Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Mai 2019: Schlag gegen Dar­knet-Platt­form / ­Sat­zungs­ver­samm­lung zur Robenpf­licht / 70 Jahre Grund­ge­setz

06.05.2019

Die Betreiber der illegalen Darknet-Plattform "Wall Street Markets" wurden festgenommen. Außerdem in der Presseschau: BRAK-Satzungsversammlung soll über Antrag zur Abschaffung der Robenpflicht entscheiden und das Grundgesetz wird bald 70.

Thema des Tages

GStA Frankfurt/M. – Schlag gegen Darknet-Plattform: Den Ermittlern der hessischen Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) ist gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt ein weiterer Schlag gegen eine illegale Darknetplattform gelungen. Ende vergangener Woche wurden die Betreiber von Wall Street Markets, über die insbesondere Drogen gehandelt wurden, verhaftet. Die Mo-FAZ (Thiemo Heeg/Marcus Jung) beschreibt, wie illegale Plattformen im Darknet funktionieren und wie die Ermittler dagegen vorgehen.

Ronen Steinke (Sa-SZ) sieht den jetzigen Erfolg allerdings nur als Ausnahme, denn anders als die ZIT seien zu viele Staatsanwaltschaften noch nicht auf den digitalen Wandel eingestellt. Reinhard Müller (Sa-FAZ) erinnert daran, dass Darknet-Seiten auch für Regimekritiker die notwendige Anonymität bieten. Das Internet könne so oder so genutzt werden, so Müller, und jeweils entsprechend würde auch die Reaktion des Staates ausfallen.

Rechtspolitik

§ 219a: Die FDP-Fraktion im Bundestag will, anders als die Grünen und die Linken, nun doch nicht gegen die Neufassung des § 219a StGB zur Werbung für Schwangerschaftsabbruch beim Bundesverfassungsgericht klagen. Wie die Sa-taz meldet, hatte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae die Erfolgsaussichten prüfen lassen und will auf Basis dessen seiner Fraktion nicht zu einer Klage raten. Allerdings kämen Linke und Grüne ohne die FDP nicht auf die für einen Normenkontrollantrag notwendigen 25 Prozent der Abgeordneten des Bundestagsheißt es in der Zeitung.

"Geordnete-Rückkehr-Gesetz": Wie der Spiegel (Wolf Wiedmann-Schmidt) meldet, übt der Nationale Normenkontrollrat heftige Kritik am Entwurf für das so genannte "Geordnete-Rückkehr-Gesetz". Vor allem die Umstände seiner Entstehung werden in der Stellungnahme des Gremiums kritisiert, heißt es im Spiegel. Obwohl es keine akute Krisensituation mehr gebe, gleiche die Gesetzgebung zur Migration nach wie vor einem Ad-hoc-Reparaturbetrieb. Darunter drohe die Qualität der Gesetze zu leiden.

Einbürgerungsrecht: Wie die WamS (Manuel Bewarder) meldet, wurde aus dem Gesetzentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Passus, der eine Einbürgerung von Ausländern, die in Mehrehe leben, verbieten sollte, auf Drängen des Bundesjustizministeriums gestrichen. Allerdings soll das Verbot jetzt in einem anderen Gesetz untergebracht werden, hat das Bundesinnenministerium laut WamS angekündigt.

Europapolizei zur Geldwäschebekämpfung: Laut Mo-SZ (Markus Zydra) hat sich der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold für eine europäische Behörde zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Geldwäsche und Steuerbetrug ausgesprochen. Der Kampf gegen Geldwäsche liege immer noch in den Händen der einzelnen EU-Staaten, heißt es im Artikel. Der Skandal um die dänische Danske-Bank mache deutlich, dass internationale Geldwäsche von nationalen Behörden kaum eingedämmt werden könne.

Organspenderecht: Der Spiegel (Cornelia Schmergal) berichtet über einen fraktionsübergreifenden Alternativvorschlag mehrerer Abgeordneter zu der von CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in die Diskussion eingebrachten Widerspruchslösung. Ein bundesweites Onlineregister soll danach künftig beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information eingerichtet werden, in das sich Organspender mit einem gesicherten Zugang eintragen können. Außerdem soll die Aufklärung verbessert werden.

Europäisches Urheberrecht: Der Wirtschaftsprofessor Torsten J.Gerpott erläutert in der Sa-FAZ noch einmal die jetzt finalen Neuregelungen zum Europäischen Urheberrecht und widmet sich dabei insbesondere dem danach notwendigen Einsatz von Software-Systemen zur Vermeidung illegaler Uploads, den sogenannten Uploadfiltern. Außerdem geht er auf die Frage ein, warum die von deutscher Seite angefügte Protokollnotiz nicht umsetzbar sein wird.

Strafprozessordnung – Befangenheitsanträge: Einer Meldung des Spiegel (Ralf Neukirch) zufolge, will die Bundesregierung die Strafprozessordung ändern. Demnach soll ein Prozess künftig bis zu zwei Wochen lang weitergeführt werden können, auch wenn noch nicht über eine mögliche Befangenheit eines Richters entschieden worden ist. Falls der Richter abgelehnt wird, müssten die Prozesstage, die seit dem Befangenheitsantrag vergangen sind, wiederholt werden.

Justiz

StA Gera – Überprüfung von Zschächner-Verfahren: Wie lto.de meldet, sollen nach massiver öffentlicher Kritik am Geraer Staatsanwalt Martin Zschächner vier seiner Verfahren nachträglich überprüft werden. Dem Staatsanwalt wird vorgeworfen, mit besonderem Eifer linke Projekte und Gruppen ins Visier zu nehmen.

OLG Stuttgart – Verfahren gegen IS-Rückkehrerin: Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hat der Prozess gegen eine mutmaßliche IS-Terroristin begonnen. Die 32-Jährige soll in Syrien einen hochrangigen IS-Kämpfer geheiratet haben und in mehreren Internetblogs für das Leben beim IS geworben haben. lto.de und WamS (Ibrahim Naber) berichten über den Prozessauftakt.

BVerfG – Kirchliches Arbeitsrecht: Die evangelische Diakonie hat gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im Fall Egenberger Verfassungsbeschwerde erhoben. Es geht in dem Verfahren um die grundsätzliche Frage, inwieweit die Kirchen nach der Konfessionszugehörigkeit differenzieren dürfen und welche Kontrollbefugnisse dabei den staatlichen Gerichten zukommen und vor allem geht es um einen möglichen Konflikt mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Rechtsprofessor Heiko Sauer meint auf verfassungsblog.de, dass der Spielraum für die Karlsruher Richter möglicherwiese eingeschränkt ist, weil der EuGH sich bereits im Rahmen eines Vorlageverfahrens mit dem Fall befasst hatte und die dort beantworteten Fragen daher einer erneuten Prüfung durch das BVerfG entzogen sein könnten.

EuGH zu Ceta: Akademischer Rat Till Patrik Holterhus erläutert auf verfassungsblog.de die aus seiner Sicht wichtigsten Aspekte des EuGH-Gutachtens zur Unionskonformität des Ceta-Übereinkommens. So hat der EuGH festgestellt, dass das auswärtige Handeln der EU nicht nur in formeller, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht vollumfassend und ohne Einschränkung den Anforderungen des Unionsrechts unterfällt und durch den EuGH insoweit auch vollumfassend geprüft wird. Besonders kritisch sieht der Autor die Auffassung des EuGH, dass völkervertragliche Vereinbarungen bereits dann unzulässige Beeinträchtigungen der Autonomie der Unionsrechtsordnung darstellen, wenn sie auf völkerrechtlicher Ebene eine Befugnis begründen, das innerhalb der EU im demokratischen Prozess beschlossenen Schutzniveau in öffentlichen Belangen einer sanktionsbewehrten Kontrolle zu unterziehen.

VG Berlin – Familiennachzug bei volljährigen subsidiär Schutzberechtigten: Wird ein minderjähriger subsidiär Schutzberechtigter volljährig, besteht kein Anspruch auf Familiennachzug mehr. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin laut lto.de in zwei Verfahren entschieden und grenzt damit minderjährige subsidiär Schutzberechtigte von Flüchtlingen ab, bei denen es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auf den Zeitpunkt des Asylantrages ankomme, während in den Berliner Fällen auf den Zeitpunkt des Nachzugsantrages abgestellt wurde.

Recht in der Welt

Türkei – Cumhuriyet-Verfahren: Rechtsprofessorin Bertil Emrah Oder widmet sich auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) dem Cumhuriyet-Verfahren als weiterem Beispiel für den mangelnden Schutz der Pressefreiheit in der Türkei. Sie kritisiert die Verzögerungstaktik des türkischen Verfassungsgerichtes und das Schweigen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auf die Beschwerden der Cumhuriyet-Journalisten.

Ukraine – Präsidentschaftswahl: Rechtsprofessorin Alina Cherviatsova schaut sich auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache ) an, wie es in der Ukraine nach der Wahl von Wolodymyr Selensky zum neuen Präsidenten weitergeht.

Sonstiges

Satzungsversammlung – Robenpflicht: Die Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer befasst sich in ihrer heutigen Sitzung mit der Abschaffung der Robenpflicht. lto.de (Pia Lorenz) erläutert die Beweggründe der hinter dem Antrag stehenden Dresdner Allgemeinanwältin Antje Steinhäußer.

Arbeitszeitmodelle in Wirtschaftskanzleien: Die international tätige Wirtschaftskanzlei Rose und Partner hat zum 1. Mai die Arbeitszeit der bei ihr tätigen Mitarbeiter und Anwälte reduziert. Letztere arbeiten künftig nur noch 36 Stunden pro Woche – ohne Gehaltskürzungen. lto.de (Anja Hall) stellt im Interview mit dem Kanzleigründer das Modell vor. Die FAS (Corinna Budras) beschreibt an einem Beispiel aus der Kanzlei Oppenhoff, dass Jobsharing-Modelle auch in großen Wirtschaftskanzleien funktionieren können.

70 Jahre Grundgesetz: In wenigen Wochen wird das Grundgesetz 70 Jahre alt. lto.de würdigt das Jubiläum mit einer Artikelreihe über die wichtigsten Grundrechte, ihre Entwicklung und ihre Bedeutung gestern und heute. Den Auftakt bilden Art. 18 – Grundrechtsverwirkung (Marcel Schneider) und Art. 19 Abs. 4 – Rechtsschutzgarantie von Rechtsprofessor Klaus F. Gärditz. Der Spiegel (Dirk Kurbjuweit) erinnert nicht nur an das Jubiläum des Grundgesetzes, sondern auch an jenes der Weimarer Verfassung.

Die Sa-SZ widmet der Verfassung einen Sonderteil, der u.a. folgende Beiträge enthält: Kurt Kister und Robert Probst beschreiben jeweils historische Aspekte des Grundgesetzes, Cornelius Pollmer schaut sich an, wie sich nach der Wiedervereinigung der Alternativentwurf des Runden Tisches auf eine neue gesamtdeutsche Verfassung hätte auswirken können. Wolfgang Janisch erläutert verschiedene Anwendungsfälle bei denen sich die Karlsruher Richter mit der Menschenwürde in Art. 1 des Grundgesetzes zu befassen hatten: Von den Rechten eines Straftäters über das Abhören von Wohnungen bis hin zu der Frage, wie hoch das Existenzminimum sein muss, um ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Ronen Steinke erklärt, warum Art. 2 verlangt, dass es für jede Freiheitsbeschränkung eine Begründung geben muss und wie sich das in der Entscheidung zum so genannten Dritten Geschlecht ausgewirkt hat. Außerdem erzählen Ulf Buermeyer und Nora Markard im Gespräch mit Ferdos Forudastan und Ronen Steinke, wie sie mit der von ihnen gegründeten Gesellschaft für Freiheitsrecht mit juristischen Mitteln für die Einhaltung der Grundrechte kämpfen. Karin Janker porträtiert die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth und die 50 Jahre jüngere Publizistin Kübra Gümüşay in ihrem Einsatz um die in Art. 3 garantierte Gleichberechtigung. Weitere Artikel zu Art. 3 befassen sich mit der Chancengleichheit im Bildungssystem (Susanne Klein) und mit der Notwendigkeit den Begriff der "Rasse" zu streichen (Deniz Aykanat). Außerdem gibt es einen Beitrag zur Religionsfreiheit des Art. 4 (Matthias Drobinski) und Heribert Prantl betont die große Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5. Die Meinungsfreiheit ist für die Demokratie "schlechthin konstitutiv", zitiert Letzterer aus dem Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Joachim Käppner erzählt die Auseinandersetzungen um die akustische Wohnraumüberwachung - den "Großen Lauschangriff" - die vor 15 Jahren in der entsprechenden Entscheidung in Karlsruhe vorläufig endeten. Ein weiterer Beitrag von Ferdos Forudastan widmet sich dem Asylrecht im Art. 16a und Heribert Prantl beschreibt, wie die Rechtsweggarantie des Art. 19 in der Wirklichkeit funktioniert, manchmal aber sehr lange dauert. In einem weiteren Text berichtet Wolfgang Janisch über den Musikerstreit zwischen Moses Pelham und der Gruppe Kraftwerk um das Sampling eines Musikschnipsels von zwei Sekunden. Oliver Das Gupta befasst sich mit den bisher drei Parteiverbotsverfahren in Karlsruhe. Karoline Meta Beisel hat sich mit der Europarechtsprofessorin Anna Katherina Mangold über die Grenzen nationaler Souveränität unterhalten. In einem weiteren Text von Wolfgang Janisch geht es um die hohe Reputation, die das Bundesverfassungsgericht nach wie vor genießt und abschließend spricht der frühere Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm im Interview mit Ferdos Forudastan und Wolfgang Janisch, darüber, wie das Grundgesetz zu dem geworden ist, was es heute ist und wo man etwas ändern könnte.

Radarfallen: Der Spiegel (Dietmar Hipp) erläutert neue technische Möglichkeiten, die es ertappten vermeintlichen Temposündern ermöglichen würden, ihre Unschuld zu beweisen.

Handhygiene: Anlässlich des gestrigen Welttages der Handhygiene befasst sich Martin Rath auf lto.de mit den juristischen Folgen unterlassener Reinigung der Hände insbesondere, aber nicht nur, im medizinischen Bereich.

 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche LTO-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Mai 2019: Schlag gegen Darknet-Plattform / Satzungsversammlung zur Robenpflicht / 70 Jahre Grundgesetz . In: Legal Tribune Online, 06.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35199/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen