Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Dezember 2021: Dis­kus­sion um Impfpf­licht / Innen­mi­nister gegen Tele­gram / Marco Busch­mann wird pampig

06.12.2021

Die Diskussionen um eine allgemeine Impfpflicht werden intensiver. Die Innenminister wollen auch Messengerdienste wie Telegram in das NetzDG einbeziehen. Der kommende Justizminister Marco Buschmann und der sächsische MP geraten aneinander.

Thema des Tages

Corona – Impfpflicht: Die künftige Regierung könne sich nicht durch einen Verweis auf die "Gewissensentscheidung" der Abgeordneten aus der Verantwortung für eine künftige Impfpflicht schleichen. Das schreibt der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Patrick Schnieder in einem Beitrag für die Mo-FAZ. Die Bundesregierung müsse hier einen sorgfältig vorbereiteten Gesetzentwurf vorlegen, eine Impfpflicht habe zu Recht einen hohen Begründungsaufwand.

Für Sara Maria Behbehani (Mo-SZ) ist die Zeit noch nicht reif, alle Menschen im Land zu einer Impfung zu verpflichten. Wie das Beispiel Bremen zeige, gebe es vorher noch andere Möglichkeiten: Bremen habe jeden Bürger mehrmals angeschrieben und zur Impfung aufgefordert. Zudem habe Bremen geprüft, wo die Infektionen besonders schnell ansteigen und dann Teams zur Impf-Aufklärung dorthin geschickt. Eine Impfpflicht wäre, wenn der Bundestag sie beschließen sollte, wieder einmal nur das billigste Mittel, um einem vernünftigen Corona-Management aus dem Weg zu gehen, so die Autorin.

Die Rechtsprofessorin Michaela Heilbronner und die wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen Lisa Marie Lührs und Leon Züllig plädieren im Verfassungsblog dafür, bei der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit einer Impfpflicht auf ein kohärentes Regelungsregime zu setzen. Im deutschen Verfassungsrecht gäbe es diesen Ansatz bereits, man könne dabei an Konsistenzerfordernisse in der BVerfG-Rechtsprechung zu Art. 3 GG oder an die jüngste Rechtsprechung zur Bundesnotbremse denken, meinen die Autor:innen. tagesschau.de (Frank Bräutigam) erläutert in Fragen und Antworten, was eine allgemeine Impfpflicht rechtlich bedeuten würde. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass eine Impfpflicht keinen Impfzwang bedeutet – es wäre nicht zulässig, dass der Staat Menschen mit körperlichem Zwang impft, etwa indem ein Polizist den Betroffenen während der Impfung festhält.

Corona – Kinderimpfung: Im Interview mit spiegel.de (Katherine Rydlink) beantwortet der Medizinrechtsprofessor Gunnar Duttge Fragen zur Haftung im Zusammenhang mit einer Impfung bei einem 5- bis 11-jährigem Kind vor der entsprechenden offiziellen Empfehlung der ständigen Impfkommission STIKO. Für Eltern bestünde bei einem sogenannten off-label-use das Risiko, Behandlungen bei Impfschäden selbst bezahlen zu müssen, wenn der Arzt keine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Erst nach der STIKO-Empfehlung und der Übernahme durch den Gemeinsamen Bundesausschuss würden etwaige Behandlungskosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Rechtspolitik

IMK-Beschlüsse: Die wichtigsten Beschlüsse der Innenministerkonferenz fassen die Sa-SZ (Marcus Balser) und LTO zusammen. So sollen Messenger wie Telegram ins NetzDG einbezogen werden, der Kampf gegen Antisemitismus soll verstärkt werden, die Bund-Länder-Krisenprävention gegen Katastrophen soll verbessert werden, der Bundestag soll eine erneute Waffenamnestie beschließen, Banken sollen Geldautomaten besser gegen Sprengung schützen. 

IMK – NetzDG und Messenger: Es sei richtig, dass die deutsche Innenministerkonferenz es jetzt für einen untragbaren Zustand erklärt hat, dass Volksverhetzung, Beleidigungen, Morddrohungen eine Plattform auf Telegram finden, meint Ronen Steinke (Sa-SZ). Es wäre nur gut, wenn man dann auch ausspräche, was es brauche, um ein unwilliges Netzunternehmen zu beeindrucken: die Drohung, notfalls seine App zu sperren.

IMK – Polizei und Corona-Kontrollen: Die Innenminister:innen haben sich laut taz.de (Christian Rath) auch darauf verständigt, dass es nun eine Hauptaufgabe der Polizei sei, die Einhaltung der Corona-Beschränkungen zu kontrollieren. Um Kapazitäten hierfür zu gewinnen, sollen zum Beispiel die Kontrollen im Straßenverkehr reduziert werden.

Marco Buschmann: In einer Talkshow hatte der designierte FDP-Justizminister Marco Buschmann den sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer zurechtgewiesen, als der von ihm Maßnahmen im Kampf gegen Hetze insbesondere im Messenger-Dienst Telegram forderte. Der Ministerpräsident möge erst einmal das Geld, das er vom Bund erhalte, in die Impfzentren stecken, so Buschmann zu Kretschmer. Da habe nicht nur ein FDP-Politiker gesprochen, der wenig Gespür dafür habe, wie sich aufrechte Demokraten gegen die Abgründe dieser Netze wehren müssten, kritisiert Jasper von Altenbockum (Sa-FAZ), es habe auch ein Oppositionspolitiker gesprochen, der offenbar Probleme habe, in der Bundesregierung anzukommen, ohne dass ihm dieser Wechsel zu Kopfe steige.

3G am Arbeitsplatz: Wie die Mo-FAZ (Marcus Jung) beschreibt, herrscht in vielen Unternehmen Unsicherheit über die Umsetzung der neuen Corona-Arbeitsschutz-Regeln. Das führe zu einer höheren Nachfrage bei Anwält:innen, die auf Arbeitsrecht und Fragen des Datenschutzrechts spezialisiert seien.

Dokumentation der Hauptverhandlung: Vehement plädiert Annette Ramelsberger (Sa-SZ) für eine audiovisuelle Dokumentation von Strafprozessen. Während in Großbritannien und Irland seit 1973 größere Verfahren aufgezeichnet würden, in Spanien seit 1986, und selbst Rumänien seit 2014 seine Prozesse audiovisuell dokumentiere, gebe es in Deutschland fast keine Möglichkeit hierzu. In Deutschland könne man noch nicht einmal die großen historischen Prozesse nachlesen. Eine "Zeitenwende" könnte aber kommen, im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, die Hauptverhandlungen künftig in Bild und Ton aufzunehmen.

Verantwortungsgemeinschaft: Kritisch beleuchtet Rechtsprofessor Arnd Diringer in der WamS die Pläne der Koalition zur Einführung einer sogenannten Verantwortungsgemeinschaft, die neben bzw. an die Stelle einer Ehe treten können soll. Überzeugt von dem Konzept ist der Autor nicht. Das Ziel, die gegenseitige Unterstützung von Menschen zu vereinfachen, sei richtig und wichtig, viele Probleme, etwa bei Auskunfts- und Vertretungsrechten oder finanzielle Fragen ließen sich allerdings auch ohne eine neue Gemeinschaftsform lösen.

Menschenrechte: Der Rechtsprofessor Pierre Thielbörger und die Doktorandin Timeela Manandhar sehen im Verfassungsblog die hohen Erwartungen, die an die Menschenrechtspolitik der künftige Ampelregierung gestellt werden, durch den Koalitionsvertrag nicht unbedingt erfüllt. Zwar gebe es vieles, das "neu und erfrischend" sei – genannt werden beispielsweise die Ausweitung von Freiheitsrechten und LGBTIQ-Rechten. Jedoch falle die Bilanz mager aus, wo Menschrechtsschutz ins Geld gehe, genauso wie dort, wo die politischen Ideologien der Parteien zur Rolle des Staates kollidieren.

TTDSG/Datentreuhänder: Rechtsprofessor Rolf Schwartmann stellt in der Mo-FAZ das am 1. Dezember in Kraft getretene Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) vor. Das neue Gesetz erstreckt beispielsweise die Geltung des Fernmeldegeheimnisses von klassischen Kommunikationsdiensten wie Telefonie und SMS auf internetbasierte Kommunikationsdienste wie E-Mail, Messenger, Voice-over-IP-Telefonie und Videokonferenzsysteme. Außerdem will die Neuregelung längerfristig Schluss mit dem sogenannten "Cookie-Banner-Terror" machen.

Justiz

BVerfG zur Bundesnotbremse: In der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht die Maßnahmen der sogenannten Bundesnotbremse für vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. In der WamS analysieren Maria Scharlau und Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die eine der Verfassungsbeschwerden unterstützt hatte, die Entscheidung. Die Richter hätten dem Gesetzgeber zwar einen "extrem weiten Spielraum" zugestanden, aber "keinen Freifahrschein ausgestellt". Die Entscheidung stelle auch nicht infrage, dass das Gericht auch in Zukunft unsere Verfassung schützen werde, das habe es oft bewiesen und werde es wieder tun. Anders sieht das Heribert Prantl (Sa-SZ). Karlsruhe habe sich nicht getraut, der Politik klare Vorgaben zu machen und sich aus der Verantwortung gestohlen. Die Corona-Beschlüsse würden der Rolle des Gerichts als Hüter der Verfassung widersprechen, so Prantl. Ein Hüter hüte, er schaue nicht einfach nur zu. Auch Rechtsprofessor Oliver Lepsius sieht auf LTO die Entscheidung sehr kritisch. Das BVerfG irre, wenn es meinen sollte, dem politischen System durch verfassungsrechtliche Abstinenz einen Dienst zu erweisen. Werde ein Themenfeld de facto politisiert und expertokratisiert, dann bedürfe es Stoppregeln.

BVerfG zur Bundesnotbremse/Schulschließungen: Rechtsprofessor Michael Wrase analysiert im Verfassungsblog das vom Bundesverfassungsgericht statuierte neue "Grundrecht auf schulische Bildung" und stellt fest, dass der Beschluss sowohl dogmatisch als auch in seiner praktischen Bedeutung – über das Schulrecht hinaus – das Potenzial habe, zu einer der "großen" Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu avancieren.

EuGH – EU-Rechtsstaatlichkeit und Finanzen: Der Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona hat in der vergangenen Woche seine Schlussanträge im Verfahren um die Klagen von Polen und Ungarn gegen die Regelungen zum Rechtsstaatsmechanismus veröffentlicht. Seiner Ansicht nach sind die neuen Regelungen, die neue Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen das Rechtstaatsprinzip einführen, mit EU-Recht vereinbar. Da die EU über eine entsprechende Kompetenz verfüge und die Verordnung auch inhaltlich den Anforderungen des Unionsrechts genüge, schlägt er vor, die von Polen und Ungarn erhobenen Klagen abzuweisen, schildert jetzt auch Rechtsanwalt Malte Symann auf LTO.

BVerfG zu Cum Ex/Warburg: In der Cum-Ex-Affäre hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerden zweier Anteilseigner der Warburg Bank gegen Urteile im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal vorige Woche wegen Unzulässigkeit abgewiesen. Die beiden Männer sehen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt, weil das Bonner Landgericht und der Bundesgerichtshof (BGH) die Aktiengeschäfte für rechtswidrig erklärt hatten. Die Kläger waren zwar in dem konkreten Fall nicht angeklagt, durch das Urteil sei ihnen aber ihr Grundrecht auf ein faires Verfahren und die Unschuldsvermutung verweigert worden. Die Karlsruher Richter verneinten in einem Fall bereits die Betroffenheit und verwiesen den anderen Beschwerdeführer zunächst an die Fachgerichte. Es berichten Sa-SZ, FAZ (Marcus Jung) und LTO.

OLG Frankfurt/M. zu Widerrufsrecht für Online-Videospiele: Das 14-tägige Widerrufsrecht gilt auch für den Kauf eines Videospiels, das erst zu einem späteren Zeitpunkt spielbar ist, hat das Landgericht Frankfurt/M. entschieden und dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Spielehersteller Nintendo Recht gegeben. Nintendo war der Auffassung gewesen, dass hier die Ausnahmeregelung greife, wonach bei digitalen Waren, die sofort nach Download nutzbar sind, ein Widerrufsrecht ausgeschlossen werden könne. Weil Nintendo den Unterlassungsanspruch des vzbv anerkannt und auf Einlegung einer Revision verzichtet habe, sei das Urteil rechtskräftig und damit die Chance auf eine höchstrichterliche Klärung vorerst vertan, schreibt die Sa-FAZ (Marcus Jung).

OLG Hamburg zu IS-Werbung: Ein 28-jähriger Mann ist nach Angaben von LTO vom Oberlandesgericht Hamburg zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden, weil er unter anderem bei Instagram Bilder, Texte und Videos veröffentlicht hatte und zum Dschihad (Heiliger Krieg) gegen Andersgläubige aufrief.

OLG Düsseldorf zu IS-Rückkehrer Nils G.: Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf vor einigen Tagen Nils G., ehemaliges Mitglied der salafistischen "Lohberger Brigade", wegen Mordes und Kriegsverbrechen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt hat, haben jetzt sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Verteidigung Revision gegen die Entscheidung eingelegt, wie die Sa-SZ meldet.

OLG Frankfurt/M. zu totem jesidischen Mädchen: Thomas Fischer erläutert auf spiegel.de die Normen des Völkerstrafgesetzbuches, nach denen in der vergangenen Woche ein Iraker wegen Mordes und Völkermordes zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Er hatte ein kleines Mädchen und dessen Mutter versklavt und das Kind verdursten lassen.

LG Frankfurt/M. zu Facebook-Kommentar gegen Klimaaktivistin: Der Autor Akif Pirinçci muss der Klimaaktivistin Luisa Neubauer eine Entschädigung in Höhe von 6000 Euro zahlen. Das hat laut spiegel.de (Max Hoppenstedt) und LTO das Landgericht Frankfurt/M. entschieden. Pirinçci hatte Neubauer im Januar 2020 auf Facebook zum Gegenstand seiner sexuellen Fantasien gemacht. Das Gericht bewertete den Beitrag als Schmähkritik und untersagte es Pirinçci, die Äußerung zu wiederholen.

VG Berlin zum Recht auf Verbraucherinformationen: Wie LTO berichtet, hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass auch eine Vielzahl von Anträgen auf Verbraucherinformationen von Behörden nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil sonst die "eigentlichen Aufgaben" nicht mehr adäquat bewerkstelligt werden können. Es ging um eine Anfrage zu lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen über die Plattform "Topf Secret". Das Bezirksamt hatte sie mit der Begründung abgelehnt, "Topf Secret" verfolge eine politische Kampagne, um Behörden lahmzulegen. Diese behauptete rechtsmissbräuchliche Absicht der Plattform konnte das Gericht jedoch nicht feststellen, vielmehr solle das zentrale Anliegen des Verbraucherinformationsgesetzes verwirklicht werden, nämlich Transparenz herzustellen.

AG München zur Reiseabbruchsversicherung und Corona: Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine Reiseabbruchsversicherung bei coronabedingter Annullierung eines Fluges nicht für die Kosten eines Ersatzfluges haftet. Der Kläger hatte eine Versicherung abgeschlossen, die bei einem Abbruch der Reise aufgrund einer Naturkatastrophe eintreten sollte und die er nun wegen der Coronapandemie in Anspruch nehmen wollte. Das Amtsgericht meinte dagegen laut LTO, dass die Corona-Pandemie mangels unmittelbarer physischer Auswirkungen, lokalem Auftreten und zeitlicher Eingrenzung keine typische Naturkatastrophe sei. Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere das öffentliche Leben, träten erst durch die staatlichen Schutzmaßnahmen ein.

Stalking-Verfahren: Der Rechtsanwalt Volkmar von Pechstaedt beklagt im Interview mit zeit.de (Hannah Bley) den "nachlässigen" Umgang der Justiz mit Stalkingopfern. Es beginne damit, dass die Kommunikation der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden katastrophal sei, manchmal würden seine Mandanten und er erst durch eine Begegnung mit dem Täter erfahren, dass dieser aus der Justizvollzugsanstalt entlassen wurde. Außerdem würden die Fälle oft jahrelang bei der Staatsanwaltschaft und den Gerichten "herumliegen". Viele der Probleme ließen sich dadurch lösen, dass man mehr qualifiziertes Personal einsetze, so Pechstaedt.

Klimaschutz vor Gericht: Die Mo-taz (Christian Rath) hat die Hamburger Rechtsanwältin Roda Verheyen dazu befragt, welche Rolle ziviler Ungehorsam im Kampf um den Klimaschutz spielen könnte und wo für sie hier die Grenzen liegen. Außerdem spricht sie über die von ihr geführten Verfahren, beispielsweise die Klage des peruanischen Bergbauern Saúl Luciano Lliuya gegen den Stromkonzern RWE, die derzeit am Oberlandesgericht Hamm verhandelt wird.

Digitalisierung der Justiz: deutschlandfunk.de (Peggy Fiebig) hat sich den aktuellen Stand der Justizdigitalisierung angeschaut. Der Einsatz von Videotechnik hat durch die Pandemie einen deutlichen Schub erfahren, an vielen anderen Stellen hapert es aber nach wie vor. Andere EU-Länder seien da schon weiter.

Recht in der Welt

Europarat/Türkei – Fall Kavala: Das Ministerkomitee des Europarates hat laut Sa-SZ, Sa-FAZ (Rainer Hermann) und LTO gegen die Türkei ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Der Europarat reagierte damit darauf, dass die Türkei ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Dezember 2019 nicht befolgt, in dem die Freilassung des Kulturmäzens Osman Kavala wegen fehlender Beweise angeordnet wurde.

Ob allerdings tatsächlich ein Ausschluss aus dem Europarat folge, sei alles andere als sicher, meint Tobias Zick (Sa-SZ). Auf dem Weg dahin habe Ankara noch diverse Gelegenheiten, Sanktionen abzuwenden – auch mithilfe möglicher Verbündeter wie Russland und Aserbaidschan, Ungarn und Polen.

Polen – Verfassungsgericht zu EMRK: Das polnische Verfassungsgericht hat vor wenigen Tagen geurteilt, dass es sich selbst nicht als Gericht im Sinne von Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sieht. Claudia Kornmeier stellt die Entscheidung auf LTO vor und beschreibt den schwelenden Konflikt zwischen Straßburg und Warschau. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Polen bereits nicht nur wegen der Besetzung des Verfassungsgerichts, sondern auch bereits mehrfach wegen einzelner Teile der Justizreform verurteilt. Zahlreiche weitere Beschwerden sind anhängig, die in Straßburg mit Priorität behandelt werden.

Sonstiges

EU-Vertragsverletzungsverfahren/EZB-Urteil: Die EU-Kommission hat das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der BVerfG-Entscheidung zu den EZB-Anleihe-Käufen eingestellt. Für Jost Müller-Neuhof (Tsp) ist das allerdings etwas zu leise über die Bühne gegangen. Die Zusagen aus Berlin seien bisher nicht bekannt gemacht worden. Es sei okay, den Konflikt leise zu beerdigen, aber dieses Begräbnis war allzu still, so Neuhof.

Anwaltskosten für kirchlichen Missbrauchsskandal: Das Bistum Köln habe in den vergangenen drei Jahren rund 2,8 Millionen Euro für Gutachter, Medienanwälte und Kommunikationsberater ausgegeben, heißt es in der Mo-SZ (Annette Zoch) und der Mo-FAZ (Daniel Deckers). So soll das erste unabhängige juristische Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) 757.500 Euro gekostet haben. Das zweite Gutachten, das von der Kanzlei Gercke verfasst wurde, habe mit 516.200 Euro zu Buche geschlagen, für weitere rechtliche Beratung habe man dann noch 588.000 Euro ausgegeben.

Rechtsgeschichte – Schwangerschaft als mildernder Umstand: Dass die Schwangerschaft zu einem "Zustand einer krankhaften Lüsternheit" führen kann, der unter Umständen als mildernder Umstand strafmindernd zu bewerten ist, haben bayerische Gerichte schon vor 200 Jahren – allerdings erst auf Intervention von König Maximilian  I. Joseph – festgestellt. Martin Rath erzählt auf LTO den damaligen Fall.

 

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lto/pf

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Dezember 2021: Diskussion um Impfpflicht / Innenminister gegen Telegram / Marco Buschmann wird pampig . In: Legal Tribune Online, 06.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46842/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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