CDU/CSU und SPD einigen sich mit den Grünen bei Änderungen zur Schuldenbremse. Das BVerfG hat Eilanträge gegen Grundgesetzänderungen durch den alten Bundestag abgelehnt. Der BGH hilft Familie nach gutgläubigem Hausbau auf fremdem Grund.
Thema des Tages
Schuldenbremse / Sondervermögen: CDU/CSU und SPD haben sich am Freitag mit den Grünen, deren Stimmen für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich sind, auf Modifikationen der geplanten Grundgesetzänderungen geeinigt. So soll das neu geschaffene Sondervermögen nur "zusätzliche" Investitionen von der Schuldenbremse ausnehmen. Außerdem werden 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für Investitionen in Klimaneutralität reserviert. LTO (Hasso Suliak) berichtet.
beck-aktuell berichtet über die Expertenanhörung am Donnerstag, in der beispielsweise die Hamburger Rechtsanwältin Roda Verheyen dafür plädierte, auch für Investitionen in den Klimaschutz eine generelle Ausnahme von der Schuldenbremse vorzusehen, wie für Verteidigungsausgaben.
Rechtsprofessor Henning Tappe erläutert im Verfassungsblog die finanzverfassungsrechtlichen Aspekte der geplanten Grundgesetzänderungen. Verfassungsrechtlich seien alle Regelungen "vorstellbar (d.h. ‘verfassungsmäßig’)", so Tappe, allerdings erscheine ihm alles noch nicht recht abgestimmt zu sein, schreibt er in einem am Freitag veröffentlichten Text.
Klimaneutralität im Grundgesetz: Im neuen Artikel 143h GG soll laut Mo-FAZ stehen, dass das geplante Sondervermögen von 500 Milliarden Euro "für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045" genutzt werden können. Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält es für abwegig zu behaupten, dass Klimaneutralität bis 2045 durch den neuen Passus zum Staatsziel werde. bild.de (Nikolaus Harbusch u.a.) gibt einen Überblick über die verfassungsrechtliche Debatte.
Auch der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio sieht im Interview mit der Mo-FAZ (Reinhard Müller) kein neues Staatsziel. Das Ziel der Klimaneutralität für Deutschland bis 2045 sei allein im Klimaschutzgesetz des Bundes fixiert und könne dort auch weiter ausgestaltet oder verändert werden. Die vorgesehene finanzverfassungsrechtliche Zweckbindung beziehe sich auf dieses einfachgesetzliche Transformationsprojekt, schreibe es aber verfassungsrechtlich damit nicht vor. Auch für den CDU-Politiker Philipp Amthor erwächst aus der geplanten Grundgesetzänderung keine zwingende Handlungspflicht des Staates, vielmehr werde lediglich eine Handlungsmöglichkeit eröffnet, wie er in einem Gastbeitrag für die Welt schreibt.
Skeptisch sieht Reinhard Müller (Mo-FAZ) die Aufnahme der "Klimaneutralität" in das Grundgesetz. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Verantwortung für künftige Generationen sei ohnehin längst Verfassungsauftrag, meint er. Jakob Wetzel (Mo-SZ) hofft auf eine Definition, was mit “Klimagerechtigkeit” gemeint sei.
BVerfG zu Schuldenbremse / Sondervermögen: Der Bundestag kann am morgigen Dienstag in alter Zusammensetzung die geplanten Grundgesetzänderungen zum Haushaltsrecht beschließen. Das Bundesverfassungsgericht hat Ende der vorigen Woche drei dagegen gerichtete Organklagen und vier Eilanträge abgelehnt. Geklagt hatte u.a. die Vor-Fraktion der Linken des noch nicht konstituierten 21. Bundestags sowie die AfD-Fraktion im 20. Deutschen Bundestag. Der alte Bundestag sei bis zum Zusammentritt des neuen Bundestags voll handlungsfähig und könne auch Grundgesetzänderungen beschließen, so die Richter:innen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sei nicht verpflichtet, den neuen Bundestag einzuberufen. Eine Folgenabwägung spreche auch dafür, die Abstimmung trotz der geringen Beratungszeit zuzulassen. Sa-FAZ (Katja Gelinsky), Sa-SZ (Wolfgang Janisch), taz.de (Christian Rath), zdf.de (Karl Anton Gensicke/Daniel Heymann), tagesschau.de (Egzona Hyseni und Christoph Kehlbach), beck-aktuell und LTO fassen die Beschlüsse zusammen. Mit Blick auf die jüngsten Modifikationen der beantragten Grundgesetzänderungen haben Abgeordnete der FDP um Florian Toncar und die Ex-AfD-Abgeordnete Joana Cotar inzwischen neue Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht gestellt, so zeit.de.
Vor der Veröffentlichung der Beschlüsse hat Rechtsprofessor Lothar Michael im FAZ-Einspruch erläutert, warum die Organklagen wenig Aussicht auf Erfolg haben. Er wies darauf hin, dass Karlsruhe im Parlamentsrecht dem Bundestag erhebliche Spielräume der Selbstorganisation einräumt und die in Art. 39 Abs. 2 GG enthaltene Formulierung "spätestens am dreißigsten Tage" nicht so verstanden werden dürfte, dass die Bundestagspräsidentin keine Spielräume habe, den Termin für das Zusammentreten des neuen Bundestages festzulegen. Auch der wissenschaftliche Mitarbeiter Johannes Gallon meinte im Verfassungsblog, dass hier das BVerfG nicht eingreifen sollte. Die von den zukünftigen Koalitionären gewählte Verfahrensgestaltung lasse sich zwar aus guten (politischen) Gründen kritisieren, diese politischen Gründe sollten aber nicht mit verfassungsrechtlichen Gründen gleichgesetzt werden, so Gallon.
Nach den Karlsruher Entscheidungen forderte die AfD die Linke auf, gemeinsam die Konstituierung des neuen Bundestags zu fordern, um so die Grundgesetzänderung durch den alten Bundestag zu verhindern, t-online.de (Annika Leister) berichtet. Laut LTO (Christian Rath) gilt Art. 39 Abs. 3 GG, wonach der Bundestag einzuberufen ist, wenn es ein Drittel seiner Mitglieder verlangt, allerdings nicht für den erstmaligen "Zusammentritt" des Bundestages, sondern nur für den Wiederbeginn der Sitzungen. Um den erstmaligen Zusammentritt zu erzwingen, sei eine Mehrheit der Abgeordneten erforderlich.
Rechtspolitik
Asyl / Migration: Im Interview mit dem Spiegel (Katrin Elger/Dietmar Hipp) fordert Rechtsprofessor Daniel Thym eine grundlegende Reform der Asylpolitik in Deutschland und Europa. Den Startschuss solle Deutschland in Absprache mit Nachbarländern geben, indem es Asylsuchende an der Grenze zurückweist und so gegen die Dublin-Regeln verstößt. Nach einer EU-Asyl-Reform sollten an den EU-Außengrenzen nur noch Flüchtlinge mit einem Termin eingelassen werden. Über die Asylanträge der anderen soll in haftartigen Transitzentren entschieden werden. Die Aufnahmebereitschaft der Herkunftsländer soll durch Migrationsabkommen erhöht werden, bei denen kooperierende Staaten mit legalen Migrationswegen für ihre Bürger:innen belohnt werden.
Schutz für Anwält:innen: Der Europarat hat eine Konvention zum Schutz der anwaltlichen Berufsausübung ("Convention of the Protection of Lawyers") verabschiedet, die die Anwaltschaft vor Einschüchterungen und Eingriffen sichern soll. Unter anderem geht es um Vorgaben zum Schutz anwaltlicher Berufsorganisationen, Anforderungen an das Zulassungsverfahren, Standards anwaltlicher Berufsrechte (etwa Zugang zum Mandanten, Verschwiegenheitsrecht) oder auch Maßgaben für Disziplinarverfahren gegen Anwält:innen, schreibt LTO (Hasso Suliak). Auch wenn diese Standards in Deutschland im Wesentlichen längst existieren, könne aus der Übereinkunft künftig eine aktive Schutzpflicht des Staates zugunsten bedrohter Anwälte hergeleitet werden, wird die Leiterin des Referats Berufsrecht im BMJ Susanne Münch zitiert. Damit die Konvention in Kraft treten kann, muss sie nun von mindestens acht Staaten ratifiziert werden.
Rechtspolitik: Die BRAK hat ihre berufsrechtlichen und rechtspolitischen Forderungen an die neue Regierung formuliert. Ein zentrales Anliegen der BRAK ist dabei die Unabhängigkeit der Anwaltschaft, die verfassungsrechtlich abgesichert werden müsse, um diese vor politischem Populismus und anderen äußeren Einflüssen zu schützen. Außerdem spricht sich die Anwaltsorganisation für die Beibehaltung des Fremdkapitalverbots für Anwaltskanzleien aus. Der digitale Austausch von Dokumenten und Informationen zwischen Anwält:innen, Gerichten und Behörden müsse effizienter gestaltet werden, um den Rechtsstandort Deutschland zukunftsfähig zu machen. LTO und beck-aktuell berichten.
Vorratsdatenspeicherung: In einer separaten Stellungnahme wendet sich die BRAK gegen neue Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung. Auch den BMJ-Referentenentwurf für ein alternatives "Quick-Freeze-Modell", den FDP-Justizminister Marco Buschmann vor dem Ampel-Aus vorlegte, sieht die Kammer laut netzpolitik.org (Constanze Kurz) kritisch.
Videoüberwachung / Gesichtserkennung: Die studentische Hilfskraft Philipp Schüpferling gibt auf dem JuWissBlog einen Überblick zur Rechtslage bei Videoüberwachung und Gesichtserkennung. Eine Live-Erkennung könnte eventuell zulässig sein, wenn eine automatische Löschung in gewissen Intervallen erfolgt, wie bei Dashcams. Die Regeln der KI-Verordnung seien lückenhaft, weil sie nicht im Internet gelten, hier könnte der deutsche Gesetzgeber Lücken füllen.
Arbeitsrecht: In einem Gastkommentar analysiert Rechtsanwalt Alexander Bissels auf beck-aktuell die im Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD enthaltenen Vorhaben im Arbeitsrecht. Er sieht dabei zahlreiche Punkte, bei denen sich die SPD durchsetzen konnte – beispielsweise beim Mindestlohn, bei der Tarifbindung und -treue sowie bei der Frage der Mitbestimmung beim Einsatz von KI. Dagegen habe sich beim Thema Arbeitszeit die CDU durchgesetzt. Lücken beziehungsweise Klärungsbedarf sieht der Autor noch beim Bürokratieabbau und den geplanten Anreizen zu Mehrarbeit und Überstunden. Insgesamt vermisst Bissels einen "arbeitsrechtlichen Aufbruch". Es bleibe zu hoffen, dass im Rahmen der nun beginnenden Koalitionsverhandlungen weitere substanzielle arbeitsrechtliche Impulse Eingang in den Koalitionsvertrag finden werden.
Justiz
BGH – Zwangsversteigerungsfehler: Die brandenburgische Familie, die 2010 bei einer fehlerhaften Zwangsversteigerung vermeintlich ein Grundstück erworben und in der Folge gutgläubig ein Wohnhaus darauf errichtet hatte, muss das Grundstück erst räumen, wenn der tatsächliche Eigentümer ihnen die Hausbaukosten bezahlt. Das hat der Bundesgerichtshof in einem wegweisenden Urteil entschieden und dabei seine eigene jahrzehntealte Rechtsprechung revidiert, die einen Kostenersatz für den Neubau auf fremdem Grundstück ausschloss. Wie hoch der Kostenersatz ausfallen wird, muss nun noch das OLG Brandenburg entscheiden, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hat. Sa-FAZ, Sa-SZ (Wolfgang Janisch), spiegel.de (Lisa Duhm), beck-aktuell (Pia Lorenz) und LTO (Max Kolter) berichten über die Entscheidung.
BVerfG zu Bundestagswahl/BSW: Auch die Sa-FAZ (Katja Gelinsky) und taz.de (Christian Rath) berichteten inzwischen über die Niederlage des BSW vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Karlsruher Gericht hatte drei Eilanträge von Sahra Wagenknecht und anderer Wahlberechtigter auf Neuauszählung der Bundestagswahl 2025 abgelehnt.
OLG Hamm – Klimaschutz/peruanischer Bauer: An diesem Montag wird das Oberlandesgericht Hamm seine Verhandlung über die Klage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen das Energieunternehmen RWE fortsetzen. Als einer der größten CO2-Emittenten Europas sei der Konzern zu 0,47 Prozent mitverantwortlich dafür, dass Lliuyas Haus in Huaraz von einer Gletscherschmelze infolge des Klimawandels bedroht werde, RWE müsse sich daher mit 0,47 Prozent an Schutzmaßnahmen für das Haus beteiligen. Das OLG hatte die Klage 2017 als schlüssig bezeichnet und ist in die Beweisaufnahme eingetreten. Im ersten Schritt geht es immer noch um die Frage, ob das Haus in Mexiko wirklich durch eine Überflutung bedroht ist. Jetzt wird ein gerichtlich bestellter Gutachter gehört, der die Wahrscheinlichkeit auf unter drei Prozent einstufte. Vorab berichten Mo-SZ (Michael Bauchmüller), Sa-FAZ (Katja Gelinsky), Mo-taz (Christian Rath) und LTO (Franziska Kring).
OLG Frankfurt/M – Folter in Syrien: Vom Fortgang des Prozesses gegen den mutmaßlichen syrischen Folterarzt Alaa M. berichtet der Spiegel (Julia Jüttner). Der Opferanwalt Manuel Reiger hofft, dass nach dem Umsturz in Syrien die Zeug:innen nicht mehr so eingeschüchtert sind. Ein ehemaliger syrischer Häftling sagte aus, dass Alaa M. in einem syrischen Foltergefängnis regelmäßig Todesspritzen setzte. Ein Gutachter im Frankfurter Verfahren attestierte ihm sadistische Neigungen.
OLG Celle – Umsturzpläne/Vereinte Patrioten: In der vergangenen Woche beantragten sowohl Verteidigung als auch Generalstaatsanwaltschaft den Freispruch für eine Frau, die angeklagt war, Mitglied der terroristischen Vereinigung “Vereinte Patrioten” (auch "Kaiserreichsgruppe" genannt) zu sein, die einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland und die Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach plante. Die Tatvorwürfe gegen die Frau hätten sich nicht bestätigt – vielmehr habe sie versucht, die Pläne der Gruppe zu vereiteln, indem sie sie an die Polizei verraten habe. Das Urteil soll am 21. März verkündet werden. beck-aktuell berichtet.
OLG Stuttgart zu beA-Ausfall: Die eigentlich gemäß § 32d Satz 4 StPO vorgeschriebene Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung ist nicht notwendig, wenn Justiz-Technik gewartet wird und das Gerichtspostfach deshalb nicht erreichbar ist. Das hat, wie beck-aktuell berichtet, das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden. Allgemeinkundige oder gerichtsbekannte Tatsachen bedürften keiner Glaubhaftmachung, so das OLG. Dies müsse man auch auf die Glaubhaftmachung nach § 32d Satz 4 StPO übertragen, da es keinen Grund gebe, hier unterschiedliche Anforderungen zu stellen.
LG Frankfurt/M. – Ex-Bankmanager gegen Deutsche Bank: Mo-SZ (Meike Schreiber) und bloomberg.de (Sonia Sirletti/Karin Matussek) berichten über einen laufenden Schadensersatzprozess vor dem Landgericht Frankfurt/Main. Es geht um einen früheren Top-Manager der Investmentbank-Sparte der Deutschen Bank, der in Italien wegen der Affäre um die Monte Dei Paschi Bank vor Gericht stand, später aber in der Berufungsinstanz freigesprochen wurde. In der Strafsache ging es um den Vorwurf von Bilanzfälschungen der Deutschen Bank. Der Manager verklagt nun die Deutsche Bank auf Schadensersatz in Höhe von 152 Mio Euro und trägt als Grund vor, seine Karriere habe durch die Strafsache Schaden genommen.
LAG Ba-Wü zu Mitbestimmung bei Desk-Sharing-Policy: Das LAG Baden-Württemberg hat im August des vergangenen Jahres entschieden, dass die Einführung einer Desk-Sharing- und Clean-Desk-Policy nicht als Ganzes mitbestimmungspflichtig ist, Teilbereiche aber der Mitbestimmung unterliegen können. Rechtsanwältin Julia Certa erläutert im Expertenforum Arbeitsrecht die Entscheidung.
VG Mainz – Ahrtal-Hochwasser: Gegen die Einstellung der Ermittlungen zu den strafrechtlichen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Ahr-Hochwasser wehren sich die Angehörigen der Opfer u.a. vor dem Verwaltungsgericht Mainz. Dort soll geklärt werden, ob über die Einstellung der Ermittlungen die richtige Staatsanwaltschaft entschieden hat. Das VG will aber nur über die Frage entscheiden, ob eine parallele Petition auf Wechsel der Staatsanwaltschaft vom Landesjustizministerium korrekt behandelt wurde. LTO (Tanja Podolski) berichtet über die Verhandlung, die in der vergangenen Woche stattgefunden hat.
StA Flensburg – geplanter islamistischer Anschlag: Die Staatsanwaltschaft Flensburg hat den 18-jährigen Islamisten Emin B. wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verabredung zum Mord angeklagt, berichtet der Spiegel. Er soll von Frühjahr 2024 an einen Terroranschlag geplant haben, um "Ungläubige" zu töten, heißt es im Artikel. Bei ihm seien Feuerzeugbenzin und Benzin sichergestellt worden, mit denen er Brandsätze habe herstellen wollen. Im Falle einer Verurteilung seien bis zu zehn Jahre Gefängnis möglich.
Nebeneinkünfte der BVerfG-Richter:innen: welt.de (Benjamin Stibi) hat sich die vom Bundesverfassungsgericht veröffentlichten Zahlen zu den "erzielten Einkünfte der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts aus nichtspruchrichterlicher Tätigkeit" angeschaut. Im Jahr 2024 erzielten danach die 16 Richter:innen insgesamt Nebeneinkünfte in Höhe von rund 97.000 Euro. Allein 50.000 Euro davon entfielen auf die ehemalige BSG-Richterin Miriam Meßling. Den Rekord für die meisten Nebeneinkünfte in einem Jahr hält der Richter Heinrich Amadeus Wolff mit 68.000 Euro im Jahr 2022. 2024 fielen bei Wolff laut der Tabelle dagegen gar keine Nebeneinkünfte an. Beklagt wird im Artikel allerdings eine mangelnde Transparenz. So sei auf Nachfrage nicht mitgeteilt worden, wie die Zahlen zustande kämen.
Recht in der Welt
EGMR/Ukraine – Auseinandersetzungen in Odessa: Fast elf Jahre nach den tödlichen Auseinandersetzungen zwischen prorussischen und proukrainischen Gruppen in der ukrainischen Hafenstadt Odessa hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ukraine verurteilt, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen zu haben. Beanstandet wurde ein schleppendes und schlampiges Vorgehen bei den strafrechtlichen Ermittlungen. So hätten ukrainische Behörden keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, um Beweise zu sichern und zu sammeln, sowie "schwerwiegende Versäumnisse" bei der Auswertung von Beweisen gezeigt, heißt es laut Sa-FAZ (Stefan Locke) in dem mehr als hundert Seiten langen Urteil.
IStGH/Philippinen – Rodrigo Duterte: Der Spiegel (Cornelius Dieckmann) erläutert die Vorwürfe gegen den philippinischen Ex-Präsidenten Rodrigo Duterte, der in der vergangenen Woche verhaftet und dem Internationalen Strafgerichthof überstellt wurde. Insbesondere sein brutaler "Krieg gegen die Drogen" hatte tausende Todesopfer gefordert, darunter viele Unschuldige. In Armenvierteln wurden Konsumenten erschossen, oft basierend auf Mutmaßungen und Anschuldigungen. Noch während seiner Amtszeit hatte der IStGH Ermittlungen gegen Duterte aufgenommen, die Philippinen traten daraufhin aus dem Vertrag über den Strafgerichtshof aus. Anders als von Duterte argumentiert, ist das Gericht gemäß seinem Vertragswerk, dem Römischen Statut, auch bei ausgetretenen Staaten für Taten zuständig, die während der Mitgliedschaft begangen wurden.
Die Auslieferung Dutertes sei ein wichtiger Erfolg für Den Haag, kommentiert Till Fähnders (FAS). Und auch für Arne Perras (Mo-SZ) besteht mit dem Verfahren in Den Haag immerhin die Chance auf späte Gerechtigkeit. Das könne die Qualen all jener lindern, die bei den Einsätzen ihre Liebsten verloren und seither vom Staat weitgehend allein gelassen wurden.
Mexiko – Staatsanwältin gegen Femizide: Auf spiegel.de (Maria Stöhr) wird die mexikanische Staatsanwältin Sayuri Herrera vorgestellt, die fast fünf Jahre lang die auf Femizide spezialisierte Abteilung der Staatsanwaltschaft von Mexico-Stadt leitete. Sayuri Herrera sei eine Staatsanwältin, die unerschütterlich weitermache und die Täter nicht davonkommen lasse, heißt es im Text. Sie wolle an der furchtbaren Statistik etwas ändern und habe schon einige Erfolge verzeichnen können, seit ihre Einheit 2020 gegründet wurde.
USA – Trump gegen Justiz: spiegel.de beleuchtet die Angriffe des US-Präsidenten Donald Trump gegen die Justiz. So habe er bei einer Ansprache im US-Justizministerium angekündigt, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die ihn juristisch verfolgt haben. Dazu gehören auch Staatsanwälte des Justizministeriums. Trump beschuldigte die frühere Führung des Ministeriums aus der Biden-Ära, sie habe ihn vernichten wollen. Rechtsprofessor Hans Petter Graver erläutert im Verfassungsblog (in englischer Sprache), was US-Richter:innen von Deutschland lernen können.
USA – Abschiebung von Venezolanern: Rund 250 Männer aus Venezuela wurden nach El Salvador abgeschoben und dort inhaftiert. US-Präsident Donald Trump stützte die Abschiebungen auf den Alien Enemies Act aus dem Jahr 1798, der die Inhaftierung und Ausweisung von Staatsangehörigen aus Feindstaaten erlaubt. Trump behauptet, die Männer gehörten der venzolanischen Gang Tren de Aragua an, die einen irregulären Krieg gegen die USA führe. Die Anordnung eines Bundesrichters, der die Abschiebungen zu stoppen versuchte, wurde ignoriert; die Entscheidung sei zu spät gekommen. Es berichten Mo-SZ (Peter Burghardt) und taz-blogs (Detlef Georgia Schulze).
Sonstiges
Völkerrecht: In einem Gastbeitrag für den Spiegel betont Rechtsprofessor Claus Kress nachdrücklich, dass das Völkerrecht angesichts der Bedrohungen durch Staaten wie Russland und die USA konsequent verteidigt werden muss. Er hebt hervor, dass die Widerstandsfähigkeit des Völkerrechts es Staaten ermögliche, trotz Machtpolitik seine Grundprinzipien zu wahren. Zudem plädiert der Autor dafür, dass die Europäische Union gemeinsam mit anderen Staaten als Hüterin des Völkerrechts agiert und eine Allianz mit Ländern des Globalen Südens anstrebt.
RAin Jutta Otto: LTO (Stefan Schmidbauer) setzt die Reihe "Most wanted" mit einem Interviewporträt von Jutta Otto, Rechtsanwältin und Head of Compliance Investigations, E-Discovery bei der BMW Group, fort.
Rechtsgeschichte – Ignaz Jastrow: Martin Rath erinnert auf LTO an den Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler Ignaz Jastrow, der "vor 100 Jahren zu den innovativen Köpfen beider Fächer" gehörte. Er hatte sich unter anderem auch mit der Frage beschäftigt, welche Folgen eine extrem ausgeweitete staatliche Verschuldung für das Volksvermögen hat.
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LTO/pf/chr
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Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. März 2025: . In: Legal Tribune Online, 17.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56804 (abgerufen am: 26.04.2025 )
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