beschäftigten sei durch eine sechsjährige Übergangsfrist bis 2008 ausreichend Rechnung getragen.

UMTS-Lizenzen: Das Bundesverwaltungsgericht lehnte eine Klage der spanischen Telefongesellschaft Telefonica ab. Als Miteigentümerin des Mobilfunkanbieters Quam wollte sie, dass der Staat 8,4 Milliarden Euro zurückbezahlt, die Quam 2000 für die Ersteigerung einer – nie genutzten und später widerrufenen - UMTS-Lizenz bezahlte. Wie die FAZ (caf) meldet, stellte das Bundesverwaltungsgericht nun darauf ab, dass Quam nicht für die Nutzung der Lizenz bezahlt habe, sondern für die Möglichkeit der Nutzung.

Strafprozess gegen Breuer: Am Landgericht München I ist der Prozess gegen den ehemaligen Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, am ersten Verhandlungstag zunächst geplatzt. Das berichtet unter anderem spiegel.de. Die Verteidigung war nicht fristgerecht über die Besetzung des Gerichts informiert worden. Breuer wird Prozessbetrug wegen einer mutmaßlich falschen Aussage in einem Zivilprozess 2003 vorgeworfen. In einem Kommentar schlägt Joachim Jahn (FAZ) vor, auf einen aufwändigen Prozess zu verzichten und das Strafmaß per Absprache festzulegen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

EGMR: Die taz (Christian Rath) gibt einen ausführlichen Überblick über aktuelle Probleme des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Insbesondere in Russland und Großbritannien stehe seine Akzeptanz in Frage.

England: über zunehmende Kritik an harten Urteilen gegen Plünderer berichtet nun auch spiegel.de (Carsten Volkery). Bürgerrechtler und liberale Politiker warnten vor einem "kollektiven Verlust der Verhältnismäßigkeit". Laut FR (Barbara Klimke) wurden von 3.000 Festgenommenen bereits rund 1.300 dem Richter vorgeführt. 90 Prozent der Angeklagten seien männlich, ein Fünftel minderjährig. 126 Urteile seien gesprochen worden. Die härteste Strafe, vier Jahre Haft, sei für zwei Aufrufe zur Plünderung ergangen, denen niemand folgte.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag  erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten) 

 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. August 2011: Umstrittenes BFH-Urteil - Unnütze UMTS-Lizenzen - In Frage gestellter EGMR . In: Legal Tribune Online, 19.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4061/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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