Die juristische Presseschau vom 13. Januar 2012: Sicherheit im Gericht – Debatte um EU-Datenschutz – Hund ohne Örtlichkeit

13.01.2012

Müssen die deutschen Gerichte sicherer werden? Diese Frage beschäftigt die Medien nach den tödlichen Schüssen auf einen Staatsanwalt. Außerdem sorgen die EU-Datenschutzpläne für Streit, das BVerfG schmettert Mobilfunkbetreiber ab und die Brennelementesteuer ist zur Abwechslung mal rechtmäßig. Zum Schluss kommt noch ein Richter auf den Hund – und das Grundgesetz.

Sicherheit im Gericht: Nachdem ein Angeklagter am Amtsgericht Dachau einen Staatsanwalt erschossen und zwei weitere Personen verletzt hat, wird in den Medien diskutiert, wie sich solche Fälle künftig vermeiden lassen.

Die SZ widmet dem Fall eine Themenseite mit einem Bericht über die Sicherheitsstandards an Gerichten (Katja Auer), Kritik an der unzureichenden Ausbildung von Richtern und Staatsanwälten (Katja Riedel) und einer Zusammenstellung ähnlicher Fälle (Jan Bielicki).

In einem Kommentar mahnt Heribert Prantl (SZ) die Justizverwaltung müsse ihrer Schutzpflicht gegenüber den Richtern und Staatsanwälten nachkommen. Gleichwohl dürfe der Gerichtssaal nicht "in einen Hochsicherheitstrakt" verwandelt werden.

spiegel.de (Simone Utler) führt ein Interview mit dem Vorsitzenden des Deutschen Richterbunds, Christoph Frank. Er spricht sich dafür aus, Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen "ohne den freien Zugang der Bürger zu den Gerichten zu stark einzuschränken".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Euro-Fiskalpakt: Der Völkerrechtler Matthias Herdegen kommentiert in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt den geplanten Pakt für strengere Haushaltsdisziplin im Euroraum und die diesbezüglichen Differenzen zwischen der Bundesregierung und dem Bundesverfassungsgericht.

EU-Datenschutz: Nachdem der Verfassungsrichter Johannes Masing in der SZ die geplante EU-Datenschutzverordnung kritisierte, hat sich in juristischen Blogs eine Debatte entwickelt. Zunächst hatte Ralf Bendrath (netzpolitik.org)  die Verordnung befürwortet und kritisiert, Masings Artikel sei "teilweise falsch" und werfe "Nebelkerzen". Dagegen verteidigt Thomas Stadler (internet-law.de) die "rechtsdogmatisch zwingende Argumentation Masings" und erklärt, dass die Grundrechte im Anwendungsbereich der Verordnung wegen des Vorrangs von EU-Recht nicht anwendbar sein können.

Weitere Themen - Justiz

BVerfG zur Netzagentur: Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerden von vier Mobilfunkanbietern abgewiesen, die sich gegen die Regulierung von Netzentgelten durch die Bundesnetzagentur richteten. Die SZ (Wolfgang Janisch) fasst die Begründung des Gerichts zusammen: "Karlsruhe lässt der Behörde weitgehend freie Hand bei der Regulierung der Telekommunikationsmärkte; die Gerichte dürfen nur bei groben Fehlern korrigierend eingreifen."

Finanzgericht zur Brennelementesteuer: Anders als die Finanzgerichte in Bayern und Hamburg, hält das Finanzgericht Baden-Württemberg die umstrittene Steuer auf Kernbrennstoffe für verfassungsgemäß. Die taz (Ingo Arzt) erläutert das Urteil. Es sei ein "juristischer Anschlusstreffer", eine endgültige Entscheidung erst vom Bundesfinanzhof oder dem Bundesverfassungsgericht zu erwarten.

Freispruch für Lehrer: Das Oberlandesgericht Koblenz hat einen Lehrer freigesprochen, der mehrfach Sex mit einer minderjährigen Schülerin habe. Das meldet unter anderem die FR. Demnach habe kein Obhutsverhältnis bestanden, weil der Lehrer nur Vertretungsunterricht gegeben habe. Das Landgericht hatte das anders gesehen und zuvor zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen Missbrauch von Schutzbefohlenen verhängt.

Geständnis im Börsenbetrugs-Fall: Die FTD (Renate Daum) berichtet von dem Prozess vor dem Münchner Landgericht um Kursmanipulationen an der Börse und schildert das erste Geständnis eines Angeklagten.

Klage gegen Brustimplantate: Nach dem Skandal um mangelhafte Brustimplantate wollen betroffene Patientinnen den Chemikalienhändler Brenntag verklagen. Das Handelsblatt (Siegfried Hofmann/Christoph Schlautmann/Jan Keuchel) schildert die Argumentation der Anwälte. Demnach könne auch der Zulieferer für die fehlerhafte Verwendung seiner Produkte haften.

Strafrechtler zu Wulff-Affäre: In einem Interview mit spiegel.de (Dietmar Hipp) äußert sich der Strafrechtler Osman Isfen zur Wulff-Affäre. Er hält es für "äußerst verwunderlich", dass die Staatsanwaltschaft Hannover erklärte, keine Ermittlungen aufzunehmen. Jedenfalls bei den Vorzugskonditionen der BW-Bank gebe es aus seiner Sicht "keinen Zweifel daran, dass der Straftatbestand der Vorteilsannahme erfüllt ist".

Weitere Themen – Recht in der Welt

Leichenschändung durch Soldaten: Nachdem ein Video bekannt geworden ist, auf dem US-Soldaten die Leichen von getöteten Afghanen schänden, hat das Pentagon eine Untersuchung angekündigt. Bernd Pickert (taz) hält das für Justiz "im Opportunitätsfall". Zwar sei es "richtig, wenn die Marines vor ein Militärgerichtgestellt werden", zugleich müssten aber "die unzähligen tödlichen Übergriffe aus dem Irakkrieg" juristisch aufgearbeitet werden.

Das Letzte zum Schluss

Richter gegen Hundesteuer: Andreas Decker, Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und Besitzer eines Labradors, hält die Hundesteuer für verfassungswidrig. Er klagte vor dem Verwaltungsgericht München und hatte Erfolg – allerdings wegen eines Verfahrensfehlers der Kommune. Das berichtet die SZ (Andreas Salch). Decker bleibe aber bei seiner Auffassung das "Prinzip der Örtlichkeit" sei nicht gewahrt, weil Hunde überallhin mitgenommen würden.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Januar 2012: Sicherheit im Gericht – Debatte um EU-Datenschutz – Hund ohne Örtlichkeit . In: Legal Tribune Online, 13.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5290/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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