Das BVerfG prüft die Novelle des BKA-Gesetzes. Außerdem in der heutigen Presseschau: Gesetzentwurf zur Erbschaftsteuer, Zschäpe hat neuen Verteidiger und verfassungsrechtlich bedenkliche Twitter-Beiträge der Polizei.
Thema des Tages
BVerfG – BKA-Gesetz: Am heutigen Dienstag soll das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden gegen die Novelle des BKA-Gesetzes aus dem Jahre 2008 verhandeln. Zur Terrorabwehr erhielt das Bundeskriminalamt damals die ersten präventiven Überwachungsbefugnisse. Vorher lag die Gefahrenabwehr allein bei den Landespolizeibehörden. Die Karlsruher Richter werden unter anderem klären müssen, wie die Abwehr konkreter Gefahren von der bloßen Vorbeugung unterschieden werden kann. Fraglich wird auch sein, ob bei allen neuen BKA-Befugnissen der "Kernbereich privater Lebensgestaltung" geschützt werden muss. Die Badische Zeitung (Christian Rath) informiert auch über die Hintergründe des Verfahrens.
Rechtspolitik
Erbschaftsteuer: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will am morgigen Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Erbschaftsteuer im Kabinett einbringen. Die geplante Regelung sieht vor, Erben von Unternehmen, die bis zu drei Mitarbeiter beschäftigen, nach den "alten Regeln" zu schonen. Die Erbschaftsteuer für Erben größerer Unternehmen soll hingegen neu geregelt werden. Die SZ (Guido Bohsem) schildert die Pläne. Die FAZ (Manfred Schäfers) geht in Frage-Antwort-Form auf die relevanten Punkte der Kabinettsvorlage ein. Das Handelsblatt (Donata Riedel) schreibt über den "Minimalkonsens zur Erbschaftsteuer".
TTIP: Das EU-Parlament soll am heutigen Dienstag über eine Stellungnahme zu TTIP debattieren. Die Abstimmung soll am morgigen Mittwoch erfolgen und werde wohl zugunsten des Abkommens ausfallen – allerdings mit Auflagen. Im Hinblick auf das umstrittene Schiedsgerichtsverfahren hatte sich das Parlament vergangene Woche auf einen Vorschlag von Martin Schulz (SPD) geeinigt. Das Handelsblatt (Thomas Ludwig) resümiert die geplanten Punkte des Abkommens und die Forderungen von Seiten des Europaparlaments.
Tarifeinheitsgesetz: Bundespräsident Joachim Gauck hat das umstrittene Tarifeinheitsgesetz unterzeichnet. Kritiker hatten vermutet, dass er das Gesetz wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht in Kraft setzen werde. Unter anderem die Ärztegewerkschaft Marburger Bund betont, sie werde gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde einreichen, so SZ und FAZ (dc.).
Justiz
OLG München – NSU: Der Münchener Rechtsanwalt Mathias Grasel ist der neue und damit vierte Verteidiger der Hauptangeklagten im NSU-Prozess Beate Zschäpe. Dies melden unter anderem SZ, taz und spiegel.de.
LG München I – Deutsche Bank: Am heutigen Verhandlungstag im Deutsche-Bank-Prozess sollen zwei weitere Zeugen aussagen. Unter dem Titel "Im Deutsche-Bank-Prozess ist die Luft raus" erklärt die FAZ (Joachim Jahn), warum die Beweisaufnahme im Verfahren gegen (ehemalige) Topmanager der Deutschen Bank eigentlich schon abgeschlossen ist. Denn auch die weiteren Zeugen könnten keine Einblicke darin geben, "was die Deutsche-Bank-Banker beim Untergang des Kirch-Konzerns gedacht und geplant haben".
Scheinselbstständige Journalisten: Nach Recherchen der taz laufen gegen einige Medienhäuser Ermittlungsverfahren wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen. Sie stehen unter dem Verdacht, freie Journalisten als Scheinselbstständige zu beschäftigen. Die taz (Anne Fromm/Jürn Kruse/Anja Krüger) erläutert im Ressort Gesellschaft, Kultur, Medien ausführlich die "zweifelhafte Personalpraxis".
In einem separaten Beitrag erklärt die taz (afro) kurz, unter welchen Voraussetzungen Journalisten als scheinselbstständig zählen.
Österreich – Klage gegen britische Atomsubvention: Österreich hat vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Subvention eines geplanten britischen Atomkraftwerks eingereicht. Die EU-Kommission hatte im September vergangenen Jahres entschieden, dass Großbritannien das Projekt aus Steuergeldern fördern darf. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) monierte, die Atomkraft sei keine moderne Technologie, die "im allgemeinen Interesse der EU-Staaten" liegt, und damit nicht subventionswürdig. Dies melden unter anderem taz und SZ.
Serbien – Völkermord Srebrenica: Serbiens Regierung erkennt den Mord an bosnischen Muslimen in Srebrenica nicht als Völkermord im juristischen Sinne an – eine UN-Resolution, die das Leugnen des Genozids verbieten soll, lehnt sie ab. Darüber informiert die SZ (Nadia Pantel).
Ungarn – Asylrecht: Das ungarische Parlament hat ein Gesetz zur Reform des Asylrechts verabschiedet. Dieses soll unter anderem ermöglichen, einen Zaun an der südlichen Grenze zu Serbien zu errichten und Asylanträge von Flüchtlingen abzulehnen, die aus einem sicheren Staat nach Ungarn eingereist sind. Die Vereinten Nationen und der Europarat kritisieren, Ungarn schränke damit den Schutz von Flüchtlingen ein, meldet spiegel.de.
Ägypten – Anti-Terror-Gesetz: Das geplante ägyptische Anti-Terror-Gesetz sieht vor, Journalisten, deren Berichte über Terroranschläge "falsche Informationen" beinhalten und von offiziellen Angaben abweichen, zu ahnden – unter anderem mit Haftstrafen, Hausarrest oder Abschiebung. Das ägyptische Journalistensyndikat sieht die Regelung als "unzulässige Beschneidung der Pressefreiheit" an, weiß die SZ (Paul-Anton Krüger). Laut Regierung handele es sich dabei allerdings nicht um eine Einschränkung der Pressefreiheit. Auch spiegel.de schreibt über den Gesetzentwurf.
Sonstiges
Polizei in sozialen Medien: Einige Polizeibehörden führen einen eigenen Account bei Twitter. zeit.de (Christian Bartlau) zeigt unter dem Titel "offen, transparent, verfassungswidrig" verfassungsrechtliche Bedenken bei Twitter-Beiträgen der Polizei auf.
lto-Stellungnahme zu Ideo Labs-Abmahnung: Ideo Labs hat lto.de wegen eines in der vergangenen Woche veröffentlichten Artikels zu "Geschäftsmodellen dubioser Online-Datingportale" abgemahnt. lto.de (Constantin Baron van Lijnden) geht (in eigener Sache) ausführlich auf die in der Abmahnung kritisierten Aussagen ein.
Neuregelungen für Internetzahlungen: Der Rechtsanwalt Matthias Terlau stellt auf lto.de dar, welche Sicherheitsstandards ab dem 5. November für Internetzahlungen gelten sollen. Diese entnimmt er einem Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit dem Titel "Mindestanforderungen an die Sicherheit von Internetzahlungen". Die Behörde setzt die sogenannten "Leitlinien zur Sicherheit von Internetzahlungen" der European Banking Authority um.
Hitze und Arbeitsrecht: Der Arbeitsrechtler Arnd Diringer erläutert auf focus.de, welche Rechte Arbeitnehmer bei hohen Temperaturen haben und wozu Arbeitgeber während einer Hitzewelle verpflichtet sind.
Das Letzte zum Schluss
StA zum Recht auf "Gegenschlag": LKWs voller Bildzeitungen dürfen angezündet werden – fand zumindest ein Staatsanwalt im Jahr 1969. Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke setzten Aktivisten Auslieferungsfahrzeuge der Bildzeitung in Brand. Sie sahen durch die "hetzerische" Berichterstattung besagter Zeitung den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Der Staatsanwalt argumentierte in einem Beitrag in Goldtammer's Archiv für Strafrecht, es sei legitim die Auslieferung der Zeitungen (auch durch in Brand setzen der Fahrzeuge) zu stoppen. Dies falle unter das Recht auf "Gegenschlag" und sei sozialädaquat, solange man sich nicht anders gegen die Volksverhetzung zur Wehr setzen könne. justillon.de (Stephan Weinberger) erklärt, warum der umstrittene Staatsanwalt da falsch liegt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 7. Juli 2015: BVerfG prüft BKA-Gesetz – Polizei auf Twitter – Recht auf "Gegenschlag" . In: Legal Tribune Online, 07.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16108/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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