Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Dezember 2021: Busch­mann für Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft / Anklage zu NSU 2.0 / Wire­card-Anklage im März

27.12.2021

Justizminister Marco Buschmann spricht sich für die Verantwortungsgemeinschaft aus. Die StA Frankfurt/M. hat Anklage zu NSU 2.0 erhoben. Die StA München I will Ex-Wirecard-Manager spätestens im März anklagen.

Thema des Tages

Verantwortungsgemeinschaft: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will die im Koalitionsvertrag vorgesehene Verantwortungsgemeinschaft umsetzen. Ein solches Modell könne zum Beispiel eine Lösung sein für Menschen, die im Alter ihren Partner verloren haben oder schon lange allein sind und sich fragen, ob sie den Alltag noch ohne Hilfe schaffen, wird der FDP-Politiker in der Mo-taz und auf zeit.de zitiert. Als weiteres Beispiel für eine Verantwortungsgemeinschaft nannte Buschmann zwei Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützten, die Kinder abwechselnd betreuen und sich im Alltag helfen wollen.

Das, was der neue Justizminister als Gesetz etablieren wolle, sei eine Annäherung des Rechts an eine längst gelebte Wirklichkeit, meint Simone Schmollack (Mo-taz). Dadurch werde weder die Ehe entwertet noch würden Kinder nun "weniger Verbindlichkeit" erfahren.

Rechtspolitik

Impfregister: Mit der Diskussion um ein mögliches Impfregister befasst sich jetzt auch die Mo-taz (Christian Rath). Während Österreich sein Impfregister schon 2012 startete, versandeten derartige Vorschläge in Deutschland bisher, so der Autor. Da das Impfregister in Österreich zur Kontrolle der geplanten allgemeinen Impfpflicht genutzt wird, mehren sich jetzt auch in Deutschland die Stimmen, die ein Impfregister etablieren wollen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) habe bereits signalisiert, keine grundsätzlichen Bedenken zu haben – wenn die Daten ausreichend vor Missbrauch gesichert werden.

Presseauskunftsrecht: Mit dem im Koalitionsvertrag versprochenen gesetzlichen Auskunftsanspruch für die Presse gegenüber Bundesbehörden befasst sich Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de). Wirkung hätte ein solches Gesetz für alle Bundesbehörden, vom Bundesamt für Verfassungsschutz bis zum Bundesrechnungshof, schreibt der Autor. Es führe zum Kern dessen, was ein Presse-Auskunftsanspruch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts leisten solle: Den Bürgerinnen und Bürgern amtliche Informationen zu beschaffen, die für ihre abgewogene Meinungsbildung bedeutsam sind, die ihnen ohne dieses förmliche Rechercherecht verborgen bleiben würden.

Justiz

StA Frankfurt/M. – NSU 2.0: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M. hat Anklage gegen einen Rechtsradikalen erhoben, der jahrelang Anwälte, Politikerinnen und Journalistinnen bedroht haben soll. Die Mo-SZ (Annette Ramelsberger) beschreibt den Angeklagten und erläutert, wie ihm die Ermittler auf die Schliche gekommen sind. Unter anderem analysierte das BKA die Drohschreiben, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren und im Wesentlichen über russische Server versandt wurden.

StA München I – Wirecard: Die Staatsanwaltschaft München I will spätestens Anfang März Anklage gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun und andere Verdächtige erheben. Das berichten die Mo-SZ (Klaus Ott/Jörg Schmitt) und das Hbl. Die Staatsanwaltschaft verdächtige Braun der Bilanzfälschung, des bandenmäßigen Betrugs in Milliardenhöhe, der Manipulation des Aktienkurses von Wirecard sowie der Veruntreuung von Konzernvermögen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.

BGH zu Cum-Ex: Die Mo-FAZ (Marcus Jung) blickt zurück auf die BGH-Entscheidung zum Cum-Ex-Skandal vom Sommer dieses Jahres. Die Karlsruher Richter hatten seinerzeit eindeutig festgestellt, dass die Cum-Ex-Geschäfte rechtswidrig waren, es habe sich weder um legale Gestaltungsmodelle noch um das bloße Ausnutzen einer Gesetzeslücke gehandelt. Im kommenden Jahr sei mit weiteren Strafprozessen zu rechnen, zum Beispiel dem Verfahren gegen den Anwalt und ehemaligen hessischen Finanzbeamten Hanno Berger, der derzeit in Auslieferungshaft im schweizerischen Graubünden sitzt.

OVG Nds – Wölfe: Die niedersächsischen Grünen und mehrere Umweltverbände gehen gerichtlich gegen die vor einem Jahr in Kraft getretene niedersächsische Wolfsverordnung vor, berichtet die Mo-taz (Reimar Paul). In einer Normenkontrollklage bemängelt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) jetzt unter anderem, dass die Landesregierung den Schwerpunkt auf den Abschuss von Wölfen lege, statt verstärkt in den Herdenschutz zu investieren. Außerdem wird kritisiert, dass Wölfe, die sich von Menschen genutzten Gebäuden näherten, der Verordnung zufolge bereits als auffällig gelten und verfolgt werden können. Das aber sei völlig absurd, weil Wölfe sich frei in der Landschaft bewegten, dabei zwar Menschen grundsätzlich mieden, aber nicht Gebäude.

OVG Nds zu 2G: Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Weltärztebundes, hat die 2G-Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsens kritisiert. "Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten", wird Montgomery von RND zitiert. Da maße sich ein Gericht an, etwas zu verwerfen, das sich wissenschaftliche und politische Gremien mühsam abgerungen hätten. Justizminister Marco Buschmann hat die Kritik an Richtern zurückgewiesen.

Recht in der Welt

Russland – Google und Meta: Ein russisches Gericht hat Google und Meta zu Geldstrafen in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro verurteilt, berichtet die Mo-Welt. Den Unternehmen wurde vorgeworfen, als illegal eingestufte Inhalte nicht von ihren Plattformen entfernt zu haben. Die russische Regierung gehe häufig gerichtlich gegen Internetplattformen vor, weil sie als illegal eingestufte Inhalte wie pornografisches Material oder Beiträge über Drogen und Suizid angeblich nicht löschen, heißt es im Artikel. Moskau stufe allerdings auch Beiträge, die Minderjährige dazu aufrufen, an Protesten der Opposition teilzunehmen, als illegal ein.

Sonstiges

Missbrauch in der Kirche: Der Ex-Bundesrichter und heutige Anwalt Thomas Fischer kritisiert auf spiegel.de die Aufarbeitung des kichlichen Missbrauchsskandals mit Hilfe von Anwaltskanzleien: "Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts darf nicht privat beauftragte Interessenvertreter ermächtigen, die Schuld von Angehörigen der Kirchenverwaltung an schweren Pflichtverstößen öffentlich zu behaupten, ohne dass eine rechtskräftige Feststellung von Schuld in einem hierfür vorgesehenen Verfahren stattgefunden hat."

Fernsehserie "Legal Affairs": Die Medienrechtsanwältin Nina Lüssmann hat auf LTO die neue ARD-Fernsehserie "Legal Affairs" einem Realitätscheck unterzogen und kommt zu dem Schluss, die "illegalen Methoden, die Leo Roth gelegentlich anwendet, überspannen den Bogen zwar, doch insgesamt vermittelt die Serie durchaus realistische Eindrücke aus dem Leben einer Medienanwältin".

Weihnachten und Recht: Diplomjurist Christian Peters hat für LTO gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem "Fest des Friedens" zusammengefasst.

Karpfen und Recht: Weil zu Weihnachten bekanntlich hierzulande gerne der Speisefisch verzehrt wird, hat sich Martin Rath auf LTO noch einmal eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1953 angeschaut, in der es um die Verlängerung der Pacht eines Karpfenteiches ging.

 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche LTO-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Dezember 2021: Buschmann für Verantwortungsgemeinschaft / Anklage zu NSU 2.0 / Wirecard-Anklage im März . In: Legal Tribune Online, 27.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47043/ (abgerufen am: 21.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen