Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Juli 2011: Streit um Sicherungsverwahrung – Verbesserter Verbraucherschutz – Posten und Personen

18.07.2011

In mehreren Fällen haben erst kürzlich entlassene Sexualstraftäter erneut Kinder missbraucht. Nun diskutieren die Medien wieder über die Sicherungsverwahrung. Außerdem in der Presseschau: Verbraucherschutz soll verbraucherfreundlicher werden, Spekulation um Posten in München und Karlsruhe und vieles andere.

Sicherungsverwahrung: In Dortmund wurde letzte Woche ein Mann festgenommen, der nach seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung erneut ein Kind missbraucht hat. Er war infolge der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts im Mai vergangenen Jahres freigelassen worden. Nun geht spiegel.de (Barbara Hans, Birger Menke und Jens Witte) dem Fall auf den Grund. Der Mann habe als "Musterbeispiel für gelungene Resozialisierung" gegolten. Die Montags-taz (Christian Rath) schildert zwei weitere Fälle und erläutert die ihnen zugrunde liegende Rechtslage.

spiegel.de (Jochen Brenner) führt ein Interview mit dem Rechtsanwalt Stefan König, der die Sicherungsverwahrung ablehnt. Das "etwas diffuse Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit" dürfe "nicht als Grund herhalten, dem Einzelnen seine Freiheit zu nehmen", sagt König darin. Die Bayerische Justizministerin Beate Merk meint hingegen im Gespräch mit der Montags-SZ: "Es geht doch nicht darum, dass der Staat hier willkürlich Freiheitsrechte beschneiden will – ich könnte die Wand hochgehen, wenn ich das immer wieder höre."

Kai Schlieter kommentiert in der Montags-taz "Freiheitsrechte dürfen nicht der Fiktion von Sicherheit geopfert werden". In einem Kommentar in der Samstags-SZ (jkä) heißt es hingegen: "Viele Gegner der Sicherungsverwahrung haben dieses äußerste Mittel des Rechtsstaats zum Symbolthema um den Rang der Bürgerrechte stilisiert".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Verbraucherschutz: Wie die Samstags-SZ (Daniela Kuhr) berichtet, soll das Verbraucherinformationsgesetz reformiert werden. Das vor drei Jahren eingeführte Gesetz habe sich in der Praxis als "Flop" erwiesen und solle nun verbraucherfreundlicher gestaltet werden.

Mit Unterstützung der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner soll zudem diesen Monat ein Internetportal der Verbraucherzentralen online gehen. Auf der Seite mit dem Namen lebensmittelklarheit.de können Verbraucher Produkte melden, von deren Aufmachung sie sich getäuscht fühlen. Der Spiegel (Susanne Amann) stellt das Projekt vor, das bei der Lebensmittelindustrie für Unmut sorgt. So sehe der Branchenverband "Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde" (BLL) darin einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit. Der vom BLL um Stellungnahme gebetene ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, halte das Portal ebenfalls für rechtswidrig.

Mediationsgesetz: Dem Regierungsentwurf für ein Mediationsgesetz widmet sich nun auch die FAS (Stefan Locke) und stellt in einem ausführlichen Artikel Mediation als Alternative zu Gerichtsverfahren vor.

Regierungsumfragen: Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte vergangene Woche davor gewarnt, bei Repräsentativumfragen im Auftrag der Regierung den Anschein zu erwecken, diese dienten zugleich dem Parteiinteresse. In der Montags-FAZ geht Georg Paul Hefty der Problematik aus grundgesetzlicher Perspektive nach. Hier bestehe eine "Grauzone", das Grundgesetz bekomme die "Personengleichheit von Regierungs- beziehungsweise Parlamentspolitikern mit Parteipolitikern nicht wirklich in den Griff".

Weitere Themen - Justiz

Konzerne gegen Atomausstieg: Nach RWE und Eon klagt nun auch der Energiekonzern ENBW gegen die Steuer auf Brennelemente von Kernkraftwerken. Das berichtet die Samstags-FAZ (Joachim Jahn). In einem gesonderten Kommentar meint Joachim Jahn (Samstags-FAZ), bislang gehe es nur um die Brennelementesteuer, doch "RWE und Eon basteln außerdem bereits an ihren Klagen gegen die schrittweise Abschaltung der Atomkraftwerke."

Demjanjuk: Nach Angaben von tagesspiegel.de (Claudia von Salzen) droht dem ehemaligen KZ-Wachmann John Demjanjuk möglicherweise ein neues Verfahren. Demjanjuk wurde im Mai wegen Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden im Vernichtungslager Sobibór zu fünf Jahren Haft verurteilt. Nun werde im Zusammenhang mit seinem Einsatz als Wachmann im Konzentrationslager Flossenbürg ermittelt.

Ergo-Skandal: Im Skandal um das Versicherungsunternehmen Ergo könnte es zu langwierigen Rechtstreitigkeiten kommen. Der Finanzinvestor Clemens Vedder hat nach einem Bericht des Handelsblatts (Sönke Iwersen, Wolfgang Reuter) wegen Rufschädigung eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe angekündigt. Ergo hatte zuvor Strafanzeige wegen versuchter Erpressung erstattet, einer der Beschuldigten sei dabei Vedder.

Persönlichkeitsrechte im Internet: Das Interview der Zeit (Götz Hamann / Heinrich Wefing) mit dem Medienanwalt Christian Schertz kann nun auch auf zeit.de nachgelesen werden.

Justizpersonalien: Die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) spekuliert über das Personalkarussell, das mit der Neubesetzung der Posten des Generalbundesanwalts sowie des Präsidenten des Bundesfinanzhofes in Gang kommt. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten Johannes Schmalzl für ersteres und Rudolf Mellinghof für letzteres Amt. Die Montags-taz (Christian Rath) stellt "den Liberalen" und den "rechnenden Richter" in zwei kurzen Porträts vor.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Käsemann-Prozess: In Buenos Aires ist ein vielbeachteten Verfahren gegen die Schergen der argentinischen Militärdiktatur zu Ende gegangen. Darin ging es um insgesamt 156 Fälle von Folter und Ermordungen im Geheimlager "El Vesubio". Unter den Opfern war auch die deutsche Studentin Elisabeth Käsemann. Wie die Samstags-FAZ (Josef Oehrlein) berichtet, erhielten die Täter hohe, teils lebenslängliche Haftstrafen. Die Samstags-taz widmet dem Fall einen Schwerpunkt. In einem Kommentar kritisiert Bernd Pickert (taz): "Die Rolle des deutschen Auswärtigen Amtes, das damals eine klare Mitverantwortung für die Ermordung von mehr als 100 Deutschen und Deutschstämmigen in Argentinien trug, ist nicht aufgearbeitet".

Sonstiges

Rechtswissenschaft: LTO bespricht sechs juristische Dissertationen, die 2011 erschienen sind.

Völkerrecht in Nürnberg: Ronen Steinke beschäftigt sich im Feuilleton der Montags-SZ mit dem Bestreben der Bundesregierung, in Nürnberg ein neues völkerrechtliches Institut zu etablieren.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Juli 2011: Streit um Sicherungsverwahrung – Verbesserter Verbraucherschutz – Posten und Personen . In: Legal Tribune Online, 18.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3782/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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