Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. September 2014: Asylrechtsreform – Ergebnisse des DJT – Zeugenbelehrung vor dem BGH

22.09.2014

Die Asylrechtsreform hat den Bundesrat passiert und bleibt weiter umstritten. Außerdem in der Presseschau: Ergebnisse vom 70. Deutschen Juristentag, BGH fordert qualifizierte Belehrungspflicht bei zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen, Nachlassverwalterin fordert Geld für Goebbels-Zitate, die Ukraine wegen MH17 vor dem EGMR und warum man beim Einbruch lieber keine Selfies machen sollte.

Thema des Tages

Reform Asylrecht: Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag Änderungen im Asylrecht zugestimmt. Die Samstags-taz (Christian Jakob) befasst sich mit den vorgesehenen Lockerungen bezüglich Residenzpflicht, Arbeitsverbot und Sachleistungen für Flüchtlinge und zweifelt daran, ob sich nach der Umsetzung spürbar etwas ändere. So sollen Sozialleistungen künftig zwar "vorrangig" in bar ausgezahlt werden, jedoch könnten Kommunen auch weiterhin am Gutscheinsystem festhalten, wenn sie wollten. Auch die Samstags-SZ (Roland Preuß) und der Deutschlandfunk berichten.

Die Neueinstufung von Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien als sogenannte "sichere Herkunftsstaaten" erläutert ausführlich Christian Rath (Montags-taz). Schon jetzt würden rund 90 Prozent der Anträge vom Westbalkan als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Statt den Kommunen bei der Versorgung zu helfen, sollen diese wohl mit symbolischer Gesetzgebung beruhigt werden. Der Spiegel (Nicola Abé u.a.) stellt in einem ausführlichen Beitrag und einer Übersichtsgrafik das Asylverfahren und die aktuellen Fallzahlen dar. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erwäge die Einführung von fixen Kontingenten für die EU-Mitgliedsstaaten und wolle den Vorschlag Anfang Oktober seinen EU-Kollegen unterbreiten.

Jasper von Altenbockum (Samstags-FAZ) meint, das Gesetz stelle einen Versuch dar, eine Schneise zu schlagen in den "Dschungel, der von Dublin bis nach Zirndorf reicht". Gereon Asmuth (Montags-taz) kommentiert, die Herkunftsstaaten-Regelung treffe vor allem Roma und mache sie zu Flüchtlingen zweiter Klasse. Heribert Prantl (Montags-SZ) kritisiert die Erklärung der Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsstaaten als eine weitere Stufe des "Asylabwehrrechts": "Stufe eins war die unselige Drittstaatenregelung. Stufe zwei die elende Flughafenregelung. Stufe drei ist nun die Regelung über die angeblich sicheren Herkunftsländer."

Rechtspolitik

DJT – Sturmfeste Währungsunion: Von einer Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Juristentag am vergangen Freitag berichtet unter dem Titel "Europa oder der letzte Grund" Reinhard Müller (Samstags-FAZ, Zeitgeschehen). Unter anderem sprachen Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Klaus Regling, ESM-Direktor, und Richter des Bundesverfassungsgerichts Peter Huber darüber, wie die Währungsunion "sturmfest" gemacht werden könne.

DJT – (Keine) Beschlüsse: Die Ergebnisse aus fünf Kommissionen des 70. Deutschen Juristentages fasst lto.de knapp zusammen; separat befasst sich Pia Lorenz (lto.de) mit den Reaktionen auf das Nicht-Votum der Abteilung Arbeitsrecht, die für Aufsehen gesorgt habe.

Nacktbilder: Mit dem in der vergangenen Woche im Bundeskabinett beschlossenen Entwurf zur Verschärfung des (Sexual)Strafrechts befasst sich der Spiegel (Christiane Hoffmann/Ralf Neukirch). Der Entwurf enthalte zwar, etwa in Bezug auf die Verlängerung von Verjährungsfristen, sinnvolle Regelungen, die pauschale Kriminalisierung der Aufnahme von Nacktbilder sei jedoch rigoros und Justizminister Maas (SPD) übereifrig. Einige Rechtswissenschaftler sähen die Gefahr der Entwicklung eines "Verdachtsstrafrechts", vereinzelt werde gar von einer Verfassungswidrigkeit der Regelung gesprochen.

Lydia Rosenfeld (FAS) kommentiert: Nacktfotos von Kindern gehören verboten. Ein Recht, die Nachbarskinder im Planschbecken zu fotografieren gäbe es eben nicht, es sei Zeit für eine "Revolution der Scham".

Thomas de Maizière im Interview: Im Gespräch mit der FAS (Ralph Bollmann/Inge Kloepfer, Zusammenfassung auf faz.net) spricht der Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sich gegen einen bedingungslosen Anspruch auf anonyme WLAN-Nutzung aus und wünscht sich ein Verbot der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen durch Konzerne. Weiter geht es um Haftungsfragen bei der WLAN-Bereitstellung, warum er keinen Unterschied zwischen "analoger und digitaler Welt" macht, Datensammeln zur Terrorabwehr, wie Sicherheit durch Recht und Technik geschaffen werde sowie die Regelung und Aufsicht des Datenschutzes auf europäischer Ebene.

Macht der Schufa: "Ohne Bonitätsauskunft kein Kreditgeschäft" - Wie der Focus (Markus Bauer) ausführlich berichtet, gibt es im Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerium Pläne, die Macht der Auskunfteien zu begrenzen. Ein in Auftrag gegebenes Gutachten schlage etwa vor, per Gesetz die Streichung bestimmter bislang herangezogener Bonitätskriterien, zum Beispiel die Wohnungsnachbarschaft, durchzusetzen und aktive Auskunftspflichten zu statuieren. Noch im Januar dieses Jahres habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Bonitätsformel der Schufa - die sogenannte "Coca-Cola-Formel"- geheim bleiben dürfe; gegen die Entscheidung sei indes bereits Verfassungsbeschwerde eingereicht worden.

Staatsbürgerschaft: Nach Berichten der Welt (Florian Flade u.a.) und der Montags-FAZ (Heike Schmoll) arbeitet die Bundesregierung derzeit an einem Maßnahmenkatalog zum Umgang mit islamistischen Kämpfern, die aus Deutschland stammen und sich im Syrienkrieg beteiligen. Angedacht seien eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes, um den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft oder den Entzug des Passes zu erleichtern. Eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz prüfe zudem Möglichkeiten, die Reisen nach Syrien zu untersagen, erste Ergebnisse sollen Anfang Dezember vorgestellt werden. Rainer Blasius (Montags-FAZ) merkt an, dass sich "draufgängerische Salafisten" kaum für Ausweispapiere interessieren dürften. Es sei aber grundsätzlich richtig, alle Möglichkeiten zu prüfen.

Steuerflucht: Wie das Handelsblatt (Donata Riedel) und die Welt (Martin Greive) darstellen, haben sich die Finanzminister der G20-Staaten darauf geeinigt, künftig konsequenter gegen die Steuerflucht und Steuerhinterziehung vorzugehen. Ab Ende 2017 soll hierfür der automatische Kontodatenaustausch beginnen. Zudem werde ein Musterabkommen erarbeitet, das die Ausnutzung unterschiedlicher Steuersysteme durch internationale Konzerne unterbinden helfen soll.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. September 2014: Asylrechtsreform – Ergebnisse des DJT – Zeugenbelehrung vor dem BGH . In: Legal Tribune Online, 22.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13257/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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