Die juristische Presseschau vom 17. Januar 2012: Ablehnen ohne Auskunft – Vorbeugen gegen Zeitungsbericht – Weichen stellen beim BGH

17.01.2012

Ist ein Arbeitgeber verpflichtet, einen abgelehnten Bewerber darüber zu informieren, warum er den Job nicht bekommen hat? Das muss der EuGH noch entscheiden, nach den Schlussanträgen des Generalanwalts darf aber schon mal spekuliert werden. In der Presseschau geht es außerdem um Prozess-Berichterstattung, ein gerichtliches Internetverbot und den Anspruch auf "rutschfreie Wege zum Zug".

Kein Auskunftsanspruch für Bewerber: Der Europäische Gerichtshof muss sich mit der Frage befassen, ob abgelehnte Bewerber, die sich bei der Stellenvergabe diskriminiert fühlen, einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber haben. Das Bundesarbeitsgericht hatte diese Frage zur Entscheidung vorgelegt, Generalanwalt Paolo Mengozzi hat einen allgemeinen Anspruch in seinem Schlussantrag grundsätzlich verneint. Dem Arbeitgeber würden dennoch weitreichende Pflichten auferlegt, erläutert der Rechtsanwalt Hans-Peter Löw im Handelsblatt Rechtsboard. Löw kritisiert: "Im Ergebnis steht der Arbeitgeber in manchen Konstellationen schlechter, als wenn ein genereller Auskunftsanspruch bejaht würde."

Die FTD (Katharina Peuke) spricht mit dem Rechtsanwalt Stefan Lingemann. In dem Interview auf der Recht-Seite erklärt er, Unternehmen könnten nur "bedingt aufatmen", denn "Bewerber, die eine Ablehnung bekommen und keine Auskunft über die Gründe erhalten, können jetzt leichter eine Diskriminierung behaupten und Schadensersatz verlangen."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Patientenrechte: Nachdem die Bundesregierung den Entwurf für ein Patientenrechte-Gesetz vorgestellt hat, schildert auch die taz (Heike Haarhoff)  das Vorhaben. Die bisherige unübersichtliche Rechtslage werde damit gebündelt. Die FR (Timot Szent-Ivanyi) fasst die wichtigsten Regelungen übersichtlich zusammen. In einem Leitartikel der FTD heißt es, die Reform sei ein "Schritt in die richtige Richtung". Kritisiert wird jedoch das Fehlen eines Patientenbriefes, zudem gehe die Umkehr der Beweislast nicht weit genug.

Weitere Themen - Justiz

Vorbeugender Unterlassungsanspruch: Das Oberlandesgericht München hat einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen eine Tageszeitung bestätigt, die demnach nicht in identifizierender Weise von einem Prozess wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern berichten darf. Dazu lawblog.de (Udo Vetter) und internet-law.de (Thomas Stadler).

Internetverbot: Udo Vetter (lawblog.de) befasst sich mit der Frage, ob ein Internetverbot als gerichtlich Weisung zulässig ist – etwa bei einer Bewährungsstrafe wegen des Besitzes von Kinderpornografie.

Wulff-Affäre: Der Verwaltungsrechtler Joachim Wieland erläutert auf lto.de die Voraussetzungen einer Präsidentenanklage. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass es tatsächlich zu einem Verfahren komme: "Sollte eine Verletzung der Pressefreiheit offenkundig werden, werden die politischen Gesetzlichkeiten auch ohne Einschaltung des BVerfG wirken."

Krailing-Mordprozess: Vor dem Landgericht München beginnt heute der Prozess um den Doppelmord von Krailing. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Onkel der beiden getöteten Mädchen der alleinige Täter ist. Ausführliche Vorberichte finden sich in der SZ (Annette Ramelsberger/Christian Deussing) und auf spiegel.de (Julia Jüttner).

Rechtsradikale vor Gericht: Nach einem Brandanschlag auf eine Gruppe von Migranten müssen sich zwei Rechtsradikale vor dem Landgericht Stuttgart wegen versuchten Mordes aus ausländerfeindlichen Motiven verantworten. Die SZ (Roman Deininger) schildert den mutmaßlichen Tathergang.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Prozess gegen Richter: Vor dem Obersten Gericht in Madrid beginnt heute der Prozess gegen den Ermittlungsrichter Baltasar Garzón. Wie die FAZ (Leo Wieland) berichtet, wird dem Star-Juristen "Rechtsbeugung, passive Bestechung und Überschreitung seiner Kompetenzen" vorgeworfen. Falls es in einem der drei Verfahren zu einem Schuldspruch komme, wäre "wohl die glanzvollste Geschichte der spanischen Demokratie durch ein Berufsverbot zu Ende".

Richter gegen Premier: Der pakistanische Regierungschef Gilani muss sich wegen "Beleidigung des Gerichts" vor dem Obersten Gerichtshof verantworten. Das meldet spiegel.de. Die Hintergründe des Konflikts zwischen Richtern und Regierung erläutert die FAZ (Jochen Buchsteiner).

Das Letzte zum Schluss

BGH zur Streupflicht: Die Streupflicht auf Bahnsteigen ist heute Gegenstand einer Verhandlung am Bundesgerichtshof. Wolfgang Janisch (SZ) glossiert die juristische Debatte um Schnee schippen und Glatteis. Die entscheidende "Weichenstellung" sei die Frage, welches Unternehmen der Deutschen Bahn verantwortlich ist. Denn damit entscheide sich, ob der für Kunden günstige "Anspruch auf rutschfreie Wege zum Zug" aus dem Beförderungsvertrag wegfalle. In jedem Fall könne man zumindest eine Mitschuld vermeiden, indem man "geeignetes Schuhwerk" anlege.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. Januar 2012: Ablehnen ohne Auskunft – Vorbeugen gegen Zeitungsbericht – Weichen stellen beim BGH . In: Legal Tribune Online, 17.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5317/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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