Die juristische Presseschau vom 30. Mai bis 2. Juni 2025: Neuer pol­ni­scher Prä­si­dent / Cum-Ex-Urteil über Kron­zeuge Steck am Dienstag / Rich­ter­wahl in Mexiko

02.06.2025

Bei der Entscheidung für das polnische Präsidentenamt ging es auch um die Zukunft des Rechtsstaates. Am Dienstag will das LG Bonn im Cum-Ex-Verfahren über Kai-Uwe Steck entscheiden. In Mexiko wurden jetzt alle Richter vom Volk gewählt.

Thema des Tages

Polen – Präsidentschaftswahl: Bei der Stichwahl um die polnische Präsidentschaft hat der PiS-Kandidat Karol Nawrocki mit knapp 51 Prozent der Stimmen gewonnen. LTO erläuterte vorab, warum die Präsidentenwahl in Polen nicht nur über die Besetzung des Amtes, sondern auch über die Zukunft der umstrittenen Justizreform und die Stellung des Landes innerhalb der EU entscheidet. Der liberale Kandidat Rafał Trzaskowski wollte die Blockade der Rückabwicklung der Justizreform durch den derzeitigen Präsidenten Andrzej Duda beenden, während der rechtskonservative Karol Nawrocki die Blockade wohl fortsetzen wird. Die Wahl war damit eine Richtungsentscheidung über eine Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit und Annäherung an EU-Standards.

Rechtsanwältin und Ostrechtsexpertin Tina de Vries erläutert auf beck-aktuell konkret die Kompetenzen des polnischen Präsidenten und die Möglichkeiten, die er hat, durch sein Veto-Recht Reformen zu blockieren oder zu ermöglichen und wie er so die Zukunft von Parlament und Regierung maßgeblich beeinflussen kann. 

Rechtspolitik

Jumiko – Sachsens Justizministerin Geiert im Interview: Im Gespräch mit LTO (Hasso Suliak) äußert sich die sächsische Landesjustizministerin Constanze Geiert (CDU) wenige Tage vor Beginn der kommenden Justizministerkonferenz über Maßnahmen zur Justizentlastung, ein AfD-Parteiverbot und die Gefährlichkeit von Cannabis. Die Ministerin erwartet, dass der im Koalitionsvertrag vereinbarte Pakt für den Rechtsstaat so schnell es geht angegangen wird. Sie erhofft sich dabei eine verbesserte Digitalisierung, eine Verschlankung und Beschleunigung von Verfahrensabläufen und eine personelle Stärkung. Insbesondere zu den Verfahrensabläufen will die Jumiko über konkrete Vorschläge beraten, kündigt Geiert an.

BVerfG-Richterwahl: In seiner Kolumne in der Sa-SZ schlägt Ex-Bundesverfassungsrichter Peter Müller vor, dass Wahlvorschläge des Bundesverfassungsgerichts mit einfacher Mehrheit im Bundestag beschlossen werden können, um das Erpressungspotenzial extremer Parteien zu minimieren. Ansonsten solle es bei der Wahl der Verfassungsrichter:innen mit Zwei-Drittel-Mehrheit bleiben.

Nun schildert auch der Spiegel (Dietmar Hipp) die Lage bei der Wahl eines Nachfolgers für Richter Josef Christ, der bereits seit Anfang Dezember nur noch geschäftsführend im Amt ist. Weil die etablierten Parteien für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag auf die Stimmen der Linken angewiesen sind, könnten diese erstmals auch eine Verfassungsrichter:in vorschlagen.

Schwangerschaftsabbruch: Weil so die medizinische Versorgung verbessert würde, fordern der Deutsche Ärztetag und der Hausärzteverband eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Die derzeitige rechtliche Lage sei "nicht mehr tragbar, weder für betroffene Frauen noch für Ärztinnen und Ärzte". Die Beratungspflicht solle allerdings bestehen bleiben. Sa-FAZ (Kim Björn Becker)Sa-SZ, Mo-taz (Dinah Riese) und zeit.de berichten. 

Waffenexporte nach Israel: Rechtsprofessor Kai Ambos gibt im Gespräch mit dem Verfassungsblog (Maxim Bönnemann) Antworten auf die Frage nach der völkerrechtlichen Verantwortung Deutschlands im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung in Gaza. So bestünden schon lange Zweifel an der Wirksamkeit der deutschen Waffenexportkontrolle, von der Transparenz des Systems ganz zu schweigen, beklagt Ambos. Es brauche eine substantielle Exportkontrolle, die sich vor allem nicht darin erschöpfen dürfe, dass sich Deutschland auf Zusicherungen Israels verlässt, völkerrechtsgemäß zu handeln. Ambos sieht sogar eine mögliche Beihilfestrafbarkeit von Einzelpersonen, die an solchen Waffenexporten beteiligt sind oder sie ermöglichen. Das betreffe grundsätzlich Manager:innen der beteiligten Rüstungsunternehmen ebenso wie in den Genehmigungsprozess involvierte Beamt:innen oder führende Politiker:innen (z.B. Mitglieder des Bundessicherheitsrats).

Einbürgerungen: Der Deutsche Anwaltverein fordert eine Reform des Einbürgerungsrechts. Insbesondere die Vorgabe, dass wer die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten will, seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten müsse, werde in den Bundesländern unterschiedlich ausgelegt, so der DAV. Eine solche Praxis sei verfassungsrechtlich problematisch, kritisiert Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser aus dem DAV-Ausschuss Migrationsrecht laut beck-aktuell.

Bürokratieabbau: In einem Gastbeitrag für die Sa-SZ argumentiert Hans Peter Bull, der erste Bundesbeauftragte für den Datenschutz, dass Bürokratie nicht nur eine Belastung für die Wirtschaft darstellt, sondern eine notwendige Grundlage für ein geregeltes und sicheres Wirtschaftssystem ist. Er kritisiert die oft überzogenen Erwartungen an Bürokratieabbau und betont, dass viele vermeintlich überflüssige Vorschriften in Wahrheit dem Schutz von Umwelt, Verbrauchern und der Wirtschaft selbst dienten. Während hohe Bürokratiekosten beklagt werden, hebt er hervor, dass die staatliche Regulierung Investitionen überhaupt erst ermöglicht und Deutschland wirtschaftlich erfolgreich gemacht habe. Er erkennt jedoch an, dass manche bürokratischen Vorschriften optimiert oder abgeschafft werden sollten, um unnötige Kosten zu vermeiden, ohne die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung zu beeinträchtigen. 

Arbeitszeit: Die Sa-SZ (Benedikt Peters) und Sa-FAZ berichten über eine Studie des Hugo-Sinzheimer-Instituts für Arbeitsrecht (HSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, in der Arbeitsrechtsexperten die von der neuen Bundesregierung geplante Einführung einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit kritisch sehen. Überlange Arbeitszeiten gefährdeten die Gesundheit der Beschäftigten, erhöhten das Unfallrisiko und verschlechterten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wird gewarnt.

Elementarschadenversicherung: LTO stellt die Pläne von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig vor, eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser einzuführen. Im Koalitionsvertrag seien allerdings zentrale Fragen noch ungeklärt, heißt es im Text. So sei offen, ob künftig wirklich alle Hauseigentümer:innen eine Elementarversicherung abschließen müssen, oder ob es, wie von den Versicherern gefordert, eine Opt-Out-Lösung geben wird. 

Nicht die Betroffenen sollten "blechen", sondern die, die für die Schäden verantwortlich sind, meint Christian Stöcker (spiegel.de). Die Hauseigentümer:innen, die künftig bis zu 1600 Euro pro Jahr zusätzlich für ihre Versicherung ausgeben sollen, können wenig für die Klimakrise, anders als diejenigen, die mit fossilen Brennstoffen Geld verdienten und verdient haben. 

Lügendetektor: Das Bundesjustizministerium plant kein gesetzliches Verbot von Polygrafen (Lügendetektoren) und verweist auf die Rechtsprechung des BGH, der Polygrafen bereits 1998 als "völlig ungeeignet" eingestuft hatte. Allerdings werden solche Geräte gelegentlich in familiengerichtlichen Verfahren eingesetzt, was von Opferschutzverbänden kritisiert wird. Ein aktueller Fall, in dem ein Vater, der zahlreiche Kinder missbraucht hatte, auf der Grundlage eines entsprechenden Gutachtens lange Jahre unbehelligt geblieben war und erst vor wenigen Wochen aufgrund seines Geständnisses verurteilt wurde, hatte jüngst jedoch die Kritik bestätigt. Die Mo-taz (Anne Fromm) berichtet.

Bundestags-Wahlrecht: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer kritisiert in seiner spiegel.de-Kolumne, dass durch die Fünf-Prozent-Hürde bei der letzten Bundestagswahl im Februar mehr als acht Millionen Wählerstimmen (13,7 Prozent) faktisch nicht berücksichtigt werden, wodurch sich das Wahlergebnis verzerre. Das demokratische Prinzip leide, wenn Stimmen von Parteien unter der Fünf-Prozent-Hürde indirekt den etablierten Parteien zugutekommen. 

IMK - Waffen für AfD-Mitglieder: Bei der Innenministerkonferenz vom 11. - 13. Juni wollen sich die Länder auf ein einheitliches Vorgehen gegenüber AfD-Mitgliedern mit Waffenerlaubnis einigen. Die Sa-taz (Konrad Litschko) gibt einen Überblick über die bisherige Praxis und Rechtsprechung.

Justiz

LG Bonn – Cum-Ex/Kronzeuge Steck: Am morgigen Dienstag will das Landgericht Bonn seinen Urteilsspruch über Kai-Uwe Steck verkünden. Die Mo-FAZ (Marcus Jung) erläutert ausführlich die Hintergründe zum Verfahren. Steck hatte seit 2019 in fast einem Dutzend Strafprozessen als Zeuge ausgesagt. Trotz seiner Kooperation und der Rückzahlung erheblicher Summen fordert die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe und die Einziehung weiterer Millionenbeträge. Jenseits des Strafmaßes stelle sich hier auch die Frage zum Umgang der Strafjustiz mit langjährigen Kronzeugen.

OLG München zu Befangenheit bei Kritik an "AfD-Polemik": Kein Grund für eine Besorgnis der Befangenheit ist es, wenn ein Richter sich "AfD-Polemik aus diesem Gerichtssaal" verbat, nachdem der Klägervertreter in einem Dieselprozess den Beklagtenvertreter mit den Worten angegangen war: "Was die Beklagtenvertreter und Wirtschaftsflüchtlinge gemeinsam haben? Man kann ihnen absolut nichts vorwerfen, denn sie nutzen lediglich ein marodes System aus." Entgegen der Ansicht des Antragstellers sei die Reaktion des Vorsitzenden angemessen gewesen, so das Oberlandesgericht München. Mit dem Begriff "Wirtschaftsflüchtling" habe sich der Anwalt einer Rhetorik bedient, die laut Bundesamt für Verfassungsschutz auch von der AfD im Europawahlkampf genutzt wurde. beck-aktuell berichtet.

OLG München zu unverpixeltem Sylt-Video: Zur Entscheidung des Oberlandesgerichtes München, mit der ein landgerichtliches Urteil bestätigt wurde, nach dem das sogenannte Sylt-Video einer jungen Frau nicht unverpixelt verbreitet werden darf, meint Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de), dass sich dieser Beschluss sehr gut begründen lasse. Die junge Frau habe nichts getan, was es gerechtfertigt hätte, sie an den öffentlichen Pranger zu stellen. Sie habe sich lediglich, wie das Partyvolk in der Sylter Pony-Bar insgesamt, in empörender Weise danebenbenommen.

OLG Hamm zu Klimaschutz/peruanischer Bauer: Auf beck-aktuell analysieren die Rechtsanwältinnen Maike Huneke und Isabelle Hörner die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm zur Klage des peruanischen Landwirts Saúl Luciano Lliuya gegen den Energieriesen RWE. Obwohl die Klage nun auch in der Berufung gescheitert ist, feiern Klimaschützer das Urteil als "historischen Sieg", weil das OLG sich als erstes Gericht eindeutig positiv zur Haftung aufgrund von CO2-Emissionen geäußert hat. Danach können private Großemittenten für Klimarisiken weltweit haftbar gemacht werden. Im konkreten Fall wurden die Ansprüche lediglich wegen fehlender nachgewiesener Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zurückgewiesen. Rechtsprofessor Jan-Erik Schirmer setzt sich im Verfassungsblog erneut mit der Entscheidung auseinander und schreibt von einem "success without victory", einem "Erfolg ohne Sieg".

LG Berlin I – Vergewaltigung nach Betäubung: Die Mo-SZ (Uta Eisenhardt) fasst nun auch den Gerichtsprozess gegen Marvin S. zusammen, der eine junge Frau unter Drogen gesetzt und vergewaltigt haben soll, wobei sie die Nacht kaum überlebte. Trotz zunächst schleppender Ermittlungen fanden die Behörden später belastendes Videomaterial, das weitere mutmaßliche Opfer zeigt, was zu weiteren Anklagen führte. Marvin S. bestreitet die Vorwürfe, während die Staatsanwaltschaft ihn als Wiederholungstäter einstuft und eine Verurteilung mit anschließender Sicherungsverwahrung fordert. Das Urteil soll am 11. Juli verkündet werden.

LG Bonn – Michael Winterhoff: Rainer Stadler (Mo-SZ) kommentiert kritisch den Prozess gegen den Kinderpsychiater Michael Winterhoff vor dem Landgericht Bonn. Dieser hatte auf Grundlage einer von ihm selbst erfundenen Diagnose seinen jungen Patientinnen und Patienten offensichtlich über viele Jahre Medikamente verschrieben, die sedierend wirken, die Persönlichkeit verändern und schwere, irreversible Nebenwirkungen verursachen können. Der Prozess habe gezeigt, dass die Jugendämter und Heime bei der Sedierung bereitwillig mitmachten, weil dies den Umgang mit den Kindern erleichterte. Leider sei der Prozess auch von Anfang an "schlecht vorbereitet und organisiert" gewesen, so dass die Kinder nun wohl erneut von staatlichen Institutionen enttäuscht werden.

VG Köln – Facebook-Fanpage der Bundesregierung: Rechtsprofessor Rolf Schwartmann und Doktorand Moritz Köhler erläutern in der Mo-FAZ, worum es in der Auseinandersetzung zwischen dem Bundespresseamt und der Bundesdatenschutzbeauftragten um eine so genannte Facebook-Fanpage geht. Am 17. Juli soll hier die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Köln stattfinden. Bundespresseamt und Bundesdatenschutzbeauftragte streiten darüber, ob der Betrieb der Facebook-Fanpage der Bundesregierung datenschutzrechtlich zulässig ist. Dabei geht es im Kern um die Frage, ob das Bundespresseamt gemeinsam mit Meta für die Verarbeitung der Daten von Besuchern der Fanpage verantwortlich ist.

Recht in der Welt

Mexiko – Richterwahl: In Mexiko hat am Wochenende erstmals eine Wahl zur Neubesetzung aller Richterposten des Landes stattgefunden. Während Präsidentin Claudia Sheinbaum betont, dass so die Justiz demokratischer werden soll, kritisieren Skeptiker:innen, dass die Wahlen Richter:innen anfälliger für politische und kriminelle Manipulationen machen könnten. Viele amtierende Richter:innen hatten aus Protest gar nicht erst kandidiert. Die Justiz galt bisher allerdings als korrupt und genoß wenig Vertrauen in der Bevölkerung. Die Sa-SZ (Christoph Gurk) berichtet vorab.

USA – Harvard: Die Harvard-Universität hat in der Auseinandersetzung mit der US-Regierung einen erneuten Etappensieg errungen. Wie die Sa-FAZ (Sofia Dreisbach) berichtet, hat eine Bundesrichterin am Donnerstag die Anordnung aus der vergangenen Woche verlängert, nach der die Universität weiterhin Studenten aus dem Ausland aufnehmen kann, solange der Rechtsstreit durch die Instanzen geht. Es dürfe der Regierung nicht gestattet sein, der Privatuniversität die entsprechende Zertifizierung ohne das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren dafür zu entziehen.

USA – unbegleitete migrantische Kinder: In der Sa-SZ (Boris Herrmann) wird in einer Seite 3-Reportage eine Verhandlung vor dem New Yorker Immigration Court beschrieben, in der über das weitere Schicksal dreier Minderjähriger entschieden wird, die ohne ihre Eltern die US-Grenze überquert haben. In einer fremden Sprache werde da über ihr Leben bestimmt, ohne Mama und Papa und ohne Anwalt, heißt es im Text. Denn anders als in Strafverfahren wird hier keine automatische kostenlose Rechtsvertretung zur Verfügung gestellt.

USA – Rechtsstaat: Bernd Pickert (Sa-taz) kommentiert Donald Trumps Umgang mit der Justiz und sieht einen gezielten Umbau des Staates in eine autoritär-faschistische Richtung. Laut Pickert zielt Trump darauf ab, die Gewaltenteilung abzuschaffen und sich durch den Supreme Court uneingeschränkte Macht zu sichern. Seine politischen Entscheidungen – etwa zu Zöllen, Universitäten und Abschiebungen – führen regelmäßig zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Trump und sein Umfeld diskreditierten Richter als "nicht gewählt" oder "aktivistisch" und versuchten, unabhängige Institutionen durch loyale Gefolgsleute zu ersetzen. Dies führe zu Chaos, das Trump für seine eigene Agenda nutzt. 

USA – Sean Combs: Die Mo-SZ (Ann-Kathrin Nezik) stellt den Verteidiger Marc Agnifilo vor, der Sean Combs ("P. Diddy") in einem Prozess vertritt, in dem der Musiker unter anderem wegen organisierter Kriminalität und Menschenhandel angeklagt ist. Der 60-jährige Anwalt greife zu allen Mitteln seiner Zunft. Er beherrsche alle Tonlagen von freundlich bis schneidend-inquisitorisch und könne "innerhalb von Sekunden auf Angriff schalten".

Rumänien – Korruption: Das rumänische Verfassungsgericht hat in einer Entscheidung am Donnerstag die Vorschriften zur finanziellen Transparenz von Politiker:innen und Spitzenbeamt:innen gelockert, berichtet die Sa-FAZ (Michael Martens). Das Gericht sei personell noch stark von Ernennungen der als kleptokratisch und klientelistisch verrufenen Sozialdemokratischen Partei Rumäniens geprägt, heißt es in der FAZ. Politiker:innen sowie hohe Beamt:innen müssen ihr Vermögen und ihre finanziellen Interessen nun nicht mehr öffentlich und auch nicht mehr vollständig bei der Nationalen Integritätsagentur (ANI) deklarieren. Unter anderem geht es darum, dass sich die Berichts- und Veröffentlichungspflicht nicht mehr wie bisher auf Ehepartner:innen und Kinder der betreffenden Amtsträger:innen beziehen soll. Kritisiert wird die Entscheidung von Antikorruptionsaktivist:innen und auch vom neuen Präsidenten Nicușor Dan, die darin einen schwerwiegenden Rückschritt sehen. 

EGMR - Abschiebung krimineller Ausländer: Kritisch geht Rechtsprofessor Peter Hilpold im Verfassungsblog (in englischer Sprache) auf den Brief von neun EU-Staatschefs ein, die eine Neujustierung bei der Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention bei Abschiebungen fordern. Der Brief werfe nicht nur politische und ethische Fragen, sondern auch erhebliche rechtliche Bedenken auf, so der Autor, der auch darauf hinweist, dass die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Auswirkungen auch über dieses Rechtsgebiet hinaus auf das Menschenrechtssystem haben. Eine Reform des EGMR sei zwar notwendig, so Hilpold, diese müsse jedoch in einem breiteren und gut strukturierten Rahmen erfolgen, anstatt den Gerichtshof politischem Druck auszusetzen.

Sonstiges

Demokratie: Rechtsprofessor Frank Schorkopf kritisiert in der Mo-FAZ die liberale Demokratie, in der (europäische) Gerichte politische Mehrheitsentscheidungen an (europäischen) rechtlichen Standards messen. Die liberale Demokratie sei so zur "Handpuppe der Progressiven" geworden und behindere zugleich die Leistungsfähigkeit und die Akzeptanz des Staates. 

Abgeordnete und Verfassungsschutz: Im FAZ-Einspruch widersprechen die beiden Rechtsanwälte Theda Hustede und Holger Schmitz dem von der AfD in Auftrag gegebenem Rechtsgutachten, in dem behauptet wird, die Landesverfassungen von Sachsen und Thüringen verböten pauschal die Beobachtung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz. Sie verweisen auf frühere Urteile des Bundesverfassungsgerichts und der Verwaltungsgerichte, nach denen Abgeordnetenbeobachtung unter bestimmten Bedingungen zulässig sein kann. Zudem kritisieren sie, dass das Gutachten den Konflikt zwischen Indemnität und dem Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ignoriert, der verfassungsrechtlich ausgeglichen werden muss. Abschließend kommen sie zu dem Ergebnis, dass die AfD-Position juristisch wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Strafverteidiger Ali B. Norouzi: In der Reihe "Most Wanted" stellt LTO (Stefan Schmidbauer) diesmal Ali B. Norouzi, Strafverteidiger in Berlin, vor. Er wollte eigentlich Journalist werden.

Ausstieg aus US-Großkanzlei: Warum sie aus einer Großkanzlei in New York ausgestiegen ist, erläutert die deutsche Anwältin und Influencerin Cecilia Toland im Interview mit LTO-Karriere (Vanessa Meilin Rolke).

Rechtsgeschichte – Strafkolonien: Martin Rath erinnert auf LTO an die im 19. Jahrhundert von deutschen Juristen entwickelte Idee, Strafgefangene in Kolonien zu deportieren, um das Gefängnissystem zu reformieren und die Kriminalität einzudämmen. 

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Mai bis 2. Juni 2025: . In: Legal Tribune Online, 02.06.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57316 (abgerufen am: 18.06.2025 )

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