Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. November 2011: Rechter Terror – Neues Europa – Rechtsschutz-Rabatte

14.11.2011

Eine Mordserie wurde aufgeklärt und eine rechtsextreme Terrorgruppe entdeckt: Am Wochenende überschlugen sich die Nachrichten. Nun fragen die Medien, warum Polizei und Verfassungsschutz so lange im Dunkeln tappten. Außerdem in der Presseschau: die Europa-Debatte, Piratenprozesse, Berlusconis Ärger mit der Justiz und vieles andere.

Rechter Terror: Der Mord an einer Polizistin, die Ermordung von acht türkischstämmigen und einem griechischen Ladenbesitzer, Banküberfälle und eine Brandstiftung in Zwickau: Eine ganze Serie von Verbrechen wurde am Wochenende aufgedeckt. Mittlerweile ist klar, dass es sich um eine rechtsextreme Terrorgruppe handelte, die vermutlich außerdem Sprengstoffanschläge verübt hat. Einen Überblick gibt Die Welt (Hannelore Crolly).

Aus dem Ermittlungserfolg könnte nun ein Justizskandal werden, spekuliert wird über Kontakte der Täter zum Verfassungsschutz und einen Tipp aus Polizeikreisen. Die FAS (Claus Peter Müller) spricht mit dem thüringischen Innenminister Jörg Geibert, der die Einrichtung einer Untersuchungskommission ankündigte, um Ungereimtheiten bei der Verfolgung der Täter nachzugehen. Das vollständige Interview mit Geibert findet sich in der Montags-FAZ (Claus Peter Müller). Die FTD (Claus G. Schmalholz) porträtiert den Chef des Verfassungsschutzes Heinz Fromm.

Heribert Prantl (Montags-SZ) kritisiert das Vorgehen der Ermittlungsbehörden scharf. Die Täter seien jahrelang unbehelligt geblieben, auch "weil Polizei, Staatsschutz und Staatsanwaltschaft rassistische Motive überwiegend ausgeschlossen haben." Der gleichen Ansicht ist Christian Semler (Montags-taz): "Versucht man, sich ein Bild vom Weltbild der ermittelnden Beamten zu machen, so trifft man auf eingefahrene Stereotype."

Zwei der Täter begingen Selbstmord, ihre Komplizin Beate Z. stellte sich der Polizei. Nach Informationen der Bild am Sonntag wolle sie jedoch nur aussagen, wenn ihr als Kronzeugin Strafmilderung zugesichert werde. Dazu Bild.de. Die Montags-taz (Christian Rath) erläutert die Kronzeugenregelung.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Europäische Integration: Der Spiegel beginnt eine dreiteilige Serie zur Zukunft Europas. Den Stand der Debatte, die Pläne für einen Umbau der europäischen Union und die Stimmen von Visionären und Kritikern werden im ersten Teil (Thomas Darnstädt/Jan Puhl/Hans-Jürgen Schlamp/Christoph Schult/Helene Zuber) vorgestellt. Außerdem geht es unter dem Titel "Geheimaktion Grundgesetz" (Christoph Hickmann/Peter Müller/René Pfister/Christoph Schwennicke) darum, wie die für eine neue Europapolitik erforderlichen Verfassungsänderungen aussehen könnten. In einem Gastbeitrag auf FR.de spricht sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth dafür aus, die "nächste Änderung der EU-Verträge" mit einer Volksabstimmung über "ein neues Grundgesetz als deutsche Verfassung" zu verbinden.

Familienpflegezeit: Mit den gesetzlichen Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege befasst sich der Rechtsanwalt Klaus Heeke im Handelsblatt Rechtsboard. Er erläutert eingehend die Regelungen des Familienpflegezeitgesetzes, das zum 1. Januar 2012 in Kraft tritt.

Energierecht: In einer Sonderbeilage der FTD zum Thema Energie erläutert Bernward Janzing die Gesetze zur Energieförderung. Die seien in den letzten Jahren immer unübersichtlicher geworden.

Weitere Themen - Justiz

BVerfG zu Bundestagsrechten: Das Bundesverfassungsgericht will noch in diesem Jahr über die Beteiligungsrechte des Bundestages im Rahmen der Euro-Rettung entscheiden. Die mündliche Verhandlung soll am 29. November statt finden. Das berichtet die Samstags-FAZ (Reinhard Müller).

Piratenprozesse: Die Bundeswehr hätte einen mutmaßlichen Piraten aus Somalia nach seiner Festnahme nicht zu einem Gerichtsverfahren nach Kenia überstellen dürfen. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln am Freitag. In einem Bericht auf spiegel.de (Matthias Gebauer) heißt es, das Urteil berge "politische und juristische Sprengkraft", bisher seien Deutschland und andere Staaten in mehreren Fällen so vorgegangen. Nun könne es zu Schadensersatzforderungen der Verdächtigen komme.

Rechtsschutzversicherer und Anwälte: Das Verhältnis zwischen Anwälten und Rechtsschutzversicherungen sei "erschüttert", meint Uwe Schmidt-Kasparek (lto.de) nach dem kürzlich ergangen Urteil des Landgerichts Bamberg, das Vergünstigungen für Kunden, die Partneranwälte ihrer Versicherung nutzen, für rechtmäßig erklärt hat. Er erläutert die Folgen der Entscheidung und fürchtet einen Kampf um die Anwaltshonorare.

Fußballübertragungen: Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Exklusivübertragung von Fußballspielen befasst sich der Rechtsanwalt Philipp Werner im Handelsblatt Rechtsboard. Das Gericht habe dabei nicht die Grundsätze der Rechtserschöpfung auf Urheberrechte ausgeweitet, sondern die Entscheidung vielmehr mit einer "sorgfältigen und fallbezogenen Auslegung der einschlägigen Richtlinien" begründet.

Ermittlungen gegen EWE-Chef: Gegen den Vorstandschef des Energieversorgers EWE, Werner Brinker, wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Das berichtet das Handelsblatt (Jürgen Flauger).

Verantwortung und Strafe: Winfried Hassemer bespricht im Feuilleton der Montags-FAZ "Verantwortung und Strafe ohne Freiheit" von Marco Stier. Hassemer kritisiert, dass Stier, nachdem er das Prinzip der menschlichen Willensfreiheit aus neurowissenschaftlicher Sicht ablehne, Strafe als "gesellschaftliche Notwehr" rechtfertigt. Damit suche er "das Heil dort, wo es nun wirklich nicht zu finden ist".

Mit dem Sinn von Strafen befasst sich auch Rainer Werner (Die Welt). Er spricht sich dafür aus, Strafe stärker als "Sühne" für Verbrechen zu betrachten und weniger unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung. Vor allem jugendliche Gewalttäter müssten härter bestraft werden.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Berlusconi-Prozesse: Nach seinem Rücktritt als italienischer Ministerpräsident droht Silvio Berlusconi Ärger mit der Justiz. Der Spiegel gibt einen Überblick über die Prozesse. Michael Braun (Montags-taz) meint, im Gefängnis werde Berlusconi nicht landen: "Dazu sind seine Anwälte zu gut – und dazu ist Italiens Justizsystem zu schwerfällig".

Mordanklage gegen Timoschenko: Der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin Julija Timoschenko droht nun offenbar auch eine Anklage wegen Mordes – sie soll vor fünfzehn Jahren den Auftrag für ein Attentat auf den Donezker Geschäftsmann Jewhen Schtscherban gegeben haben. Die Samstags-FAZ (Konrad Schuller) schildert die Hintergründe des Falles.

US-Soldat verurteilt: Der US-Soldat Calvin Gibbs ist von einem amerikanischen Militärgericht wegen Mordes an drei afghanischen Zivilisten zu lebenslanger Haft verurteilt worden, das berichtet die Samstags-taz (Bernd Pickert). In einem gesonderten Kommentar von Bernd Pickert (Samstags-taz) heißt es dazu: "Je größer die öffentliche Aufregung, desto härter die Urteile". Die verhandelten Morde seien "unbedeutende Einzelfälle" im Vergleich zu Verbrechen, die US-Soldaten während des Irakkrieges begangen haben sollen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. November 2011: Rechter Terror – Neues Europa – Rechtsschutz-Rabatte . In: Legal Tribune Online, 14.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4790/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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