Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Dezember 2017: Rechts­staats­ver­fahren gegen Polen/Eini­gung auf Geld­wä­sche­richt­linie/rus­si­scher Ex-Minister ver­ur­teilt

18.12.2017

An diesem Mittwoch wird wohl das Rechtsstaatsverfahren gegen Polen eingeleitet. Außerdem in der Presseschau: In Brüssel wurde die neue Geldwäscherichtlinie beschlossen und Alexej Uljukajew wurde zu Lagerhaft und Geldstrafe verurteilt.

 

Thema des Tages

Polen – EU will Rechtsstaatsverfahren einleiten: Die EU Kommission will gegenüber Polen den Artikel 7 EUV zur Anwendung bringen. Das berichtet u.a. die Samstags-FAZ (Hendrik Kafsack/Michael Stabenow u.a.), lto.de und zeit.de. Es heißt, dass sich während des Gipfeltreffens der Europäischen Union am Freitag in Brüssel die Anzeichen verdichtet hätten, dass die EU-Kommission am kommenden Mittwoch das Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen wegen schwerwiegender und andauernder Verstöße gegen Grundwerte einleiten werde. Anlass der wohl bevorstehenden Maßnahmen sind die Reformen des polnischen Rechtssystems, die nach Auffassung der EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz aufheben. In einem separaten Artikel in der Samstags-FAZ (Konrad Schuller) wird der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zitiert, der meint, dass jedes Land das Recht habe, seine Justiz zu reformieren.

Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) meint, dass dieser Schritt nicht unterschätzt werden dürfte. Zum einen gebe der Beschluss die Möglichkeit, den finanziellen Druck auf Polen zu erhöhen und andererseits müssten sich an dieser Stelle auch die anderen Mitgliedstaaten eindeutig positionieren.

Rechtspolitik

Abschaffung § 219a StGB: Die Samstags-taz (Hanna Voss) informiert über die Gesetzesinitiative mehrerer Bundesländer für eine Streichung des § 219a StGB, der die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Der brandenburgische Justizminister Stefan Ludwig (Die Linke), einer der Unterstützer des Antrags, meinte, dass, wenn Abtreibungen unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland strafffrei seien, dies auch bedeute, dass Informationsbeschaffung und -bereitsstellung möglich sein müssten. Parallel zur Bundesratsinitiative arbeiten SPD, Linke und Grüne auch im Bundestag derzeit an Gesetzentwürfen zur Streichung des § 219a oder haben diese bereits vorgelegt. Die Unionspartien dagegen wollen § 219a StGB erhalten, die FDP will keine komplette Abschaffung, aber eine Änderung der Regelung.

5. EU-Geldwäscherichtlinie: Wie die Montags-SZ (Alexander Mühlhauer) mitteilt, haben sich die EU-Mitgliedstaaten mit dem Parlament und der Kommission auf die überarbeitete EU-Geldwäscherichtlinie geeinigt. Wer ein berechtigtes Interesse vorweisen kann, soll künftig Zugang zu den nationalen Registern der wirtschaftlichen Eigentümer aller in der EU tätigen Unternehmen erhalten. Damit könnten, heißt es im Beitrag, auch Journalisten und Nichtregierungsorganisationen Einblick in die Eigentumsverhältnisse sogenannter Trusts bekommen, wie sie etwa durch die "Panama Papers" aufgeflogen seien. Die Richtlinie muss nach der formellen Annahme innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden.

E-Privacy-Richtlinie: Das Hbl (Dana Heide) stellt die Kritikpunkte der Medien- und Werbebranche an der derzeit auf EU-Ebene diskutierten E-Privacy-Richtlinie dar. Im Wesentlichen geht es dabei um die vorgesehenen Einschränkungen bei der Nutzung von Cookies und anderen Tracking-Instrumentarien. Nutzer sollen künftig schon in den Browsereinstellungen ihre Zustimmung zum Einsatz von Cookies verweigern können. Mit dem Vorschlag werde das Geschäftsmodell der ganzen Online-Branche in Frage gestellt, fürchtet Hans Demmel, der Vorsitzende des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien. Die Hauptgeschäftsführer der deutschen Verlegerverbände Stephan Scherzer und Dietmar Wolff warnen vor dramatischen Auswirkungen auf die Finanzierung von professionellem Journalismus in der digitalen Welt.

Letzte Bundesratssitzung 2017 – PKW-Maut, Kaffeefahrten u.a.: Die Samstags-SZ (Markus Balser) gibt einen Überblick über die letzte Bundesratssitzung in diesem Jahr am vergangenen Freitag. Die Länderkammer hat unter anderem die Pläne Bayerns zur Rettung der PKW-Maut abgelehnt und einen Entwurf für ein Verbot von Glyphosat in Grünanlagen öffentliche Verkehrsflächen und Einrichtungen wie Kitas in die Ausschüsse verwiesen. Beschlossen wurden Gesetzentwürfe zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Kaffeefahrten und zum Wohneigentumsrecht.

Arbeitsrecht: In einem Gastbeitrag für die Montags-SZ befasst sich Rechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer mit den aus seiner Sicht wichtigsten arbeitsrechtlichen Kernforderungen der SPD – dem generellen gesetzlichen Anspruch auf verringerte befristete Arbeitszeit und der Streichung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen. Er lehnt beide Forderungen ab – der generelle Teilzeitanspruch würde insbesondere kleine und mittlere Unternehmen belasten und die sachgrundlose Befristung habe eine wichtige Brückenfunktion in unbefristete Arbeitsverhältnisse.

Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung in Berlin: Das im Sommer am Berliner Bahnhof Südkreuz gestartete Politprojekt zur automatischen Gesichtserkennung wird um weitere sechs Monate verlängert. Das hat, wie lto.de (Annelie Kaufmann) berichtet, Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Freitag vor Ort angekündigt. Der Minister stellte auch in Aussicht, zeitnah eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz entsprechender Systeme zur Gesichtserkennung auf Bahnhöfen und an Flughäfen zu prüfen. Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat sich erneut gegen eine solche automatische Gesichtserkennung ausgesprochen. Eine umfassende Überwachung verstoße gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. "Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen gescannt werden, greift der Staat schwerwiegend in Grundrechte ein," wird DAV-Präsident Ulrich Schellenberg zitiert.

Einzelhandel für Strafverschärfung bei Ladendiebstahl: Laut Montags-FAZ fordert der Handelsverband Deutschland härtere Strafen für Ladendiebe. "Während die Übergriffe mit immer größerer krimineller Energie ausgeführt werden, hat sich in der Branche der Eindruck verfestigt, dass dem Staat der Wille zur Rechtsdurchsetzung fehlt und er die Fälle ignoriert oder bagatellisiert", wird Verbandsvertreter Peter Schröder zitiert. Die Mindeststrafe soll nach Vorstellungen des Verbandes von derzeit drei Monaten auf ein Jahr Gefängnis heraufgesetzt werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Dezember 2017: Rechtsstaatsverfahren gegen Polen/Einigung auf Geldscherichtlinie/russischer Ex-Minister verurteilt . In: Legal Tribune Online, 18.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26071/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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