Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Oktober 2025: Pro­zess­be­ginn gegen René Benko / Ein Deut­scher als EU-Gene­ral­staats­an­walt? / Anklage gegen Let­itia James

13.10.2025

Ein erster Prozess gegen den insolventen Investor Benko beginnt in Innsbruck. Der Deutsche Andrés Ritter könnte neuer Leiter der EU-Staatsanwaltschaft werden. New Yorker Staatsanwältin wurde wegen Betrugs beim Kauf eines Hauses angeklagt.

Thema des Tages

Österreich – René Benko: Am Dienstag beginnt in Innsbruck der erste Prozess gegen den insolventen Investor René Benko. Bereits am Mittwoch wird das Urteil erwartet, wie Mo-SZ (Michael Kläsgen/Uwe Ritzer) und Sa-FAZ (Marcus Jung/Michaela Seiser) berichten. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Benko vor, im Rahmen seiner Insolvenz Vermögenswerte beiseitegeschafft und Gläubiger geschädigt zu haben. In der ersten Anklage geht es zunächst um einen mutmaßlichen Schaden in Höhe von insgesamt 660 000 Euro. Die WKStA hat diese beiden Fälle als Erste zur Anklage gebracht, weil die Beweislast hier ihrer Ansicht nach besonders erdrückend ist. Ausführlich sind in standard.at (Renate Graber) die Hintergründe des Verfahrens zusammengefasst.

Rechtspolitik

Europäische Staatsanwaltschaft: Euraktiv (Elisa Braun) berichtet, dass der Deutsche Andrés Ritter, bisher stellvertretender Leiter der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), die Kandidatenliste für die Nachfolge der bisherigen EU-Generalstaatsanwältin Laura Kövesi anführt. Der Führungswechsel bei der EUStA sei für Oktober 2026 geplant, in einer Phase, in der die EU über eine Neuausrichtung ihrer Betrugsbekämpfung diskutiere. Im Gespräch sei dabei, der Behörde erweiterte Ermittlungsbefugnisse zu geben.

Grundsicherung: Im Interview mit zeit.de (Veronica Rossa) hält Rechtsprofessorin Andrea Kießling die geplanten neuen Sanktionsregeln bei der Grundsicherung nicht pauschal für verfassungswidrig, betont aber, dass ihre Zulässigkeit stark vom konkreten Gesetzeswortlaut und der Begründung abhänge. Eine vollständige Streichung aller Leistungen könne als Sanktion unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß sein – etwa bei Totalverweigerung –, die Wirksamkeit der Streichung als Druckmittel müsse aber durch Studien belegt werden. Besonders problematisch sieht Kießling Sanktionen, die zur Wohnungslosigkeit führen, da dies laut Verfassungsgericht kontraproduktiv für die Wiedereingliederung in Arbeit sei. 

Auch auf zdf.de (Charlotte Greipl/Louisa Hadadi) werden die verfassungsrechtlichen Grenzen für mögliche Sanktionen bei der künftigen Grundsicherung erörtert. Die beiden Rechtsprofessoren Anna Lenze und Friedhelm Hufen äußern Zweifel, dass die angekündigten Regeln grundgesetzkonform sind. Es könne deshalb sein, dass am Ende wieder Karlsruhe entscheiden müsse. 

Chatkontrolle: netzpolitik.org (Anna Biselli) berichtet über die Bundestagsdebatte am vergangenen Donnerstag zur so genannten Chatkontrolle. Dabei sprachen sich Vertreter:innen von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linken gegen die auf EU-Ebene vorgeschlagene anlasslose Kontrolle verschlüsselter Kommunikation auf Kinderpornografie aus. 

Suizidhilfe: Der SPD-Rechtspolitiker Lars Castelucci plant mit Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen einen neuen Anlauf zur gesetzlichen Regulierung der Suizidhilfe. spiegel.de (Lukas Eberle/Julia Kanning) schildert als Beleg für die Notwendigkeit einer Regulierung den Fall des 47-jährigen psychisch kranken Suizidhilfe-Aktivisten Florian Willet, der sich im Mai mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben das Leben nahm, wobei die internen Richtlinien der Organisation nicht eingehalten wurden. 

Eigenrechte der Natur: LTO (Max Kolter/Franziska Kring) stellen eine Berliner Initiative vor, die der Spree als Fluss eigene juristische Rechte verleihen will, sodass in ihrem Namen gegen ihre Verschmutzung geklagt werden könnte. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Spree als "ökologische Person" zu behandeln und durch ein Haupt- sowie ein Expertengremium vertreten zu lassen, um Schutzmaßnahmen zu ergreifen und Schadensersatz geltend zu machen. Die Autoren betonen, dass dieser Ansatz nicht nur symbolisch sei, sondern konkrete rechtliche Verbindlichkeit schaffen könne. Trotz offener verfassungsrechtlicher Fragen und fehlender Gesetzgebungskompetenz auf Landesebene könnte die Initiative die Debatte über Eigenrechte der Natur in Deutschland vorantreiben.

Digitaler Zivilprozess: beck-aktuell (Maximilian Amos) widmet sich der Frage, was sich nicht nur an der technischen Ausstattung, sondern auch an der Arbeitsweise der Gerichte und den zugrundeliegenden Verfahrensvorschriften ändern müsste, um Zivilprozesse zu effektivieren. Erste Schritte seien bereits gemacht, die Bundesregierung habe diverse Forderungen aus dem Abschlussbericht der Reformkommission des Justizministeriums zum Zivilprozess der Zukunft aufgenommen. So sähen Experten das geplante Online-Klagetool als einen ersten wichtigen Baustein. Nun sei es an der Politik, nicht nur große Summen zu versprechen, sondern auch darauf hinzuwirken, dass naheliegende Lösungen umgesetzt werden.

Desinformation: Ronen Steinke (Sa-SZ) rezensiert Elisa Hovens Buch "Das Ende der Wahrheit?" als Plädoyer für eine schärfere juristische Bekämpfung von Lügen, Fake News und manipulativer Kommunikation. Hoven fordert neue Strafgesetze, etwa gegen Wahlkampflügen, Social Bots und irreführende Aussagen. Allerdings wünscht sich der Rezensent mehr "rechtsstaatliche Skepsis gegen eine in Diskurse eingreifende Strafjustiz".

Schwangerschaftsabbruch: Die Politikwissenschaftlerin Irene Gerlach analysiert in der Mo-FAZ die historische und rechtspolitische Entwicklung der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch und zeigt, wie sich in den letzten Jahrzehnten der gesellschaftliche Diskurs vom Lebensrecht des ungeborenen Kindes hin zur Betonung der reproduktiven Selbstbestimmung der Frau verschoben hat. Sie plädiert für eine ausgewogene Güterabwägung und erinnert an die Verantwortung, die mit sexueller Selbstbestimmung einhergeht.

Jumiko – Rechtsberatung durch Rechtsschutzversicherungen: Nun berichtet auch die Sa-FAZ (Marcus Jung) über den Vorstoß Bayerns für die Herbsttagung der Justizministerkonferenz Anfang November, wonach künftig Rechtsschutzversicherungen die außergerichtliche Rechtsberatung und -vertretung erlaubt werden soll. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisiert die Pläne nachdrücklich. "Rechtsschutzversicherer dürfen nicht zu ‚Gatekeepern‘ der Gerichte gemacht werden. Ihre Aufgabe ist die Kostenübernahme, nicht die Rechtsberatung“, so DAV-Präsident Stefan von Raumer.

Der Deutsche Anwaltverein führe sehr gut nachvollziehbare Argumente ins Feld, die gegen eine Öffnung des Anwaltsmonopols zugunsten von Rechtsschutzversicherern sprächen, kommentiert Marcus Jung (Sa-FAZ) in einem separaten Text. Was neu ist, müsse aber nicht automatisch schlecht sein, so Jung. "Dass die Koexistenz mit Rechtsschutzversicherern in anderen Ländern bereits längst Marktrealität ist, sollte manchen Skeptikern zu denken geben."

Justiz

BVerfG – kommunale Finanzen: Die Mo-SZ (Wolfgang Janisch) erinnert an die Verfassungsbeschwerden mehrerer hoch verschuldeter Landkreise  und kreisfreier Städte, darunter Kaiserslautern und Pirmasens. Das Bundesverfassungsgericht könnte in diesen Verfahren erstmals konkret definieren, was unter den "Grundlagen finanzieller Eigenverantwortung" im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zu verstehen ist – und damit klären, ob und in welchem Umfang Länder verpflichtet sind, finanzielle Belastungen auszugleichen, die durch Bundesgesetze entstehen.

BGH zu Corona-Impfschaden: Nun berichtet auch die Sa-FAZ (Katja Gelinsky) über das Urteil des Bundesgerichtshofs, dass Ärzte, die Corona-Schutzimpfungen gemäß der Impfverordnung verabreicht haben, nicht persönlich für mögliche Impfschäden haften, da sie als "Verwaltungshelfer" im Auftrag des Staates handelten.

BGH – Untervermietung mit Gewinn: Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Undine Christian und Franziska Brachthäuser argumentieren auf LTO, dass eine gewinnbringende Untervermietung über die Wohnnutzung hinausgehe und eine wirtschaftliche Verwertung bedeute. Sie bezweifeln, dass ein berechtigtes Interesse im Sinne des Mietrechts vorliegt, wenn die Hauptmieter:in mit der Untervermietung Gewinn erzielt, und warnen vor möglichen negativen Folgen für die Untermieter:in. Der Bundesgerichtshof wird sein Urteil am 28. Januar verkünden.

BVerwG zu Martin Wagener: Auch tagesspiegel.de (Jost Müller-Neuhof) berichtet jetzt über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Politikprofessor Martin Wagener. Er unterlag mit dem Versuch, seinen Dienstherren, den Bundesnachrichtendienst, gerichtlich zu zwingen, die angeordnete Kürzung seiner Bezüge zurückzunehmen. Wagener habe mit Äußerungen in seinem 2021 veröffentlichten Buch "Kulturkampf um das Volk" gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zu "achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten" verstoßen, weil er zwischen Deutschen mit Migrationshintergrund und deutschstämmigen Deutschen wertend unterschied, obwohl er dienstlich in der Aus- und Fortbildung von Anwärter:innen und Beamt:innen beim BND eingesetzt war.

BVerwG – Rundfunkbeitrag: Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) kritisiert, dass der Rundfunkbeitrag zwar als Pflicht eingefordert wird, aber den Beitragszahler:innen bislang kaum effektiver Rechtsschutz bei strukturellen Mängeln des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährt wird. Er plädiert dafür, dass Verwaltungsgerichte stärker in die Kontrolle eingebunden werden sollten, wenn etwa die Programmvielfalt nicht gewährleistet ist. Aus seiner Sicht wäre es ein überfälliger Schritt, den Beitragspflichten auch echte Zuschauerrechte gegenüberzustellen, um die Akzeptanz des Systems zu stärken. Am Mittwoch will das Bundesverwaltungsgericht über die entsprechende Klage einer Beitragszahlerin entscheiden. 

OLG München zu richterlicher Befangenheit: Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass das emotionale Verhalten eines Richters – darunter das Schlagen mit der Hand auf den Tisch und scharfe Worte gegenüber einer Partei – nicht automatisch den Anschein der Befangenheit begründet. Solche Reaktionen seien im Kontext eines kontradiktorischen Zivilverfahrens nachvollziehbar, solange sie sich auf die Sachebene beschränken und keine persönliche Missachtung ausdrücken. Die Ablehnungsgesuche der beklagten Partei wurden daher als unbegründet zurückgewiesen. LTO (Joschka Buchholz/Marcel Schneider) berichtet.

OLG Hamburg – Datenpanne von Facebook: Am Freitag hat das Oberlandesgericht Hamburg über die Musterklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen Meta verhandelt. Es geht um eine Datenpanne, bei der in den Jahren 2018 und 2019 durch eine Lücke in der Suchfunktion von Facebook insgesamt 533 Mio. hinterlegte Telefonnummern ausgelesen worden seien und für die jetzt ein Schadensersatz geltend gemacht wird. Rund 14.000 Menschen haben sich nach Angaben des vzbv bislang der Sammelklage angeschlossen, berichtet die Sa-FAZ (Katja Gelinsky). Allerdings sei es laut beck-aktuell bisher unklar, ob das Hanseatische OLG überhaupt zuständig ist. Der Vorsitzende Richter bezweifelt das und hat deshalb am Freitag die mündliche Verhandlung vorzeitig beendet. 

LAG Köln zu Kündigung trotz Schwangerschaft:  Das LAG Köln hat im April 2025 entschieden, dass eine Kündigung wirksam bleibt, wenn eine Schwangerschaft zum Kündigungszeitpunkt nur rechnerisch nach der BAG-Methode, nicht aber biologisch bestand. Rechtsanwältin Janine Gebhart erläutert im Expertenforum Arbeitsrecht, dass der europarechtliche Sonderkündigungsschutz nur für biologisch nachweisbare Schwangerschaften gilt und nicht für solche, die sich erst später rechnerisch ergäben. Die verspätet vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen reichten nicht aus, um den Schutz nach dem Mutterschutzgesetz zu aktivieren. Unternehmen sollten daher ärztliche Nachweise kritisch prüfen und den zeitlichen Ablauf der Kommunikation mit der Mitarbeiterin sorgfältig dokumentieren.

LG Berlin – Morde durch Palliativarzt: Die Mo-FAZ (Kim Maurus) berichtet über den Prozess gegen den Berliner Palliativarzt Johannes M., dem vorgeworfen wird, 15 Patienten getötet und in mehreren Fällen Brände gelegt zu haben, um die Taten zu vertuschen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll M. seinen Patienten "ohne ihr Wissen" und "ohne medizinische Indikation" Medikamente gespritzt haben, die die Muskulatur lähmten und so zu Atemstillstand und Tod führten. Ein Urteil soll nicht vor März fallen.

LG Hamburg – Entführung der Block-Kinder: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer kritisiert in seiner spiegel.de-Kolumne die mediale Inszenierung des Strafprozesses gegen Christina Block als übertriebene True-Crime-Doku, die alltägliche familiäre Konflikte in ein sensationsheischendes Drama verwandelt. Er betont, dass die juristische Komplexität des Falls gering sei, aber die öffentliche Aufmerksamkeit durch Prominenz, Reichtum und moralische Bewertungen der Elternrolle angeheizt werde.

AG Hamburg zu Schwimmunfall: Nun berichtet auch zeit.de (Elke Spanner) über den Prozess gegen eine Schwimmlehrerin, die wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, weil ein fünfjähriges Mädchen während eines Seepferdchenkurses unter der Aufsicht der Lehrerin ertrunken war.

StA Hagen – Messerangriff auf Iris Stalzer: spiegel.de (Dietmar Hipp/Tobias Großekemper) erläutert, warum es im Fall des Messerangriffes auf die neu gewählte Bürgermeisterin von Herdecke, Iris Stalzer, bisher keine U-Haft und keine Ermittlungen wegen Mordversuchs gibt. Hauptargument ist, dass die Täterin (die Adoptivtochter des Opfers) durch einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch – nämlich das Anrufen des Notrufs – den Tötungs-Erfolg verhindert habe und deshalb nur ein Körperverletzungsdelikt vorliege. Zudem bestehe laut Staatsanwaltschaft kein Haftgrund für Untersuchungshaft, da Wiederholungs- und Fluchtgefahr fehlen und die Tatmerkmale für schwerere Delikte wie Mord nicht erfüllt seien. 

Was Staat und Betroffene bei Gewalt gegen Eltern tun können, erklärt wdr.de (Philip Raillon).

Recht in der Welt

USA – Staatsanwältin James: Die Sa-FAZ (Sofia Dreisbach) berichtet, dass Letitia James, oberste Staatsanwältin von New York, in Virginia wegen Bankbetrugs angeklagt wurde. Sie habe gegenüber einer Hypothekenbank beim Kauf eines Hauses für ihre Nichte falsche Angaben gemacht und sich dadurch einen Finanzvorteil von rund 19.000 Dollar verschafft. James hatte gegen Trump 2022 wegen Finanzbetrugs erfolgreich Klage erhoben. 

USA – Nationalgarde in Chicago: Eine Richterin in Illinois hat den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Einsatz der Nationalgarde in Chicago vorläufig gestoppt. Dieser verstoße gegen die US-Verfassung und das Gesetz, das dem Militär untersagt, Polizeiaufgaben wahrzunehmen. Trump hatte zuvor dem Bürgermeister von Chicago und dem Gouverneur von Illinois mit Gefängnis gedroht, weil sie sich gegen die Entsendung der Nationalgarde wandten. Trump-Berater Stephen Miller sagte nach dem Urteil, dies komme einem "Aufstand gegen die Gesetze und die Verfassung der Vereinigten Staaten" gleich. Die Sa-SZ (Charlotte Walser) berichtet.

Die Sa-SZ (Reymer Klüver) schildert die Geschichte des über 200 Jahre alten Insurrection Acts, der dem Präsidenten den Militäreinsatz gegen Aufständische auch gegen den Willen der Justiz erlaubt. Dieser war bereits rund 30 Mal angewandt worden, z.B. gegen die Rassentrennungspolitik der US-Südstaaten in den 1960er-Jahren. 

Finnland - Jurist:innen: Rechtsanwalt Markus Majer beschreibt auf LTO-Karriere die finnische Juristenwelt als deutlich weniger hierarchisch und leistungsorientiert als die deutsche, mit einem Studium, das auf Praxisnähe statt Examensdruck setzt. Die Arbeitskultur sei technologieaffin, familienfreundlich und auf Effizienz statt Präsenz ausgerichtet, wobei hohe Stundensätze mit vergleichsweise moderaten Gehältern einhergingen.

Juristische Ausbildung

Feminist Law Clinic: Die Gründerinnen Lilith Rein, Karla Steeb und Lilian van Rey berichten in Interview mit beck-aktuell über die Anfänge und die Entwicklung der von ihnen ins Leben gerufenen Feminist Law Clinic. Sie schildern, wie sie inzwischen über 500 Berater:innen ausgebildet und rund 100 Fälle betreut haben, insbesondere in den Bereichen Unterhaltsrecht, sexualisierte Gewalt und Familienrecht. Zudem thematisieren sie Herausforderungen wie mangelnde institutionelle Unterstützung, finanzielle Unsicherheiten und ihre Vision, feministische Rechtsbildung stärker in die juristische Ausbildung zu integrieren.

Juristenausbildung und Digitalisierung: Zeitgemäße juristische Arbeitsmethoden seien an der Uni noch nicht angekommen, beklagt Rechtsreferendar Ole Neitzel auf LTO-Karriere. Die präzise und produktive Integration moderner Arbeitswerkzeuge, von denen Künstliche Intelligenz nur ein Beispiel sei, setze entsprechende Anpassungen der Curricula voraus.

Sonstiges

Politische Beamt:innen: Rechtsprofessor Klaus Ferdinand Gärditz hat für die Sa-FAZ einen Aufsatz von Tristan Wißgott zu Stellung und Funktion des politischen Beamten gelesen. Die Pointe bei Wißgott sei, den politischen Beamten vom Rand des Atypischen in eine Schlüsselfunktion zu rücken: "Er werde gebraucht, um die Verwaltungsbürokratie und ihr Eigenleben der politischen Regierung zu unterwerfen, sei sozusagen das dünne Ende des Keils, den der demokratisch legitimierte Wille in die Wand des institutionellen Widerstands treiben muss". Gärditz zeigt sich beeindruckt von Wißgotts Analyse und würdigt sie als "facettenreiche, provokante und historisch fundierte Neubewertung" des politischen Beamten. 

Aufnahme von Afghan:innen: Das Editorial des Verfassungsblogs (Maximilian Steinbeis) enthält ein Interview mit Rechtsanwalt Robert Brockhaus, der ein Rechtsgutachten zur strafrechtlichen Verantwortung der Bundesregierung wegen der bevorstehenden Abschiebungen von Afghan:innen mit deutscher Aufnahmezusage aus Pakistan zurück nach Afghanistan erstellt hatte. Brockhaus wirft darin der Bundesregierung vor, durch die verweigerte Visa-Erteilung trotz gültiger Aufnahmezusagen afghanische Geflüchtete in konkrete Lebensgefahr zu bringen und damit den Straftatbestand der Aussetzung nach § 221 StGB zu erfüllen. Er betont, dass sich auch BAMF-Mitarbeiter:innen strafbar machen können, wenn sie Aufnahmezusagen rechtswidrig zurücknehmen, selbst wenn sie sich auf dienstliche Weisungen berufen.

Frauen in Großkanzleien. Die Rechtsanwältinnen Anahita Thoms und Barbara Mayer beleuchten in der Sa-FAZ (Vanessa Fatho) die Herausforderungen, denen Frauen in deutschen Großkanzleien trotz hoher Qualifikation und Engagement beim Aufstieg in Partnerpositionen begegnen. Sie berichten von strukturellen Hürden, fehlender Sichtbarkeit und gesellschaftlichen Vorurteilen, etwa im Zusammenhang mit Familienplanung. Sie betonen die Bedeutung von Netzwerken, Mentoring und unternehmerischem Denken, um sich in der männerdominierten Kanzleiwelt durchzusetzen und langfristig erfolgreich zu sein

RAin Dominique Grüter: In der Interview-Reihe “Most wanted” von LTO (Stefan Schmidbauer) beschreibt die Strafverteidigerin Dominique Grüter ihre Arbeit als anspruchsvoll und geprägt von Empathie, Beobachtung und einem tiefen Interesse an gesellschaftlichen Fragen. 

Polizei und Rassismus: Der Rechtsprofessor und Polizeiforscher Tobias Singelnstein zieht 14 Jahre nach der Enttarnung des NSU ein zwiespältiges Fazit zum Umgang mit Rassismus innerhalb der Polizei. Zwar habe “die Sensibilität der Polizei für Rassismus zugenommen”, dies aber vor allem, weil die Gesellschaft mehr über das Thema diskutiere. ”Was den Abbau des institutionellen Rassismus angeht, steht die Polizei aber trotzdem noch ganz am Anfang", sagt Singelnstein laut Sa-taz (Konrad Litschko) Auch seien gegenläufige Entwicklungen zu beobachten: "Migration und Kriminalität werden diskursiv immer stärker miteinander verknüpft, etwa durch den Begriff sogenannter Clankriminalität. Das schafft und reproduziert rassistisches Wissen in der Polizei."

Panoramafreiheit: In der Mo-taz (Christian Rath) wird erläutert, dass die Panoramafreiheit nach § 59 UrhG nur für dauerhafte Werke im öffentlichen Raum gilt und daher nicht auf die temporären Lichtinstallationen des Berliner "Festival of Lights" anwendbar ist. Die Journalistengewerkschaft dju protestiert zwar gegen die Einschränkungen für Fotografen, übersehe dabei jedoch die klare Rechtsprechung, etwa das BGH-Urteil von 2002 zum verhüllten Reichstag. Für die aktuelle Foto-Berichterstattung seien jedoch keine Lizenzen erforderlich.

Rechtsgeschichte – Mord an Litwinenko: Die Mo-SZ (Katja Gloger/Georg Mascolo) schildert in einer Seite 3-Reportage die letztlich erfolglosen Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft vor knapp 20 Jahren im Zusammenhang mit dem Londoner Polonium-Mord am Ex-KGB-Mann Alexander Litwinenko durch russische Agenten. Einer der beiden Verdächtigen, Dmitrij Kowtun, hatte vor der Tat in Hamburg gewohnt.

Rechtsgeschichte – Kartoffeln: Martin Rath zeigt auf LTO anhand kurioser und historischer Fälle, wie die Kartoffel immer wieder eine juristische Rolle spielte – vom Notwehrrecht auf dem Acker bis zu Disziplinarverfahren in der Bundeswehr.

 

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

LTO/pf/chr

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Oktober 2025: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58360 (abgerufen am: 09.11.2025 )

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