Die juristische Presseschau vom 12. August 2020: Neuer Geld­wä­sche­pa­ra­graf geplant / BVerfG zu "Alt­an­sch­lie­ßern" / SG für Anspruch auf Com­puter

12.08.2020

Die Verfolgung von Geldwäschestraftaten soll effektiviert werden. Das BVerfG nimmt Klagen ostdeutscher "Altanschließer" nicht zur Entscheidung an und das SG Mannheim billigt einem bedürftigen Schüler einen Anspruch auf einen Computer zu.

Thema des Tages

Geldwäschebekämpfung: Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf zur Neufassung des Geldwäschetatbestandes veröffentlicht. FAZ (Corinna Budras), SZ und LTO fassen die geplante Neuregelung zusammen. Während bisher nach § 261 StGB eine Geldwäsche nur dann verfolgt werden kann, wenn das fragliche Vermögen aus ganz bestimmten Straftaten wie Drogenhandel, Menschenhandel oder Schutzgelderpressung stammt, soll es in Zukunft grundsätzlich strafbar sein, kriminelle Profite zu verschleiern – unabhängig davon, durch welche Straftat das Vermögen erworben wurde.

Rechtspolitik

Sorgerecht: Auch die SZ (Wolfgang Janisch) widmet sich jetzt dem vom Bundesjustizministerium angekündigten Gesetzentwurf für eine Reform des Sorgerechts. Nach den Plänen von Ministerin Christine Lambrecht (SPD) soll der Weg zum gemeinsamen Sorgerecht vereinfacht werden. Ein unverheirateter Mann soll aber das Sorgerecht auch weiterhin nur erhalten, wenn die Mutter zustimmt. Außerdem ist eine gesetzliche Regelung für eine Mitmutterschaft bei lesbischen Eltern vorgesehen.

Urheberrecht: Ein bisher unveröffentlichtes Gutachten der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung ihr Versprechen, bei der anstehenden Umsetzung der europäischen Urheberrechtsrichtlinie auf die umstrittenen Uploadfilter zu verzichten, nicht halten können wird. Die Studie wird von der FAZ (Corinna Budras) vorgestellt.

Lieferketten und Menschenrechte: Wie das Hbl (Moritz Koch/Frank Specht) mitteilt, soll sich das Bundeskabinett am 26. August mit den Eckpunkten für das geplante Lieferkettengesetz befassen. Das Gesetz soll Unternehmen verpflichten, auch bei ihren Auslandsgeschäften dafür Sorge zu tragen, dass Lieferanten beispielsweise keine Kinder beschäftigen oder Arbeiter nicht menschenunwürdig behandeln.

Frank Specht (HBl) sieht das geplante neue Gesetz skeptisch. Der Schutz der Menschenrechte sei eine ureigene Aufgabe der Politik und die Regierung dürfe nicht von der Wirtschaft verlangen, was sie selbst nur bedingt zu leisten imstande sei.

Drohnen für die Bundeswehr? Mit der Frage, ob die Bundeswehr das Recht oder vielleicht sogar die Pflicht hat, die Streitkräfte mit bewaffneten Drohnen auszustatten, befasst sich der Staats- und Völkerrechtler Christian Richter im FAZ-Einspruch.

Arbeitsschutz in der Fleischindustrie: Auf Handelsblatt-Rechtsboard fasst Rechtsanwalt Michael S. Braun die vorgesehenen Neuregelungen für einen besseren Arbeitsschutz in der Fleischindustrie zusammen. Herzstück ist das Verbot von Werkverträgen und der Arbeitnehmerüberlassung.

Homeoffice und Steuer: Der Bund der Steuerzahler fordert laut FAZ (Corinna Budras) großzügigere Regelungen für die steuerliche Berücksichtigung vom Homeoffice. "Auch diejenigen, die nur eine provisorisch eingerichtete Arbeitsecke haben oder am Küchentisch tätig werden und ihre Firma am Laufen halten, sollten hier eine steuerliche Anerkennung bekommen", wird Verbandspräsident Reiner Holznagel zitiert.

Suizidhilfe: Laut SZ plant das Bundesgesundheitsministerium offenbar keine rasche Neuregelung zur Suizidhilfe. Derzeit würden nach Angaben des Ministeriums zunächst die 52 eingegangenen Stellungnahmen verschiedener Verbände, Institutionen und von Vertretern der Wissenschaft gesichtet.

Insolvenzantragspflicht: Der DIHK-Präsident Eric Schweitzer kritisiert die Pläne des Bundesjustizministeriums, die Insolvenzantragspflicht weiter bis Ende März 2021 auszusetzen. Damit würden einseitig die Gläubiger belastet und Unternehmen gefährdet, wird er auf LTO zitiert. Auch Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands spricht sich dafür aus, die ausgesetzten Insolvenzantragspflichten zum 30. September endgültig auslaufen zu lassen.

Justiz

BVerfG zu "Altanschließern": LTO (Christian Rath) erläutert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die Verfassungsbeschwerden sogenannter Altanschließer in Ostdeutschland. Es geht um Kosten, die Grundstückseigentümer nach der Wende gezahlt hatten, obwohl sie bereits an die Kanalisation angeschlossen waren und die die "Altanschließer" zurückgezahlt haben wollten. Das Karlsruher Gericht hat nun die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Unterschiedliche Gerichtsentscheidungen zur Verjährung von Beitragsbescheiden seien im Rechtstaat hinzunehmen.

BGH zu Doc-Morris-Verkaufsapotheken: Auch weiterhin darf die niederländische Versandapotheke Doc Morris keine Verkaufs-Automaten in Deutschland betreiben. Das hat laut LTO der Bundesgerichtshof entschieden und mehrere entsprechende Nichtzulassungsbeschwerden abgewiesen. Wenn Arzneimittel zunächst ohne konkrete Bestellung gelagert und dann auf Kundenwunsch abgegeben werden, sei dies kein Versand an den Endverbraucher.

OLG Schleswig zur Ermittlungsdauer gegen Datenschützerin: Das Oberlandesgericht Schleswig hat, wie LTO meldet, festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft Kiel zu lange gegen die Landesdatenschutzbeauftrage Marit Hansen ermittelt hat. Insgesamt untersuchte die Staatsanwaltschaft fast vier Jahre den Vorwurf des Betruges gegen Hansen, bevor das Verfahren im Juni 2019 wegen geringer Schuld und mangelndem öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung eingestellt wurde. Mit der Einstellung verbinde sich kein Schuldnachweis, erläuterte das Gericht seinerzeit.* Eine finanzielle Entschädigung sei mit der Entscheidung des OLG aber nicht verbunden, Hansen habe mit der gerichtlichen Feststellung der überlangen Verfahrensdauer und dem Verfahren vor dem Senat hinreichende Genugtuung erfahren, befand das Gericht.

GenStA Berlin – rechtsextreme Anschläge Neukölln: Der Rechtsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus will sich am Mittwoch mit der Übernahme der staatsanwaltlichen Ermittlungen zu einer mutmaßlich rechtsextremistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln durch die Generalstaatsanwaltschaft befassen. Wie LTO meldet, will die oppositionelle CDU von Generalstaatsanwältin Margarete Koppers wissen, warum zwei bislang ermittelnde Staatsanwälte abgelöst wurden. An ihrem Vorgehen ist in den vergangenen Tagen Kritik geübt worden, der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt hat Koppers verteidigt. Die taz (Jareth Joswig) fasst die bisherigen Ereignisse noch einmal zusammen.

StA Frankfurt/M. – Geldwäsche und Steuerhinterziehung: Über mehrere Razzien, die Beamte des Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt durchgeführt haben, berichtet die FAZ (Marcus Jung/Markus Frühauf). In einem der Fälle wurden die Geschäftsräume eines Im- und Exportunternehmens in Brandenburg und die Wohnung eines Beschuldigten durchsucht. Ihm wird vorgeworfen, über ein Geldwäschenetzwerk betriebsfremde Zahlungen für Privatpersonen in Russland abgewickelt zu haben. In einem anderen Komplex ermitteln die Strafverfolger aus Frankfurt gemeinsam mit dem BKA gegen deutsche Kunden einer Bank mit Sitz in Puerto Rico wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

SG Mannheim zu Computer für Schüler: Wie die FAZ (Marcus Jung) meldet, hat das Sozialgericht Mannheim einem Gymnasiasten, der mit seiner Mutter in einer Sozialgemeinschaft lebt, einen Zuschuss für einen Computer zugesprochen. Ein PC gehöre heutzutage zum Existenzminimum, ein Zuschuss von bis zu 300 Euro sei daher zu zahlen, so das Gericht.

VG Aachen zu Wasserwerfer: LTO (Pia Lorenz) erzählt die Geschichte eines ausgemusterten Hamburger Wasserwerfers, den das Verwaltungsgericht Aachen jetzt endgültig stillgelegt hat. Vor allem in der linken Szene war der Oldtimer aus dem Baujahr 1963 beliebt, vor allem wegen seines Kennzeichens "AC AB".

AG Tiergarten zu Polizistenbeleidigung: Laut LTO hat das Amtsgericht Tiergarten den Berliner Clan-Chef Issa R. vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Es sei nicht auszuschließen, dass der 53-Jährige einen seiner anwesenden Söhne und nicht den Beamten beschimpfte, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Recht in der Welt

USA – Uber und Lyft: Ein kalifornisches Gericht hat die beiden Fahrdienstleister Uber und Lyft verpflichtet, ihre Fahrer als Mitarbeiter und nicht als selbstständige Dienstleister zu beschäftigen, schreibt die FAZ (Roland Lindner). Die beiden Unternehmen haben umgehend angekündigt, Berufung einzulegen.

Das sei ein herber Rückschlag für Uber und Lyft, meint Sven Astheimer (FAZ). Politik, Justiz und Gesellschaft in Amerika würden das Argument von Plattformen immer weniger akzeptieren, sie seien lediglich technischer Betreiber und hätten mit dem inhaltlichen Geschehen wenig zu tun.

Nigeria – Verurteilung wegen Blasphemie: Die taz (Katrin Gänsler) berichtet über die Verurteilung eines 22-jährigen nigerianischen Musikers zur Todesstrafe. Ihm wurde Blasphemie vorgeworfen, weil er einen Sufi-Imam so gelobt hatte, dass er ihn faktisch über den Propheten Mohammed stellte.

Juristische Ausbildung

Ordnung muss sein: LTO (Sabine Olschner) gibt Tipps, wie man während des Jurastudiums den Überblick über die zahlreich anfallenden Unterlagen behält.

Sonstiges

Corona-Maßnahmen: Im Interview mit der Welt (Kaja Klapsa) erläutert der Verfassungsrechtler Stephan Rixen den Spielraum, den der Staat bei künftigen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus hat und wo bisher Fehler gemacht wurden. So hält er beispielsweise die anfängliche vollständige Aufhebung der Versammlungsfreiheit für übertrieben.

Gehaltsdeckelung für Profifussballer: Rechtsanwalt Stefan Schreiber beschreibt in der FAZ sogenannte Salary Caps, Gehaltsobergrenzen für den Profifussball, die bisher allerdings von der EU-Kommission für nicht vereinbar mit dem Kartellrecht gehalten werden. In der amerikanischen Baketballliga existiert ein solches System bereits, jeder Club in der aktuellen Saison darf nicht mehr als 109 Millionen Dollar für Spielergehälter ausgeben.

 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche LTO-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

*Satz eingefügt am 12.08.2020, 12:10h (tap)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. August 2020: Neuer Geldwäscheparagraf geplant / BVerfG zu "Altanschließern" / SG für Anspruch auf Computer . In: Legal Tribune Online, 12.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42469/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen