Die juristische Presseschau vom 26. Oktober 2017: Peter Steudtner kommt frei / Abstim­mung über ePri­vacy / DAV-Prä­si­dent kri­ti­siert Erdoğan

26.10.2017

Recht in der Welt

Türkei – Kritik am Rechtssystem: In einem Gastbeitrag für die taz kritisiert Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, den Umgang der türkischen Regierung mit den Rechtsanwälten des Landes. Präsident Erdoğan zersetze nicht nur die Justiz, was bei Richtern und Staatsanwälten begonnen habe, habe längst die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erreicht. Schellenberg beklagt, dass wer einen vermeintlichen Terroristen verteidige oder berate, selbst zum Terroristen erklärt werde. Damit bereite die Regierung Erdoğan einen Nährboden der Angst, auf dem es unmöglich sei, für die Rechte der Menschen in der Türkei zu kämpfen.

EGMR/Türkei – Fall Deniz Yücel: Wie die taz meldet, hat die Türkei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Verlängerung der Stellungnahmefrist im Fall Yücel beantragt. Yücel klagt gegen seine Inhaftierung und macht dabei eine Verletzung seiner Rechte auf Freiheit und Sicherheit sowie auf Meinungsfreiheit geltend, heißt es im Artikel. Die Stellungnahmefrist war in der Nacht auf Mittwoch abgelaufen.

Spanien – Katalonien: Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont verzichtet auf einen Auftritt vor dem spanischen Senat, der voraussichtlich am morgigen Freitag über die Anwendung des Verfassungsartikels 155 abstimmen wird. Gegenüber der FAZ (Hans-Christian Rößler, Zusammenfassung auf faz.net) wurde die Absage damit begründet, dass das Verfahren nach Artikel 155 und damit die Übernahme der Regierungsgewalt in Katalonien durch die Zentralregierung ohnehin bereits feststehe. In einem Gastbeitrag für die "Staat und Recht"-Seite der FAZ legt Rechtsprofessor Bardo Fassbender dar, dass die EU in der Katalonien-Krise ihrem Anspruch, eine "Bürgerunion" zu sein, nicht gerecht werde. "Seit seinen Anfängen" habe sich das EU-Recht durch seine „unmittelbare Geltung“ ausgezeichnet und so auch EU-Bürgern einklagbare Rechte vermittelt. Demgegenüber verteidige die EU im jetzigen Konflikt "wie eine Organisation alten Stils" allein die Position des spanischen Zentralstaates und lasse dabei auch den grundsätzlichen Vorrang von EU-Recht "vor dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten (unter Einschluss des Verfassungsrechts)" außer Acht. Rechtsprofessor José Luis Martí aus Barcelona erläutert auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) ebenfalls die neuesten Entwicklungen im Katalonien-Konflikt. Er bezeichnet sowohl die Bemühungen um ein Unabhängigkeitsreferendum als auch die polizeilichen Eingriffe als demokratisch illegitim und befürchtet weitere Zuspitzung des Konflikts, sollte die Zentralregierung weiterhin an dem Vorhaben festhalten, Kataloniens Autonomierechte zu beschneiden.

Vereinte Nationen – Menschenrechte/Unternehmen: Vertreter von 80 Ländern und einigen hundert Nichtregierungsorganisationen beraten gegenwärtig beim Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen über ein Abkommen, durch das Unternehmen verbindlich dazu verpflichtet werden sollen, Menschenrechte auch bei ausländischen Engagements zu beachten. Diskutierte Modelle beinhalten die Schaffung eines Internationalen Gerichtshofs für Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft, berichtet die SZ (Stephan Radomsky). Bei den Verhandlungen werde Deutschland durch die EU vertreten, die USA nähmen nicht teil.

Sonstiges

Zahl der Bundeskanzlerstellvertreter: Anlässlich von Forderungen der Grünen nach einem weiteren Stellvertreter des Bundeskanzlers befasst sich der wissenschaftliche Mitarbeiter Timo Schwander auf juwiss.de mit den rechtlichen Vorgaben für die Stellvertreterbestellung und zieht dabei auch den Vergleich mit der Situation in den USA.

Das Letzte zum Schluss

Lucian ante portas: Eine Entscheidung darüber, ob der Name "Lucifer" zulässigerweise einem Neugeborenen verliehen werden kann, ist dem Amtsgericht Kassel abgenommen worden. Wie die SZ meldet, hatte sich der Standesbeamte zunächst geweigert, den Namen "Lucifer" einzutragen, er befürchtete, die Namensgebung könnte zu einer Kindeswohlgefährdung führen. Vor dem Amtsgericht einigten sich das Standesamt sowie die anwesenden Eltern dann auf die Eintragung des Namens "Lucian".

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi,ms,pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Oktober 2017: Peter Steudtner kommt frei / Abstimmung über ePrivacy / DAV-Präsident kritisiert Erdoğan . In: Legal Tribune Online, 26.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25229/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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