Die juristische Presseschau vom 1. bis 4. Oktober 2011: Der Anwaltsmarkt boomt - Voßkuhle mahnt - US-Drohnen töten

04.10.2011

Die großen deutschen Kanzleien für Wirtschaftsrecht wachsen wieder. Die zwischenzeitliche Flaute ist vorüber, berichtet das Handelsblatt. Außerdem in der Presseschau: Die große Rede von Andreas Voßkuhle beim Fest der deutschen Einheit, die Diskussion über US-Drohnen-Angriffe auf US-Bürger im Jemen und vieles andere.

Anwaltsmarkt: In einem Gastbeitrag für das heutige Handelsblatt beschreibt Juve-Redakteurin Ulrike Barth, wie sich 2010 die Umsätze bei Deutschlands Top-50-Anwaltskanzleien entwickelt haben. Branchenprimus sei Freshfields Bruckhaus Deringer vor CMS Hasche Sigle und Hengeler Mueller. Alle 50 Kanzleien erreichten zusammen einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro, den "Höchststand der letzten fünf Jahre". Nach einer Flaute in den Jahren 2008 und 2009 seien im Vorjahr fast alle großen Wirtschaftskanzleien wieder auf Wachstumskurs gewesen, heißt es im Handelsblatt

Weitere Themen – Rechtspolitik

Verfassungspolitik: Beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit war in diesem Jahr Andreas Voßkuhle der Hauptredner. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts habe vor allem Solidarität in Europa und in Deutschland eingefordert, berichtet spiegel.de. Die Dienstags-taz (Christian Rath) hebt Voßkuhles Lob der Mitte hervor. Es sei relativ leicht, einige wenige Eliteuniversitäten zu etablieren, so Voßkuhle, aber ungleich anspruchsvoller, fünfzig sehr gute Universitäten zu unterhalten, wie es in Deutschland der Fall sei. Die Dienstags-SZ dokumentiert die Rede in größeren Auszügen.

Stasi: Am Freitag hat der Bundestag das Stasiunterlagengesetz geändert, berichtet unter anderem spiegel.de. Die Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst werden bis 2019 verlängert und auf Dienstränge bis hinab zu A 9 ausgeweitet. Außerdem wird die Zwangsversetzung von rund 45 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern ermöglicht, die derzeit noch in der Stasi-Unterlagenbehörde arbeiten. Im Interview mit der SZ (Franziska Augstein) erläutert der Stasi-Akten-Beauftragte Roland Jahn, warum ihm die Neuregelung wichtig war.

Ehe light: In einem Beitrag für lto.de stellt der Notar Herbert Grziwotz einen Vorschlag der Hamburger Grünen vor. Danach sollten sich Paare, die nicht heiraten wollen, für einen Zivilpakt entscheiden können, der einseitig binnen drei Monaten kündbar ist. Er böte viele Steuervorteile wie in der richtigen Ehe, verpflichte aber nicht zu nachehelicher Solidarität. Grziwotz sieht darin ein bloßes "Steuersparmodell". Für Paare mit Kindern sei es nicht geeignet, weil Kindeserziehung Beständigkeit erforderte. 

Weitere Themen – Justiz

Bundesanwaltschaft: Harald Range, der Generalstaatsanwalt von Celle, ist nun aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Generalbundesanwalts. Erste Portraits gibt es – jeweils am Samstag - in der Berliner Zeitung (Ursula Knapp), der SZ (Jens Schneider) und der taz (Christian Rath). Die zum Monatswechsel aus Altersgründen ausgeschiedene Generalbundesanwältin Monika Harms wird portraitiert – ebenfalls am Samstag - von FAZ (Reinhard Müller) und taz (Christian Rath). Im Interview mit dem Focus (Hartmut Kistenfeger) kritisiert Christoph Frank, der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, das "Postengeschachere nach machtpolitischem Proporzdenken". 

Richter: In seiner neuen FAS-Kolumne "Gerade recht" beschreibt Rechtsprofessor Volker Rieble ein Forschungsprojekt über krasse Fehlurteile: watchthecourt.org. Rieble fordert  bessere Personalauswahl der Richter und Strafverfolgung nach krassen Fehlurteilen. Die Selbstverwaltung der Justiz lehnt er ab. 

EuGH zu Planungsrecht: In einem Gastbeitrag für die FTD beschreibt Anwalt Holger Hofmann ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Mitte September. Es ging um die Ansiedelung eines gewerblichen Gartencenters in 250 Meter Entfernung zum Betriebsgelände einer chemischen Fabrik. Wie der EuGH entschied, müssten die Baubehörden aufgrund der so genannten Seveso-Richtlinie die Interessen beider Seiten auch dann abwägen, wenn das neue Gewerbe nach deutschem Recht einen Anspruch auf Genehmigung hat.

EuGH zu Fußball-Fernsehen: Die Samstags-FAZ (Marcus Theurer) und die heutige FTD (Bernhard Hübner/Titus Kroder, ähnlicher Artikel auf ftd.de) bringen Vorberichte zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die für heute erwartet wird. Es geht um die Frage, ob eine britische Pubbesitzerin die Übertragung englischer Fußballspiele auch über einen (billigeren) griechischen Abosender zeigen darf. Die EuGH-Generalanwältin Kokott hatte dies in ihrem Schlussantrag bejaht. Exklusive Lizenzen pro Land verstießen gegen die Dienstleistungsfreiheit.

BVerwG zu Bahnregulierung: In einem Beitrag für lto.de beschreibt Anwalt Anselm Grün ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Ende September. Dies bestätigte eine Verfügung der Bundesnetzagentur gegenüber der DB Netz AG. Diese muss ihre Nutzungsbedingungen in rund einem Dutzend Punkten an die Interessen von Bahngesellschaften anpassen, die neben der Deutschen Bahn das DB-Schienennetz benutzen wollen.

BAG zu Betriebsübergang: Die FTD (Nikolaus Hammerschmidt) kündigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts für die kommende Woche an. Das Gericht muss entscheiden, ob auch dann ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegt, wenn der alte Betrieb eine Abteilung verkauft und diese im neuen Betrieb nicht selbständig weiterbesteht. Der EuGH hatte 2009 in solchen Fällen einen Betriebsübergang bejaht, was den Beschäftigten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gäbe.

OLG Frankfurt zu Linksabbiegern: lto.de berichtet über ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom April. Danach muss ein Linksabbieger die Hälfte des Unfallschadens tragen, wenn er auf einer Kreuzung mit einem Fahrzeug zusammenstößt, das die Kreuzung bei Rot überqueren wollte. Ein Linksabbieger könne sich nicht darauf verlassen, dass sich alle an die Verkehrsregeln halten, sondern müsse selbst aufpassen. 

LG Hamburg zu Farb-Marken: Die Dienstags-SZ (Frederik Obermaier) berichtet über den Streit der Sparkasse mit der Santander-Bank um die Nutzung der Farbe Rot im geschäftlichen Verkehr. Die Sparkassen ließen sich die rote Farbe ihrer Logos beim deutschen Patent- und Markenamt schützen und gingen gegen Konkurrenten vor, die ebenfalls rote Logos nutzen. Im Februar habe der Sparkassenverband beim Landgericht Hamburg Erfolg gehabt. Jetzt gehe aber Santander in Berufung und habe außerdem die Löschung der Sparkassenmarke beantragt.

Sächsisches Versammlungsrecht: Die Dienstags-taz (Sebastian Erb) berichtet über ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags. Danach seien die Strafverfahren der Dresdener Staatsanwaltschaft gegen rund 50 Antifaschisten illegal, die im Februar versucht hatten, eine Dresdener Nazi-Demonstration mittels einer Sitzblockade zu stoppen. Das zugrundeliegende sächsische Versammlungsgesetz sei nämlich im April wegen Formfehlern für verfassungswidrig erklärt worden. 

Sportgericht zu Becherwurf: Im Interview mit der heutigen FTD (Anke Stachow) beschreibt der Anwalt Rainer Cherkeh ein Urteil des Sportgerichts des Deutschen Fußballbundes. Danach müsse der FC St. Pauli 8000 Euro Strafe zahlen, weil ein Fan einen Becher nach dem Schiedsrichter warf. Der Verein könne von dem Fan allerdings Regress verlangen.

Anti-Islam-Hetze: In einem Gastbeitrag für die Samstags-FR fordert die Medienpädagogin Sabine Schiffer eine Strafverfolgung für Autoren und Hintermänner des anti-islamischen Blogs "Politically Incorrect". Die Grenze zu Verleumdung, übler Nachrede und Volksverhetzung sei überschritten. 

Nach der Sicherungsverwahrung: In einer großen Reportage beschreibt der Spiegel (Matthias Geyer) das Schicksal von Karl D., der Anfang 2009 aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurde, dann zu seinem Bruder bei Aachen zog, dort von Demonstranten vertrieben wurde und jetzt freiwillig in einer sozialtherapeutischen Anstalt in Gelsenkirchen wohnt. 

Scharia in Deutschland: Entgegen mancher öffentlicher Warnungen breite sich die Scharia in Deutschland nicht aus, beschreibt die Samstags-SZ (Roland Preuß). Eine Paralleljustiz durch Imame, Friedensrichter oder die Oberhäupter von Großfamilien sei ein Phänomen von Einwanderern der ersten Generation.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Drohnenangriff auf US-Amerikaner: Nach der Tötung von zwei Islamisten mit US-Pässen im Jemen wird in mehreren Medien, unter anderem in der FR (Christian Bommarius) und auf zeit.de die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit aufgeworfen. Die US-Regierung halte den Drohnenangriff auf Amerikaner, die feindlichen Verbänden wie Al Qaida zugerechnet werden, für legal. 

Amanda Knox: Wie welt.de meldet, hat das Geschworenengericht von Perugia in der Berufung die amerikanische Studentin Amanda Knox und ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito vom Vorwurf des Mordes an einer Mitstudentin freigesprochen.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.)

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. bis 4. Oktober 2011: Der Anwaltsmarkt boomt - Voßkuhle mahnt - US-Drohnen töten . In: Legal Tribune Online, 04.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4453/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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