Was folgt aus dem Umsturz in Syrien für Flüchtlinge in Deutschland? Im Bundestag zeichnete sich eine Einigung bei der Finanzierung von Frauenhäusern ab. Das NRW-Prüfungsamt hat Examens-Klausuren kurzfristig in eine andere Stadt verlegt.
Thema des Tages
Syrische Flüchtlinge: Der Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad könnte auch Auswirkungen auf syrische Flüchtlinge in Deutschland haben. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) sagte zu bild.de (Gonne Garling/Stefan Schlagenhaufer): "Wir haben ein hohes Interesse, Flüchtlinge aus Syrien wieder in ihre Heimat zurückzuführen, freiwillig oder im Rahmen von Abschiebungen. Keine Kompromisse darf es bei Straftätern geben." Rechtsprofessor Volker Böhme-Neßler sagte: "Wenn der Fluchtgrund wegfällt, müssen auch anerkannte Asylbewerber ausreisen." Nicht ganz so scharf ist der Ton bei welt.de (Johannes Wiedemann): Hier spricht sich Rechtsprofessor Daniel Thym dafür aus, laufende Asylverfahren von Syrern zurückzustellen. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) forderte den Stopp der weiteren Aufnahme syrischer Asylbewerber:innen. Sollte es irgendwann zu einer belastbaren Befriedung in Syrien kommen, entfalle für viele Syrer auch "die Schutzbedürftigkeit und damit der Grund für ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland".
Rechtspolitik
Gewalt gegen Frauen/Frauenhäuser: Bei der ersten Bundestags-Beratung des Gesetzentwurfs zum Gewalthilfegesetz am Freitag habe sich abgezeichnet, dass die geplante Neuregelung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden könnte. In dieser Woche wollen sich Expert:innen von SPD, Grünen und CDU/CSU zu Verhandlungen treffen, berichtet taz.de (Christian Rath). Die CDU-Abgeordnete Ingrid Pahlmann beschrieb, welche Punkte aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion noch "eingearbeitet werden müssen". So müsse es auch "konsequente Prävention" und "Strafverschärfungen" für Täter geben. Notwendig seien zudem "Antiaggressionsprogramme" und eine "elektronische Überwachung zur Durchsetzung von Annäherungsverboten".
Schwangerschaftsabbruch: Die Mo-taz (Christian Rath) untersucht, ob es möglich ist, den aussichtsreichen Gruppenantrag zur Legalisierung von Schwangerschaftabbrüchen im Rechtsausschuss zu "versenken". Um dies zu verhindern, müssten sich zumindest einzelne FDP-Abgeordnete bei Abstimmungen enthalten. Über den Gesetzentwurf und die Bundestagsdebatte am vergangenen Donnerstag schreibt nun auch die Sa-SZ (Karin Janker).
In einem separaten Kommentar weist Karin Janker (Sa-SZ) auf die Versorgungslücke hin, die bei Schwangerschaftsabbrüchen derzeit besteht. "Der Bundestag hätte nun eine historische Gelegenheit, an der Unterversorgung von Frauen in Schwangerschaftskonflikten etwas zu ändern", meint sie. Das Zeitfenster sei klein, aber es stehe gerade noch offen. Patricia Hecht (Sa-taz) warnt: Eine Blockade der Abstimmung richte sich gegen die Überzeugung der gesellschaftlichen Mehrheit. Damit konterkariere man aus parteitaktischem Kalkül das Selbstverständnis des Bundestags, Gesetze zu beraten und abzustimmen.
Das Parlament (Christian Rath) gibt einen Überblick über die Geschichte von § 218 StGB.
Organspende: Der Bundestags hat am Donnerstag erstmals über den Gesetzentwurf einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe beraten, die die Widerspruchsregelung für Organspenden einführen will. Damit würde jeder als Organspender gelten, der nicht widerspricht. Dagegen sind Organentnahmen derzeit nur mit ausdrücklicher Zustimmung zulässig. beck-aktuell schildert die Debatte im Bundestag.
Schöff:innen: Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, den das Kabinett in der vergangenen Woche beschlossen hat und den LTO vorstellt, sieht vor, den Zugang zum Schöffenamt strenger zu regeln. Bisher bestimmt § 32 Nr. 1 GVG, dass vom Schöffenamt nur solche verurteilten Straftäter:innen ausgeschlossen sind, die wegen einer Vorsatztat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden sind. Künftig soll das auch für jene gelten, die wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden – unabhängig von der Dauer der Freiheitsstrafe. Außerdem sollen nach dem Entwurf Gerichte verpflichtet werden, ihre Geschäftsverteilungspläne online zu veröffentlichen.
Unternehmenssanktionen: Weil die EU immer mehr Lebensbereiche auch strafrechtlich erfasst, komme es hier auch zu Regelungen für Sanktionen gegen Unternehmen und andere juristische Personen mit hohen Bußgeldern, erläutert die Mo-SZ (Jan Diesteldorf). Auf dem EU-Justizministerrat sollen in dieser Woche Richtlinien zu Kinderpornografie und Schleuserkriminalität beschlossen werden.
IMK – Vorratsdatenspeicherung / Migration: Nach Ansicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser könnte es noch zu einer Regelung zur Speicherung von IP-Adressen zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung und der Eindämmung der Kinderpornografie kommen. Nachdem mit der FDP der Hauptgegner einer solchen Speicherung aus der Koalition ausgeschieden ist, will Faeser nun noch einmal auf die Grünen zugehen, sagte sie laut Sa-FAZ (Mona Jaeger/Rüdiger Soldt) nach der Innenministerkonferenz in der vergangenen Woche. Keine Einigung ist dagegen beim Thema Migration in Sicht: Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte, die Union verlange Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, die Einführung eines Drittstaatenmodells und baldige Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien.
Strafgefangenen-Entlohnung NRW: Wie jetzt auch LTO berichtet, hat der Landtag von Nordrhein-Westfalen nach dem BVerfG-Urteil zur Verfassungswidrigkeit der Gefangenenentlohnung nun ein Gesetz beschlossen, das Häftlingen künftig etwas mehr Lohn für ihre Arbeit zubilligt.
Hochschulsicherheit NRW: Rechtsprofessor Julian Krüper kritisiert auf dem Verfassungsblog den Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für ein "Hochschulstärkungsgesetz". Danach sei jede "Beeinträchtigung (des) sozialen Geltungsanspruchs und der Handlungs- und Entschlussfreiheit hinsichtlich (der) persönlichen Lebensgestaltung von Hochschulangehörigen" zu unterlassen. Der Autor befürchtet, dass es darum gehe, unter dem trügerischen Label eines “Sicherheitsrechts” eine "Verdachts- und Akkusationskultur" an den Hochschulen zu etablieren.
Ex-Bundesjustizminister Buschmann: Wie die Chancen für den früheren Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stehen, wieder in sein Amt zurückzukehren, wird im FAZ-Einspruch (Stephan Klenner) anhand seiner Vorgänger:innen untersucht. So könnte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein Vorbild für Buschmann sein: Sie ist die einzige Person, die zweimal das Amt der Bundesjustizminister:in übernahm. Allerdings lagen zwischen ihren beiden Amtszeiten 13 Jahre.
Justiz
BVerfG – Polizeikosten bei Fußballspielen: Das Bundesverfassungsgericht wird am 14. Januar sein Urteil über die Polizeikosten von Hochrisikospielen der Fußball-Bundesliga verkünden. Das BVerfG hatte im April über die Frage verhandelt, ob das Land Bremen der Deutschen Fußball-Liga Polizeikosten für solche Partien in Rechnung stellen darf. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dies in einem Grundsatzurteil 2019 bejaht. Die Deutsche Fußball-Liga hatte dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt. beck-aktuell berichtet.
BGH zu Fall-Listen für Fachanwaltstitel: Rechtsanwalt Martin W. Huff stellt auf beck-aktuell einen Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Oktober vor, in der die Anforderungen an den Nachweis der praktischen Erfahrungen für den Fachanwaltstitel präzisiert werden. Der BGH bekräftigte darin, dass der Schwerpunkt der für die Verleihung des Titels notwendigen Fälle immer in dem entsprechenden Fachgebiet liegen müsse. Es sei nicht ausreichend, wenn sich in einem Fall allein eine Rechtsfrage aus dem entsprechenden Fachgebiet stelle oder auch nur stellen könne. Dabei müsse man unterscheiden, ob ein Fall originär dem entsprechenden Rechtsgebiet zuzuordnen sei – dann zähle er und werde auch anerkannt – oder ob er thematisch einem anderen Rechtsgebiet zuzuordnen sei und lediglich Berührungspunkte zum relevanten Fachgebiet aufweise.
BGH zu Facebook-Datenleck: Die erste Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs sei womöglich für manche eine "Leidentscheidung", meint Rechtsprofessor Alexander Golland auf beck-aktuell zur Karlsruher Entscheidung von Mitte November zum Datenverlust bei Facebook und einem daraus entstehenden immateriellen Schadensersatzanspruchs. Denn der Nachweis (irgend-)eines Schadens bleibe erforderlich – selbst wenn dieser "nur" im Kontrollverlust bestehe. Offen blieben die konkreten Anforderungen an den Nachweis.
OLG Frankfurt/M. – Umsturzpläne/Reuß: Die WamS (Gisela Friedrichsen) schreibt über den Fortgang des Prozesses gegen die Gruppe um Prinz Reuß vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/M. Bisher sei die Beweisaufnahme den Nachweis für die Gefährlichkeit dieser "Reichsbürger" schuldig geblieben. Was dort zelebriert werde, sei nach dem gegenwärtigen Stand ein "Prozess, in dem der Ankläger dem Zeitgeist hinterher galoppiere", schreibt die Autorin. Möglich sei, dass die eigentlichen Rädelsführer nicht in Frankfurt, sondern in Stuttgart und/oder in München zu finden seien, wo gegen weitere 15 Mitglieder der Gruppe verhandelt werde.
Der Spiegel gibt einen kurzen Überblick über die bisherigen Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Gruppe Reuß. Allein in Baden-Württemberg werde danach derzeit gegen 29 Männer und 14 Frauen im Alter zwischen 22 und 72 Jahren ermittelt. Gerichtsverfahren laufen bereits gegen 26 Angeklagte an den OLGs in Frankfurt am Main, München und Stuttgart.
OVG NRW zu Sanktionen für Verkehrsverstöße: Dass die Fahrerlaubnisbehörde Verkehrssünder:innen, die keinen Führerschein besitzen, nicht das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagen kann, hat jetzt auch das Oberverwaltungsgericht NRW entschieden und sich damit der Linie anderer Gerichte, darunter dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und dem OVG Rheinland-Pfalz, angeschlossen. In den beiden zugrundeliegenden Verfahren hatten die Antragsteller ein Fahrrad beziehungsweise einen E-Roller unter Einfluss von Alkohol beziehungsweise von Drogen geführt. Daraufhin wurde angeordnet, dass die Männer auch keine fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge mehr im Straßenverkehr führen dürfen. Dafür gebe es aber keine Rechtsgrundlage, so das OVG NRW laut beck-aktuell und LTO.
LG Erfurt – Vergewaltigung mit K.O.-Tropfen: Über einen Vergewaltigungsprozess vor dem Landgericht Erfurt berichtet nun auch die Sa-SZ (Markus Laskus). Michel R. soll 17 Frauen vergewaltigt haben, Immer soll er K.O.-Tropfen in Getränke gemischt haben, um die Frauen zu betäuben. Weil er die Opfer fotografierte, seien die Parallelen zum Prozess in Avignon nicht zu übersehen. Am dritten Prozesstag hätten am Erfurter Landgericht nun mehrere Opfer ausgesagt und dabei sei deutlich geworden, wie schwer es ist, dass die Scham tatsächlich "die Seite wechselt", wie es in Avignon das dortige Opfer Gisèle Pelicot forderte. Am 23. Dezember soll das Urteil verkündet werden.
LG Berlin zu unechtem Warhol: Ein Berliner Kunstsammler wurde vom Landgericht Berlin wegen Betrugs verurteilt, weil er einen Siebdruck als Original verkaufte. Nach einer Verständigung wurde der Sammler zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Ein anderer Berliner Sammler hatte das Werk, wie LTO berichtet, gutgläubig für 770.000 Euro gekauft, die angebliche Echtheit des Werkes des US-amerikanischen Pop-Art-Künstlers Andy Warhol wurde mit einem "Fact Sheet" untermauert.
AG Niebüll zu Klimaprotest: Wegen einer Farbattacke auf ein Privatflugzeug hat das Amtsgericht Niebüll zwei Aktivistinnen der "Letzten Generation" zu sechs- beziehungsweise siebenmonatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht habe nicht den Eindruck, dass – anders als von den Angeklagten behauptet – der Ernst der Lage von der Politik bisher verkannt werde, sagte die Richterin laut LTO.
StA Hannover – korrupter Staatsanwalt: Der Spiegel (Hubert Gude) fasst die bisher bekannten Erkenntnisse zu dem Verdacht gegen den Staatsanwalt Yashar G. zusammen. Er soll im Zuge von Ermittlungen um Kokainhandel im großen Stil Bandenmitglieder vor Razzien und möglichen Verhaftungen gewarnt und dafür Schmiergelder kassiert haben. Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Auch der niedersächsische Landtag befasst sich mit dem Fall und insbesondere mit der Frage, weshalb der Staatsanwalt trotz des gegen ihn aufkommenden Verdachtes weiter in dem Verfahren ermitteln durfte.
StA Berlin – § 353d StGB/Nius: Verantwortliche des Portals Nius haben möglicherweise ein Ermittlungsverfahren zu erwarten, weil ein Gerichtsbeschluss dort im Wortlaut veröffentlicht worden war. Laut § 353d Strafgesetzbuchs ist die Veröffentlichung von Dokumenten aus laufenden Strafverfahren verboten. "Es wird derzeit geprüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt", bestätigt ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft tagesspiegel.de (Jost Müller-Neuhof).
Vergewaltigungen vor Gericht: Aus dem Vergewaltigungsprozess von Avignon sollte auch Deutschland Konsequenzen ziehen, fordert Rechtsanwältin Franziska Drohsel in der Mo-taz. Es gebe viele kleine Stellschrauben, die zusammen etwas Großes bewirken könnten. Das sei beispielsweise die Möglichkeit, opfersensibel zu vernehmen und Opfer besser zu unterstützen. Die Autorin wendet sich gegen die Haltung mancher Richter:innen, dass Opfer vor oder während eines Strafverfahrens keine Therapie machen sollten, weil dies die Aussage verfälschen würde. Dabei könne man sich in einer Therapie (zunächst) auf die Stabilisierung konzentrieren, dies tangiere die Erinnerung an die Tat nicht.
Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen am BVerfG: Über den intern so genannten "Dritten Senat" des Bundesverfassungsgerichts schreiben LTO (Sandra Lukosek und Alix Schlüter). Gemeint sind damit die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die die Verfassungsrichterinnen und -richter bei ihren Entscheidungen unterstützen. Sie haben keine Entscheidungskompetenz und nehmen an den Beratungen der Senate und Kammern nicht teil, beobachten und begleiten die Verfassungsrichterinnen und -richter aber täglich bei der Ausübung ihres Amtes und stehen mit ihnen in ständigem Austausch, heißt es im Text.
Richterin und Influenzerin Martina Flade: In der Reihe "Most wanted" von LTO (Stefan Schmidbauer) wird diesmal die Chemnitzer Jugendrichterin und Content Creatorin Martina Flade vorgestellt. Auf Instagram und YouTube gibt sie Einblicke in ihren Berufsalltag, teilt Inspirationen für eine ausgewogene Work-Life-Balance, bloggt über ihr Leben und beleuchtet Themen rund um die Justiz.
Recht in der Welt
Rumänien - Präsidentschaftswahl: Das rumänische Verfassungsgericht hat am Freitagnachmittag die Präsidentschaftswahl, die am Sonntag in die Stichwahl gehen sollte, annulliert. Im ersten Wahlgang lag überraschend der wenig bekannte Rechtsextremist und Russland-Freund Câlin Georgescu vorne. Das Gericht kam nun zum Ergebnis, sein Wahlkampf sei “das Ergebnis einer orchestrierten Manipulation von außerhalb des Landes” gewesen. Die gesamte Wahl, inklusive Nominierung und Wahlkampf. müsse wiederholt werden. Es berichten SZ (Cathrin Kahlweit) und spiegel.de.
Schweiz – Cum-Ex-Hinweisgeber Seith: Der Stuttgarter Wirtschaftsanwalt und Hinweisgeber im Cum-Ex-Komplex Eckart Seith muss sich seit Montag vor dem Obergericht Zürich verantworten. Es ist laut Mo-FAZ (Marcus Jung) die Fortsetzung eines Berufungsverfahrens, in dem Seith und zwei frühere Mitarbeiter der Basler Privatbank J. Safra Sarasin (ehemals Bank Sarasin) zum Jahresbeginn 2022 wegen des Vorwurfs der Wirtschaftsspionage und Vergehen gegen die Schweizer Bankgesetze freigesprochen worden waren.
IStGH – Krieg in Gaza/Haftbefehle: Deutschland ist verpflichtet, die Haftbefehle des IStGH gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gleich zu behandeln, meint Ex-Bundesverfassungsrichter Peter Müller in seiner Sa-SZ-Kolumne. Die rechtliche Verbindlichkeit des IStGH-Haftbefehls gegen Netanjahu könne nur in Frage stellen, wer den Geltungsanspruch des Völkerrechts insgesamt in Zweifel ziehe. Der Verpflichtung, den IStGH-Haftbefehl zu vollziehen, könne sich Deutschland daher nur durch den Austritt aus dem Römischen Statut entziehen, was rechtlich zwar möglich, politisch aber eine Katastrophe wäre, denn damit würde man einen weiteren Nagel in den Sarg einer regelbasierten internationalen Ordnung treiben.
IGH – Klimaschutz: Auf Fragen des Verfassungsblogs (Maxim Börnemann) erläutern nun auch Tejas Rao, Marie-Claire Cordonier Segger und Markus Gehring die Aufgabenstellung des Internationalen Gerichtshofs bei seinem geplanten Gutachten zu den "Pflichten der Staaten in Bezug auf den Klimawandel" und dessen Bedeutung. In der vergangenen Woche haben die Anhörungen begonnen.
Juristische Ausbildung
Verlegung des Prüfungsortes: Welche Konsequenzen es hat, wenn das Justizprüfungsamt den Ort der Klausuren kurzfristig verlegt, wie jetzt in NRW geschehen, erläutert beck-aktuell. Die eigentlich in Bielefeld zu schreibenden Klausuren müssen an diesem Mittwoch nun in Hamm bearbeitet werden. Das dürfte unter den Prüflingen für viel Aufregung gesorgt haben und bei manchen auch für umfangreiche Planänderungen: Bielefeld und Hamm sind mit dem Auto ca. eine Stunde voneinander entfernt, je nach Wohnort verlängert sich die Anreise nun also für Betroffene deutlich. Mitunter müssen sie sich sogar um eine Übernachtungsmöglichkeit kümmern.
Ergänzungsvorbereitungskurs: Wer im zweiten Staatsexamen durchfällt, muss einen so genannten "Ergänzungsvorbereitungskurs" absolvieren. Was das konkret bedeutet, erläutert beck-aktuell (Denise Dahmen) und hat dazu AG-Leiter befragt.
Sonstiges
Gewalt gegen Frauen: Zu viel Alarmismus ohne empirische Genauigkeiten beklagt Ex-Bundesrichter Thomas Fischer in seiner spiegel.de-Kolumne in Bezug auf die Presseberichterstattung zum BKA-Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten". Eine Vielzahl von Kommentatoren habe sich anscheinend die Lektüre (und das Verständnis) des Gutachtens erspart und für die Bewertung auf bewährte Trigger-Narrative zurückgegriffen: "Immer mehr" und "Immer schlimmer". Dies würde bedeuten, so Fischer, dass die seit vielen Jahren betriebene Verschärfung der Gesetzeslage und Erhöhung der Kontrolldichte sowie die Hinwendung der Rechtspolitik zum Opferschutz komplett nutzlos gewesen wären. Die Strafrechtspolitik schaufele sich durch den Alarmismus von heute stets schon die Falle von morgen.
Leni Riefenstahl: Für LTO hat sich Sebastian Felz, Vorstandsmitglied des Forum Justizgeschichte, den Dokumentarfilm von Andreas Veiel über Leni Riefenstahl angeschaut. Gezeigt wird darin auch, wie Riefenstahl juristisch gegen Kritiker ihres NS-Engagements vorging. Die Dokumentation von Veiel zeige, so das Resümee des Rezensenten: "Die Frau war eine der wichtigsten Propagandistinnen der Nationalsozialisten. Keine, die nichts wusste, sondern eine kalkulierende Person mit klarer Ideologie."
Rechtsgeschichte – Vertrauensfrage: Martin Rath blickt auf LTO zurück auf die erste sogenannte unechte Vertrauensfrage. Am 1. Oktober 1982 stand auf der Tagesordnung des Bundestags der Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, das Parlament wolle Bundeskanzler Helmut Schmidt das Misstrauen aussprechen und zu seinem Nachfolger den Abgeordneten Dr. Helmut Kohl wählen. Der Vorgang fand anschließend seinen Weg nach Karlsruhe: Im Organstreitverfahren suchten 1983 vier Mitglieder des Parlaments die Feststellung, dass die Anordnung des Bundespräsidenten nach Artikel 68 GG, den Bundestag aufzulösen, sie in ihrer Rechtsstellung als Abgeordnete verletze. Das BVerfG lehnte die Klagen unter Verweis auf einen eher formalen Begriff des Vertrauens ab.
Grüneberg mit KI: Den wichtigsten BGB-Kommentar “Grüneberg” gibt es für einen Aufpreis von 50 Euro jetzt auch mit Künstlicher Intelligenz. Die Mo-FAZ (Jochen Zenthöfer) hat die Funktion "Frag den Grüneberg" ausprobiert und bekam überwiegend richtige Antworten. Fazit: "Ein sehr überzeugender Start, eine mittlere Revolution, mit Möglichkeiten der Verbesserung."
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LTO/pf/chr
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Die juristische Presseschau vom 7. bis 9. Dezember 2024: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56059 (abgerufen am: 20.01.2025 )
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