Die juristische Presseschau vom 15. August 2011: Rechte des Bundestags im Streit – SPD gegen Steuerabkommen – US-Gesundheitsreform verfassungswidrig

15.08.2011

Die alleinige Entscheidungskompetenz des Bundestags für den Libyen-Einsatz der Bundeswehr und für die Bewilligung weiterer Finanzhilfen in der EU steht heute im Mittelpunkt. Außerdem in der Presseschau: Die SPD will das Steuerabkommen mit der Schweiz verhindern, Barack Obamas Gesundheitsreform ist teilweise verfassungswidrig und vieles andere.

Rechte des Bundestags im Streit: Die SZ vom Samstag (Michael Bauchmüller) und die taz vom Montag berichten ebenso wie zeit.de über die Klage der Grünen-Bundestagsfraktion beim Bundesverfassungsgericht. Sie richtet sich gegen den Einsatz der Bundeswehr ohne Parlamentsbeschluss bei der Evakuierungsaktion "Pegasus" in Libyen. Stephan Löwenstein (FAZ) kommentiert in der heutigen Ausgabe: "Jetzt filibustert das federführende Auswärtige Amt, weil kein Schuss gefallen sei, habe es einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte nicht gegeben. Das ist überflüssig, ja schädlich. […] Statt es auf eine Klage ankommen zu lassen, hätte die Regierung das Parlament debattieren lassen sollen." Wie ftd.de und die FAZ in den Ausgaben vom Sonntag und Montag berichten, bestünden ferner Bundestagspräsident Norbert Lammert und weitere Abgeordnete der Regierungskoalition darauf, dass eine Erweiterung des EU-Rettungsschirms allein vom Bundestag und nicht von der Bundesregierung beschlossen werden könne.

Weitere Themen – Rechtspolitik

SPD gegen Steuerabkommen: Die FTD am Montag und handelsblatt.de, berichten, die SPD beabsichtige das Abkommen mit der Schweiz zum Umgang mit Steuerhinterziehern im Bundesrat zu Fall zu bringen, da das Abkommen, so Fraktionsvize Joachim Proß "ein reiner Ablasshandel" sei, der gegen die Steuergerechtigkeit verstoße. Im Nachgang zu der ausführlichen Debatte über das Abkommen berichtet am Montag auch Focus (Christoph Elflein, Frank Thewes) über die ab 1. Januar 2013 geplanten Maßnahmen.

Manager und Moral: Als "Rechtsverdreher in Top-Etagen" kritisiert Angelika Maier (FTD) einen kleinen Teil der deutschen Wirtschaftselite und nennt als ein Beispiel Josef Ackermanns Versuch, als Vorstand unter Umgehung der gesetzlichen Frist vorzeitig in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank zu wechseln. Sie konstatiert einen Verlust "des Gespürs für Unrecht", an dessen Stelle Absicherungsgutachten getreten seien.

Forensische Kartellforschung: Unter dieser Überschrift berichtet die FAZ (Justus Haucap, Luis Manuel Schultz) am Montag über die Herausforderungen beim Aufspüren von bewusster Marktumgehung auf der Grundlage des Kartellrechts, das sich am "More Economic Approach" orientiere. Die zum Teil sehr erfolgreiche Übernahme von Kronzeugenregelungen aus den USA ginge ins Leere, wenn es keine Preisabsprachen, sondern bloßes kartellähnliches Verhalten der wichtigsten Marktteilnehmer ohne Absprachen gebe. Dies müsse aufgrund ökonomischer Parameter, beispielsweise von Preisschwankungen beweisfest gemacht werden.

Weitere Themen - Justiz

Bundesverfassungsgericht bestätigt Kindesunterhalt: Die Neuregelung der Anrechnung des Kindergelds auf den Kindesunterhalt ist nicht verfassungswidrig. Über diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berichtet nun auch  blog.beck.de (Hans-Otto Burschel). Die Neuregelung der Kindergeldanrechnung seit dem 1. Januar 2008, derzufolge das Kindergeld Einkommen des Kindes darstelle sowie die aus ihr folgende Berechnung nachrangig geschuldeten Ehegattenunterhalts verstießen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Bundesarbeitsgericht verbietet Stichtagsregelung: Die FAZ berichtet in der Ausgabe vom Samstag über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, das die sogenannten  "Stichtagsregelungen", die in vielen Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen üblich sind, für unwirksam erklärt. Derartige Regelungen dienten allein dem Zweck, den Mitarbeiter beispielsweise durch den drohenden Verlust eines Jahresbonus von einer Kündigung abzuhalten, und verstoße damit gegen das Grundrecht der Berufswahlfreiheit.

Neue Runde zwischen Samsung und Apple: Die FAZ (Carsten Knop) vom Samstag und das Handelsblatt berichten vorab über die für den 25. August terminierte neue Runde in der juristischen Auseinandersetzung zwischen Samsung und Apple. Vor dem Landgericht Düsseldorf kann der koreanische Konzern dann versuchen, das gerichtliche Verkaufsverbot für seinen 10-Zoll-Tabletcomputer "Galaxy Tab" in weiten Teilen der Europäischen Union wieder auszuhebeln, das Apple mit einer einstweiligen Verfügung vom 10. August erwirkt hatte. Nach Angaben von Fachleuten fände rund die Hälfte aller europäischen Patentstreitigkeiten vor dem Landgericht Düsseldorf statt, da seine Entscheidungen meist zugunsten der Patentinhaber ausfielen. In diesem Fall gehe es um den Schutz von Geschmacksmustern, nicht Patenten.

Freispruch für vermeintlichen Vergewaltiger: Gisela Friedrichsen (Spiegel) erläutert am Beispiel eines vom Landgericht Darmstadt nach fünfjähriger Haft wegen erwiesener Unschuld freigesprochenen vermeintlichen Vergewaltigers die gemeinsame Verantwortlichkeit von Richtern, Verteidigern und Gutachtern für Fehlurteile und lehnt die verallgemeinernde Rede vom "Justizskandal" in diesen Konstellationen ab.

Weitere Themen – Recht in der Welt

US-Gesundheitsreform verfassungswidrig: Die FR, taz und ftd.de berichten über eine Entscheidung eines Berufungsgerichts im Bundesstaat Georgia, das Teile der von Barack Obamas Gesundheitsreform für verfassungswidrig erklärt habe. Der Kongress habe mit dem Zwang zum Kauf einer Krankenversicherung seine Befugnisse überschritten, urteilten die Richter in Atlanta. Da ein anderes Berufungsgericht in Cincinnati (US-Staat Ohio) im Juni entschieden habe, dass dieser Teil der Reform verfassungskonform sei, müsse nun der Oberste Gerichtshof eine endgültige Entscheidung treffen. Dies werde frühestens in der nächsten Sitzungsperiode des Supreme Court geschehen, die im Oktober beginne und im Juni 2012 ende.

Englands Gerichte im Akkord: taz (Ralf Sotschek), FAZ (Andreas Ross) und FTD (Matthias Lambrecht) berichten am Montag über die aktuellen Verfahren gegen Randalierer in London und anderen Städten. Von den laut FTD mehr als 2100 festgenommenen Verdächtigen seien laut taz bereits 200 verurteilt worden. Tag und Nacht, so die FAZ, setzten die Richter das Zeichen, das die Politik verlange. Die FTD konstatiert allerdings, dass das Ziel durch die Schnellverfahren die Überlegenheit des Rechtssystems zu demonstrieren, die Öffentlichkeit nicht beeindrucke.

Mubaraks Richter: Die FTD (Max Borowski) porträtiert den ägyptischen Richter Ahmad Rifaat, der den Prozess gegen Ex-Präsident Hosni Mubarak leiten wird. Rifaat, Vorsitzender des Bezirksgerichts in Nord-Kairo, habe sich durch die Verurteilung hoher Funktionäre wegen Korruption in den vergangenen Jahren den Ruf erarbeitet, unabhängig vom Regime zu
sein.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ro

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. August 2011: Rechte des Bundestags im Streit – SPD gegen Steuerabkommen – US-Gesundheitsreform verfassungswidrig . In: Legal Tribune Online, 15.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4017/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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