Die juristische Presseschau vom 20. August 2020: AfD schei­tert mit Stif­tungs-Antrag / DSGVO-Ver­stoß bei Pati­en­ten­akte? / Schul­masken in Schleswig-Hol­stein

20.08.2020

Die AfD ist am BVerfG mit einem Eil-Antrag auf Finanzierung der parteinahen Stiftung gescheitert. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hält Regelungen für die elektronische Patientenakte für DSGVO-widrig und S-H führt Schul-Maskenpflicht ein.

Thema des Tages

BVerfG – AfD-Stiftung: Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag der AfD abgelehnt, mit der die Partei vom Bundestag und vom Bundesinnenministerium die Gewährung von Zuschüssen für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung verlangte. Nachdem die Karlsruher Richter im Mai 2019 eine Verfassungsbeschwerde der Stiftung nicht zur Entscheidung angenommen hatten, wurde jetzt ein Antrag der AfD verworfen. Im Rahmen eines Organstreitverfahrens könne nicht auf konkrete Leistungen geklagt werden. Auf LTO äußert Rechtsanwalt Sebastian Roßner die Hoffnung, dass die Karlsruher Richter im Rahmen der Hauptsacheentscheidung ein Gesetz zur Finanzierung der parteinahen Stiftungen fordern werden. Auch die FAZ (Alexander Haneke) und die SZ (Wolfgang Janisch) berichten über die Entscheidung.

Rechtspolitik

Geldwäsche: LTO (Hasso Suliak) widmet sich noch einmal ausführlich den Plänen des BMJV, den Geldwäscheparagrafen des StGB zu ändern. Vorgesehen ist, den Vortatenkatalog für eine Geldwäschestrafbarkeit auf alle Straftaten zu erweitern. Wegfallen soll auf der anderen Seite die leichtfertige Geldwäsche. Bei Experten stoßen die Pläne auf Kritik. Das neue Gesetz werde die ohnehin überlastete Strafjustiz mit einer unübersehbaren Anzahl von Strafverfahren belasten und damit eine effektive Geldwäschebekämpfung nicht stärken, sondern schwächen, wird beispielsweise der Münchener Wirtschaftsstrafrechtler Frank Saliger zitiert.

Unternehmenssanktionen: In einem Gastbeitrag für die FAZ kritisiert die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut den vom Bundesjustizministerium vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft und den darin enthaltenen Entwurf für ein Verbandssanktionengesetz. Das Vorhaben ziele weit über das Ziel hinaus und atme den Geist des Misstrauens. Darüber hinaus seien die vorgesehenen Sanktionen unverhältnismäßig, weil sie die Existenz ganzer Unternehmen mit sämtlichen Arbeitsplätzen gefährdeten, so die Ministerin.

Elektronische Patientenakte: Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hält die kürzlich vom Bundestag beschlossenen Änderungen beim Patientendaten-Schutz-Gesetz für nicht vereinbar mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das schreibt netzpolitik.org (Jana Ballweber)Der Datenschutzbeauftragte wendet sich vor allem gegen die Einführung der elektronischen Patientenakte in der aktuell geplanten Form. Kelber hat angedroht, dass seine Behörde aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen die gesetzlichen Krankenkassen ergreifen werde, sollte das Gesetz in seiner jetzigen Form umgesetzt werden.

Justiz

BVerfG zum Kohleausstieg: Der Essener Stromerzeuger Steag ist in Karlsruhe mit einem Eilantrag gegen das Kohleausstiegsgesetz gescheitert, wie LTO mitteilt. Das Unternehmen wollte höhere Entschädigungen für die Abschaltung von Steinkohlekraftwerken durchsetzen. Da aber mehrere Kommunen und damit insgesamt mehr als 50 Prozent der öffentlichen Hand an Steag beteiligt sind, könne sich das Unternehmen nicht auf Grundrechte berufen, so das BVerfG.

OLG Frankfurt/M. – Mord an Walter Lübcke: Vom Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder des früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke berichten spiegel.de (Julia Jüttner), SZ (Matthias Drobinski), taz (Konrad Litschko) und FAZ (Timo Steppat). Am zwölften Verhandlungstag beantwortete der Angeklagte Stephan E. Fragen der Nebenklage.

LG Berlin – Arafat Abou-Chaker: Die FAZ (Sebastian Eder) berichtet weiter vom Verfahren gegen den mutmaßlichen Berliner Clanchef Abou-Chaker und zwei seiner Brüder, die den bekannten Rapper Bushido eingesperrt, erpresst und verletzt haben sollen, als dieser 2017 die geschäftliche Beziehung zu dem Clan beenden wollte.

LG Frankfurt/M. – Tödliche Attacke am Hbf: Am Landgericht Frankfurt hat der Prozess um die tödliche Attacke auf einen acht Jahre alten Jungen am Frankfurter Hauptbahnhof begonnen. Ein 41-Jähriger soll den Jungen und seine Mutter vom Bahnsteig ins Gleisbett direkt vor einen einfahrenden Zug gestoßen haben, wobei nur die Mutter überlebte. Die Staatsanwaltschaft geht wegen eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen davon aus, dass der Angeklagte zur Tatzeit an einer schizophrenen Psychose in akuter Form litt und daher schuldunfähig gewesen sei, berichten FAZ (Anna-Sophia Lang), SZ (Marija Barišić ) und Welt (Marcel Leubecher).

LG Mannheim zu Mobilfunkpatent und Daimler: Mit der in den Fahrzeugen verwendeten Mobilfunkttechnik hat Daimler ein Patent von Nokia verletzt, hat laut LTO das Landgericht Mannheim festgestellt.

LG Berlin – AfD-Mitgliedschaft Andreas Kalbitz: Am Freitag will das Berliner Landgericht über einen Eilantrag des AfD-Politikers Andreas Kalbitz verhandeln, mit dem er erreichen will, dass die Partei ihm bis zur juristischen Klärung alle sich aus seiner AfD-Mitgliedschaft ergebenden Rechte uneingeschränkt belässt. Das meldet die taz. Möglicherweise kann bereits an diesem Tag eine Entscheidung über den Eilantrag fallen, das Gericht kann aber auch einen Verkündungstermin für einen anderen Tag festlegen.

VG Gießen zu Coronabeschränkungen an Uni: An der Universität Gießen ist die Nutzung der juristischen Bibliotheken derzeit auf Examenskandidaten beschränkt. Dagegen hatte sich ein Jurastudent im zweiten Semester gewandt, ist damit jedoch, wie LTO berichtet, vor dem Verwaltungsgericht Gießen gescheitert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die ihm die ebenfalls eingeschränkte Nutzung des universitären Sportplatzes und die Nutzung der juristischen Bibliothek erlauben sollte, wurde mit der Begründung abgelehnt, die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Einrichtungen, die auf dem Hygiene- und Maßnahmenkonzept der Uni zur Eindämmung der Corona-Pandemie beruhen, verletzten den Studenten nicht in seinen Rechten.

VG Schleswig zur Maskenpflicht an Schule: Mit seinem Widerspruch gegen die Pflicht, im Unterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, hatte ein Kieler Schüler zunächst Erfolg. Der Widerspruch gegen das Hygienekonzept der Schule habe aufschiebende Wirkung, weswegen die Verpflichtung ihm gegenüber vorläufig nicht durchgesetzt werden könne, stellte das Verwaltungsgericht in Schleswig laut LTO fest. Kurz nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wurde im gesamten Land Schleswig-Holstein eine allgemeine Maskenpflicht an Schulen eingeführt, wie ebenfalls LTO berichtet. Sie soll für alle Jahrgänge, allerdings nur außerhalb des Unterrichts gelten.

AG Frankfurt/M. zu Reiserücktritt wegen Corona: Im Interview mit der SZ (Katja Schnitzler) stellt Rechtsanwalt Paul Degott ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/M. vor, in dem es um die Kosten einer Stornierung wegen der Coronapandemie vor einer offiziellen Reisewarnung ging, und erläutert allgemein, unter welchen Bedingungen Urlauber von einer gebuchten Reise zurücktreten können.

Teilzeit an Gerichten: Wie LTO berichtet, hat das Justizministerium Nordrhein-Westfalen eine Umfrage an den Gerichten des Landes gestartet, mit der untersucht werden soll, wie eine bessere Umsetzung von Teilzeitmodellen bei Führungskräften ermöglicht werden kann. Ziel der Umfrage sei es, das Thema in das Bewusstsein aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Führungskräfte eingeschlossen – zu bringen. Man wolle herausfinden, auf welche Umstände es den Beschäftigten in der Justiz ankomme und wie das Thema in verschiedenen Altersgruppen, von Vollzeit- und Teilzeitkräften und von Führungskräften und anderen Beschäftigten wahrgenommen werde. Zudem werde auch abgefragt, inwiefern ein Interesse daran bestehe, Führungsaufgaben in Teilzeit zu übernehmen. Erste Ergebnisse werden bis Ende dieses Jahres erwartet.

Recht in der Welt

Brasilien – Schwangerschaftsabbruch: Rechtsanwalt João Victor Archegas und Doktorandin Letícia Kreuz widmen sich im Verfassungsblog nun auch der Diskussion um eine Abtreibung bei einem zehnjährigen Mädchen, das von seinem Onkel vergewaltigt wurde.

 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche LTO-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. August 2020: AfD scheitert mit Stiftungs-Antrag / DSGVO-Verstoß bei Patientenakte? / Schulmasken in Schleswig-Holstein . In: Legal Tribune Online, 20.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42543/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen