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Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. September 2025: Thomas Fischer gegen Ein­stim­mig­keit am BGH / BVerfG zu recht­li­chem Gehör / OVG Lüne­burg zum Gas­si­gehen

15.09.2025

Legal Voices - die juristische Presseschau

Ex-Bundesrichter Thomas Fischer fordert eine Abschaffung der Einstimmigkeitsregel gem. § 349 Abs. 2 StPO. Das BVerfG lehnt Digitalisierungs-Ausreden ab. Das OVG Lüneburg hält Überstunden zugunsten von Diensthunden für erstattungsfähig.

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Thema des Tages

BGH-Revisionen: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer fordert auf spiegel.de eine Änderung von § 349 Abs. 2 StPO, wonach das Revisionsgericht per Beschluss entscheiden kann, wenn es die Revision “einstimmig” für offensichtlich unbegründet erachtet. Er argumentiert, dass die Einstimmigkeitsregel, die ursprünglich als Ausnahme zur Entlastung der Justiz eingeführt wurde, dazu führte, dass Einstimmigkeit heute faktisch zur Regel geworden ist. Die Einstimmigkeitsregel erzeuge hohen informellen Druck auf Richter:innen, sich der Mehrheitsmeinung anzuschließen, um aufwendige Hauptverhandlungen zu vermeiden. Dadurch leide die Transparenz und Vielfalt der juristischen Meinungen, was der Rechtskultur und dem Anspruch auf Gerechtigkeit widerspricht. Auch für den BGH sollte die Möglichkeit öffentlich dokumentierter abweichender Meinungen eingeführt werden, wie sie etwa beim Bundesverfassungsgericht möglich sind.

Rechtspolitik

BVerfG-Richterwahl: Auch FR.de (Ursula Knapp) stellt jetzt die neue Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht Sigrid Emmenegger vor, die – anders als Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf – schon deshalb weniger angreifbar sei, weil sie sich als BVerwG-Richterin in öffentlichen Debatten eher zurückgehalten hat und auch ihre Doktorarbeit zur "Gesetzgebungskunst" Plagiatsvorwürfe nicht erwarten lasse. Die SPD habe mit Emmenegger bewusst eine Richterin gewählt, obwohl die Möglichkeit bestand, eine Rechtsprofessorin zu benennen. Nach dem BVerfG-Gesetz müssten zwar mindestens drei der acht Senatsmitglieder ehemalige Bundesrichter:innen sein, im Zweiten Senat seien es jedoch jetzt schon vier.

Nun interviewt auch die Mo-taz (Christian Rath/Sabine am Orde) Ex-Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer und konzentriert sich dabei auf das Thema BVerfG-Richterwahl. Baer betont die Bedeutung von Vielfalt für eine ausgewogene und akzeptierte Rechtsprechung. Sie kritisiert die gescheiterte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf als fahrlässig und frauenfeindlich und fordert mehr Verantwortungsbewusstsein von politischen Entscheidungsträgern. Baer erklärt, dass Verfassungsrichter:innen kompromissfähig und dialogbereit sein müssen, da das Gericht auf Konsens und Ausgleich angewiesen ist. Sie beschreibt Karlsruhe als Ort ohne Glamour, an dem Zuhören und Verständigung im Vordergrund stehen. Trotz persönlicher Anfeindungen würde Baer das Amt erneut übernehmen, da sie es als essenziell für die Demokratie betrachtet. 

Grundrecht auf Wohnen: Aus Anlass des Aktionstags der wohnungslosen Menschen am vergangenen Donnerstag beleuchtet LTO (Hasso Suliak) die Forderung auf ein einklagbares Grundrecht auf Wohnen im Grundgesetz. Zuletzt hatte die Linke 2019 einen entsprechenden Artikel 14a GG in den Bundestag eingebracht. Während einige Verfassungsrechtler die Forderung unterstützen, lehnen ihn andere ab, da sie eine Überforderung des Staates und geringe Steuerungskraft eines solchen Grundrechts befürchten. Das Bundesbauministerium sieht ebenfalls keine Notwendigkeit für eine Verfassungsänderung und setzt stattdessen auf praktische Maßnahmen wie sozialen Wohnungsbau und Mietrechtsschutz.

Recht auf Reparatur: Rechtsprofessorin Stefanie Jung stellt im FAZ-Einspruch die EU-Reparatur-Richtlinie vor, die ein eigenständiges Recht auf Reparatur außerhalb der Gewährleistung schafft und Hersteller zur Bereitstellung von Ersatzteilen verpflichtet und die bis zum 31. Juli 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Sie begrüßt die Neuregelung als wichtigen Schritt zu mehr Nachhaltigkeit, kritisiert jedoch den begrenzten Anwendungsbereich und die rechtlichen Unsicherheiten bei den Reparaturkosten, die die Wirksamkeit der Richtlinie einschränken könnten. Insgesamt sieht sie die Richtlinie als Symbol und systematischen Versuch, Nachhaltigkeit im Zivilrecht zu verankern, der aber weiterer flankierender Maßnahmen bedarf.

Zugang zu Daten: Den neuen EU-Data-Act, der seit dem 12. September  anwendbar ist, erläutert spiegel.de. Mit der neuen EU-Verordnung sollen Einzelpersonen ebenso wie Unternehmen mehr Kontrolle über die eigenen Daten bekommen. Hersteller müssen demnach offenlegen, welche Informationen durch vernetzte Geräte – wie beispielsweise smarte Haushaltsgeräte – erhoben werden und wie man darauf zugreifen kann. 

Bundestags-Wahlrecht: Rechtsprofessor Fabian Michl widerspricht im Verfassungsblog der Forderung von Matthias Friehe nach Einführung eines Grabenwahlrechts. Michl argumentiert, dass sowohl die Erst- als auch die Zweitstimme im deutschen Wahlsystem  eine Auswahl zwischen Parteien verlange, da Kandidat:innen meist als Repräsentant:innen ihrer Partei wahrgenommen werden. Das Grabenwahlsystem schaffe keine neuen Alternativen, sondern erschwere sogar die Parteiwahl.

Mieterschutz: Am Dienstag soll die von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) eingesetzte Mietrechtskommission ihre Arbeit aufnehmen. Unter anderem soll über eine "Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse" beraten werden. Die Eigentümerverbände kritisieren solche Erwägungen scharf und warnen vor mehr Bürokratie, Investitionshemmnissen und einer Verschärfung der Wohnungsnot. Auch eine Reform des Mietwucher-Paragrafen steht, wie spiegel.de (Henning Jauernig) berichtet, zur Debatte, um Mieter besser vor überhöhten Preisen zu schützen.

Justiz

BVerfG zu rechtlichem Gehör/Digitalisierung: Das Bundesverfassungsgericht hat Ende Juli entschieden, dass das Amtsgericht Würzburg das rechtliche Gehör eines Klägers verletzt hat, weil es dessen Antrag auf mündliche Verhandlung ignorierte, obwohl der Antrag vor der Urteilsverkündung im Nachtbriefkasten einging. Die Tatsache, dass der Schriftsatz vor der Urteilsverkündung noch nicht digitalisiert werden konnte, rechtfertigt laut BVerfG keine Nichtberücksichtigung. Das Urteil wurde aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, wie beck-aktuell berichtet, 

OVG Lüneburg zu Überstunden durch Gassigehen: Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Bundeswehrsoldat Anspruch auf Vergütung für 118 Stunden Mehrarbeit hat, weil er seinen Diensthund über die übliche Arbeitszeit hinaus ausführte. Die sogenannte "Belehrung", die ihn zu dieser zusätzlichen Betreuung verpflichtete, wurde als verbindliche dienstliche Weisung gewertet – unabhängig davon, ob der Weisungsgebende zuständig war. Da die Vorgesetzten die Praxis über Monate duldeten, gilt die Anordnung als wirksam und begründet den Vergütungsanspruch. LTO berichtet.

EuGH zu Diskriminierung wegen Pflege des Sohns: Jetzt berichtet auch LTO über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, wonach das Verbot der mittelbaren Diskriminierung von Behinderten auch Eltern schützt, die die Pflege ihres behinderten Kindes übernehmen.

BVerfG zu Nennung von Verteidigernamen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Bild-Journalisten ohne Begründung abgelehnt, der dagegen geklagt hatte, dass ihm ein Gericht den Namen eines Verteidigers nicht mitteilte. Benjamin Stibi (welt.de) berichtet und schildert die zunehmende Geheimhaltungspraxis der Justiz bei Verteidigernamen in konkreten Prozessen. Diese Entwicklung erschwere nicht nur die journalistische Recherche, sondern nehme auch den Verdächtigen die Möglichkeit, auf Medienanfragen zu reagieren, so der Autor. Zwar werde das Anwaltsgeheimnis gestärkt, doch die Pressefreiheit und das öffentliche Informationsinteresse blieben auf der Strecke. 

BAG zu Verzicht auf Urlaub: Rechtsanwalt David Sundermann analysiert im Expertenforum Arbeitsrecht eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von Anfang Juni zur Unwirksamkeit des Urlaubsverzichtes während eines laufenden Arbeitsverhältnisses. Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie bei Aufhebungsverträgen oder Vergleichen mit langzeiterkrankten Beschäftigten besonders sorgfältig vorgehen müssen, da Urlaubsansprüche nicht einfach ausgeschlossen werden können, erläutert der Autor. Gleichzeitig eröffne das Urteil neue Gestaltungsmöglichkeiten, etwa durch vertragliche Ruhensvereinbarungen im Krankengeld- oder Rentenbezug, um Urlaubsansprüche rechtssicher zu begrenzen.

LG Berlin – Morde durch Palliativarzt: Nun schildert auch die Sa-SZ (Constanze von Bullion) den Fall des Berliner Palliativmediziners Johannes M., der sich wegen des Verdachts, mindestens 15 Patienten aus Heimtücke getötet zu haben, vor dem Landgericht Berlin verantworten muss. Es wird beschrieben, wie M. sich als Mitglied eines Palliativ-Teams Zugang zu Wohnungen verschaffte und todbringende Medikamente verabreichte, wobei er seine eigene Vorstellung vom Sterben über das Selbstbestimmungsrecht der Patienten gestellt haben soll. 

VG Berlin zu Asyl/Zurückweisungen an der Grenze: Das Bundesinnenministerium will den Prozess um die Zurückweisung einer somalischen Asylsuchenden nach Polen für erledigt erklären, berichtet die Sa-FAZ (Marlene Grunert). Entscheidend dafür dürften die mangelnden Erfolgsaussichten sein, heißt es im Text, wobei auch die behauptete Minderjährigkeit der Klägerin eine Rolle spiele. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte Anfang Juni in einem Eilverfahren entschieden, dass die Zurückweisung der Somalierin und ihrer zwei Begleiter gegen EU-Recht verstößt, weil Deutschland zur Durchführung eines Dublin-Verfahrens verpflichtet gewesen wäre. 

Reinhard Müller (Sa-FAZ) zeigt sich enttäuscht, dass das Bundesinnenministerium das Verfahren des VG Berlin nicht mehr weiterbetreiben will. Es lohne sich schon, für die eigene Sache zu streiten, zumal in einer wichtigen Sache, schreibt er.

VG Neustadt/W. zu E-Scooter-Touren durch Weinberge: Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat entschieden, dass ein Unternehmer keine gewerblichen E-Scooter-Touren durch die Weinberge anbieten darf. Zwar gelten die langsamen, E-Scooter mit Sitzmöglichkeit rechtlich als Krankenfahrstühle und dürfen grundsätzlich auf Fußwegen fahren, doch die betroffenen Feld- und Waldwege sind laut städtischer Satzung ausschließlich für land- und forstwirtschaftliche Zwecke vorgesehen. Da der Unternehmer keine entsprechende Erlaubnis besitzt, überwiegt laut Gericht das öffentliche Interesse an einer sicheren und zweckgemäßen Nutzung der Wege gegenüber seinem wirtschaftlichen Anliegen. LTO berichtet.

Recht in der Welt

Brasilien – Jair Bolsonaro: Nun berichten auch Sa-FAZ (Tjerk Brühwiller), Sa-SZ (Jan Heidtmann/Benedikt Peters), Sa-taz und zeit.de (Philipp Lichterbeck) darüber, dass das Oberste Gericht Brasiliens den Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro wegen eines versuchten Staatsstreichs zu 27 Jahren Haft verurteilt hat. Die Richter werfen ihm vor, nach seiner Wahlniederlage 2022 versucht zu haben, die Amtsübergabe an Luiz Inácio Lula da Silva zu verhindern, was im Januar 2023 in einem gewaltsamen Sturm auf Regierungsgebäude gipfelte. Auch Bolsonaros sieben Mitangeklagte erhielten lange Haftstrafen zwischen 16 und 26 Jahren; darunter mehrere Generäle und Ex-Minister. 

Es sei vollkommen richtig gewesen, diesen Prozess zu führen, meint Jan Heidtmann (Sa-SZ). Das Urteil werde einer der Referenzpunkte in der politischen Geschichte Brasiliens sein. Für Daniel Deckers’ (Sa-FAZ) ist der Schuldspruch gegen Jair Bolsonaro zwar ein starkes Zeichen für die Funktionsfähigkeit der brasilianischen Demokratie, müsse aber mit Vorsicht betrachtet werden. Deckers warnt davor, das Urteil vorschnell als Beweis für eine unabhängige Justiz zu feiern, da auch das brasilianische Oberste Gericht in der Vergangenheit politisch motivierte Entscheidungen getroffen hat – etwa im Fall Lula da Silva. Im Fall Bolsonaro sei eine politische Motivation zwar auszuschließen, doch bleibe offen, ob die brasilianische Bevölkerung langfristig hinter dem Gericht und seinem Ethos steht oder sich erneut einem autoritären Führer zuwendet

USA – erfundene KI-Zitate: Ein US-Richter in Nevada hat kreativ auf die Verwendung erfundener KI-Zitate durch zwei Anwälte reagiert, indem er ihnen statt klassischer Sanktionen eine öffentliche Aufarbeitung ihres Fehlverhaltens vorschlägt. Innerhalb von 60 Tagen sollten die Anwälte Briefe an die Anwaltskammer zu ihrem Fehlverhalten verfassen, sich für ein Gremium zu KI-Richtlinien anbieten, in Fortbildungskursen auftreten und gegebenenfalls einen Fachartikel schreiben. Um die Sanktionen zu vermeiden, sollten sie außerdem ihre Universitäten informieren und anbieten, dort in Ethik-Seminaren über den Fall zu sprechen. beck-aktuell berichtet.

USA – Militäreinsatz gegen Drogenhändler: Rechtsanwalt Josef Alkatout kritisiert auf LTO den US-Militäreinsatz gegen mutmaßliche Drogenkuriere auf Hoher See als völkerrechtlich nicht gerechtfertigt. Er argumentiert, dass weder das Recht auf Selbstverteidigung noch das humanitäre Völkerrecht den Angriff legitimieren, da kein bewaffneter Konflikt vorliegt und die Getöteten als Zivilisten gelten. Die Einstufung der Schmuggler als "feindliche Kombattanten" entbehrt laut Alkatout jeder völkerrechtlichen Grundlage und erinnert an rechtswidrige Praktiken wie in Guantánamo. Insgesamt bewertet er den Angriff als unzulässige Tötung und warnt vor einer gefährlichen Ausweitung militärischer Gewalt gegen nichtstaatliche Akteure.

Spanien – Tod eines V-Mannes: Die spanische Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Mordes an einem V-Mann der Frankfurt Polizei erhoben. Tolga S., ein Deutscher, soll gemeinsam mit drei Komplizen den Serben Aleksandar K., in Marbella getötet haben. Die spanische Staatsanwaltschaft wirft Tolga S. Mord, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und illegalen Waffenbesitz vor. Laut Anklage wurde das Opfer gefesselt, mit Folie umwickelt und mit drei Schüssen getötet – offenbar, nachdem die Täter herausfanden, dass er für die deutsche Polizei gearbeitet hatte. Letzteres wird allerdings in der Anklage nicht erwähnt. Die Sa-FAZ (David Klaubert) berichtet. Der Mord hatte seinerzeit für Schlagzeilen und einen Polizeiskandal in Frankfurt/M. gesorgt.

Juristische Ausbildung

Studentische Zeitschrift: Im Interview mit beck-aktuell erläutert Antonia Nehne, ehemalige Vorständin des herausgebenden Vereins, das Konzept der studentischen Zeitschrift "Die kleine Advokatin", die sich nicht als Fachzeitschrift, sondern als unabhängiges journalistisches Projekt mit juristischem Fokus und feministischer Haltung versteht. Sie will Studierenden Raum für kritisches Denken, gesellschaftliche und rechtliche Diskussionen bieten und nutzt neben klassischen Artikeln auch Social Media, um aktuelle Themen schnell und interaktiv zu behandeln.

Sonstiges 

Udo Di Fabio im Interview: Der frühere Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio warnt im Interview mit der WamS (Thorsten Jungholt/Jacques Schuster) davor, dass der Westen weniger an äußeren Gegnern als an einem falschen Freiheitsverständnis scheitern könnte, das Bindungslosigkeit mit Freiheit verwechselt. Er fordert eine Rückbesinnung auf Verantwortung, Resilienz und die Verteidigung der freiheitlichen Ordnung – notfalls auch durch eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Di Fabio plädiert für einen nüchternen, pragmatischen Patriotismus, der aus funktionierenden Institutionen und gesellschaftlichem Zusammenhalt erwächst.

Völkerrecht: Rechtsprofessorin Anne Peters beleuchtet im Editorial des Verfassungsblog den gegen die Staaten des Westens erhobenen Vorwurf, sie würden das Völkerrecht selektiv gegen die Staaten des globalen Südens durchsetzen. Peters zeigt, dass der Vorwurf zwar oft strategisch eingesetzt werde, aber dennoch auch berechtigte Kritik enthalte. Sie betont, dass das Völkerrecht als dezentrale Ordnung ohne Gewaltmonopol strukturell anfällig für interessengeleitete und ungleiche Reaktionen ist, insbesondere durch mächtige Staaten. Dennoch sieht sie im Vorwurf auch eine Chance: Er signalisiert ein wachsendes globales Bedürfnis nach Kohärenz und Fairness und könnte langfristig zur Stärkung einer internationalen Rechtsordnung beitragen, schreibt sie.

Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, beklage in seinem alljährlichen Bericht die ambivalente Haltung einiger Länder, schreibt Ronen Steinke (Mo-SZ). Deutschland sollte sich von den Vorwürfen ebenfalls angesprochen fühlen, so der Kommentator und zitiert erneut Volker Türk: "Wenn Staaten Rechtsverstöße ignorieren, werden diese zur Normalität. Und wenn Staaten das Recht inkonsequent anwenden, untergraben sie die Rechtsordnung überall."

Gewalt gegen Frauen/Frauenhäuser: Die Sa-FAZ (Helene Röhnsch) beschreibt, wie häusliche Gewalt gegen Frauen nicht nur immenses Leid verursacht, sondern auch enorme gesellschaftliche Kosten mit sich bringt. Sie kritisiert die strukturellen Defizite im Hilfesystem und mahnt eine wirksame Umsetzung des neuen Gewalthilfegesetzes an, damit der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung ab 2032 tatsächlich flächendeckend und kostenfrei gewährleistet werden kann.

AfD-Bürgermeisterkandidaten:  Rechtsprofessor Andreas Nitschke argumentiert im Verfassungsblog, dass der Ausschluss von AfD-Bürgermeisterkandidaten vor der Wahl rechtlich nachvollziehbar ist, aber demokratisch besonders sensibel bleibt. Er betont, dass Wahlausschüsse bei fehlender Verfassungstreue eines Kandidaten eine komplexe Aufgabe übernehmen müssten, die in der Kürze der Zeit schwer rechtssicher zu bewältigen ist. Die gerichtliche Kontrolle beschränkr sich dabei auf offensichtliche Fehler, was den Ausschluss formal erleichtert, aber die Stabilität der Entscheidung gefährdet. Nitschke plädiert daher für eine bessere personelle und verfahrensrechtliche Ausstattung der Wahlausschüsse.

Aktiengesellschaften: Nun gratuliert auch beck-aktuell (Joachim Jahn) dem Aktiengesetz zum 60.Geburtstag und berichtet von einer Tagung der Wissenschaftlichen Vereinigung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht in der vergangenen Woche, auf der die Entwicklung des Gesetzes und dessen Vorläufer diskutiert wurden.

Durchsuchung wegen Anti-Merz-Graffiti: Auch LTO berichtet jetzt, dass gegen den Kriminalhauptkommissar und CDU-Lokalpolitiker Wolfgang E., der ohne Auftrag wegen der Anti-Merz-Graffiti in Menden ermittelt hatte, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geprüft wird.

Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) hält es für problematisch, dass angesichts der zunehmenden Gefährdungen von Politiker:innen die Polizei, die Staatsanwaltschaften und sogar Gerichte geneigt seien, sich solidarisch zu zeigen. Eine solche Solidarität könne allerdings zu Gedanken- und Kritiklosigkeit führen, befürchtet Müller-Neuhof. So passiere es womöglich, meint er unter Bezugnahme auf den aktuellen Fall, dass man einer zur Tatzeit minderjährigen Juso-Politikerin hinterherjage, obwohl es, soweit bekannt, keine Verdachtsmomente gegen sie gibt.

RAin Regina Rick: Die FAS (Eva Schläfer) porträtiert Rechtsanwältin Regina Rick, eine Strafverteidigerin aus München, die sich auf Wiederaufnahmeverfahren spezialisiert hat. Sie wurde insbesondere durch den von ihr erwirkten Freispruch des Hausmeisters Manfred Genditzki bekannt, der bereit über 13 Jahren Haft wegen eines vermeintlichen "Badewannenmords" verbüßt hatte.

RA Thomas Müller: Thomas Müller, Managing Partner bei Hengeler Mueller, spricht im Most-Wanted-Interview mit LTO (Stefan Schmidbauer) über seinen Karriereweg, persönliche Routinen und die Herausforderungen seines Berufsalltags. 

Unternehmensjuristen: beck-aktuell (Pia Lorenz) berichtet vom diesjährigen Unternehmensjuristentag, bei dem insbesondere die veränderten Herausforderungen an Rechtsabteilungen diskutiert wurden. Es ging um wachsende Bürokratie, steigenden Kosten und die komplexen globalen Rechtskonflikte.

Moderation: Die Karriere-Mentorin Anja Schäfer gibt auf LTO-Karriere Tipps für eine gute Moderation. Sie betont, dass professionelle Moderation für Jurist:innen ein zentraler Erfolgsfaktor ist, um Meetings effizient und ergebnisorientiert zu gestalten. Gute Moderation bedeutet dabei, neutral zu bleiben, Struktur zu geben und alle Teilnehmenden einzubinden, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. 

Rechtsgeschichte – Blockwarte: Martin Rath zeigt auf LTO, dass die Blockwarte als unterste Funktionärsebene des NS-Staats eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung von Kontrolle und Propaganda spielten – oft mit Hilfe von Spitzelmethoden und sozialem Druck. Ihre Tätigkeit war kleinteilig, arbeitsintensiv und häufig ehrenamtlich, doch ohne ihre Mitwirkung wäre der staatliche Terrorapparat weit weniger wirksam gewesen.

 

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LTO/pf/chr

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Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. September 2025: . In: Legal Tribune Online, 15.09.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58142 (abgerufen am: 08.11.2025 )

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