Die juristische Presseschau vom 7. bis 9. Oktober 2017: Anklage gegen Steudtner / Eini­gung in Flücht­lings­po­litik / Kata­la­ni­sches Refe­rendum

09.10.2017

Justiz

OLG Braunschweig – Musterprozess im VW-Anlegerverfahren: lto.de meldet, dass beim OLG Braunschweig die Anmeldefrist für VW-Aktionäre am 8. September 2017 abgelaufen ist. Bis dahin hätten 1.955 Anleger ihre Forderungen angemeldet. Die Anmeldung verhindert die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche. Die mündliche Verhandlung soll am 9. April 2018 beginnen, Musterklägerin sei die Sparkassen-Fondstochter Deka.

BGH zur Verwendung von Musik während NPD-Wahlkampfveranstaltungen: Die Kölner Band "Höhner" hat sich erfolgreich dagegen gewandt, dass die NPD Lieder der Musikgruppe im Wahlkampf benutzt. Der Bundesgerichtshof hat laut lto.de im Mai die entsprechenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Der Beschluss wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht. Das Abspielen der Songs "Wenn nicht jetzt, wann dann" und "Jetzt geht's los" bei NPD-Wahlkampfveranstaltungen verletze das Urheberpersönlichkeitsrecht, heißt es in der Begründung. Es sei dabei nicht notwendig, dass das Lied selbst verändert werde, sondern es genüge eine Beeinträchtigung durch "Form und Art der Wiedergabe". Bei der Verwendung von Musik im Wahlkampf könne das "durch einen Transfer der von den Werken ausgehenden Stimmung" geschehen, so der BGH.

BVerfG  Numerus clausus: Der Spiegel (Dietmar Hipp) setzt sich mit dem Numerus-clausus-Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht auseinander, in dem am vergangenen Mittwoch mündlich verhandelt wurde. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte den Karlsruher Richtern etliche Fälle zur Entscheidung vorgelegt, weil es den Medizin-NC in seiner jetzigen Form für verfassungswidrig hält. Und es sehe so aus, heißt es im Artikel, als teilten die Verfassungsrichter diese Ansicht in zentralen Punkten und würden demnächst zusätzlichen Druck für eine ohnehin seit Jahren geplante Reform bewirken.

BVerfG zur Finanzierung von Abgeordnetenmitarbeitern: Die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) stellt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vor, in der sich die Karlsruher Richter mit der Rechtmäßigkeit der Bundestagswahl 2013 beschäftigt haben. Grund war eine Wahlprüfungsbeschwerde des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim. Zwar hat das Gericht den Teil der Beschwerde, in der es um die Verwendung finanzieller Mittel durch Abgeordnete ging, als unzulässig verworfen, gleichzeitig wurde jedoch darauf hingewiesen, dass "sichergestellt sein müsse, dass sich die Abgeordnetenmitarbeiter im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit ausschließlich auf die Unterstützung des Angeordneten bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit beschränkten". Zu Wahlkampfzeiten führe die unvermeidbare Überschneidung zwischen der Wahrnehmung des Abgeordnetenmandates im Wahlkreis und der Beteiligung am Wahlkampf zu in hohem Maße missbrauchsanfälligen Situationen, heißt es in der Entscheidung.

BVerfG – Anleihekäufe der EZB: Einem Bericht der lto.de zufolge haben die Eurokritiker Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) eingereicht. Sie wollten damit verhindern, dass der Anti-Krisen-Kurs der EZB ohne Weiteres fortgeführt wird, bevor über Verfassungsbeschwerden gegen diese Politik entschieden worden ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Hauptsacheverfahren im Juli dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

BGH zur Sofortüberweisung: Bereits im Juli hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Online-Bezahl-Dienst Sofortüberweisung von Online-Händlern oder -diensten nicht als einziger kostenloser Zahlungsweg angeboten werden darf. Die Begründung der Entscheidung wurde jetzt veröffentlicht, die Samstags-FAZ (Markus Frühauf) stellt sie vor. Da bei Sofortüberweisungen sensible Daten wie die Benutzer-Pin oder Tan-Nummern abgefragt würden, dies aber gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der meisten Banken verstoße, sei dieser Zahlungsweg den Kunden nicht zumutbar, heißt es dort.

BGH zu Arzneimittelpreisen: Rechtsanwalt Thomas Utzerath stellt auf lto.de eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor, wonach Pharmagroßhändler den Apotheken weiterhin Preisnachlässe gewähren dürfen, selbst wenn sie damit sogar unter dem Abgabepreis des Herstellers liegen.

LAG Baden-Württemberg zur Kontrolle durch Detektive: Bereits in einer Entscheidung im Juli, die nun von der Samstags-SZ vorgestellt wird, hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg festgestellt, dass Mitarbeiter nur dann durch einen Detektiv überwacht werden dürfen, wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt. Ein reiner Wettbewerbsverstoß reiche dafür nicht.

StA München – Amoklauf in München: Die Staatsanwaltschaft München ist, anders als drei von der Stadt München beauftragte Gutachter, der Auffassung, dass es sich beim Amoklauf in München im vergangenen Juli nicht um ein rechtsextremes Hassverbrechen handelte. Man sehe nach wie vor das vom Täter erlittene Mobbing im Vordergrund, wird Oberstaatsanwältin Gabrielle Tillmann in einem entsprechenden Beitrag der Samstags-taz (Daniel Bax) zitiert. Nach Bekanntwerden der Ergebnisse der Gutachten hatten Politiker von Grünen und Linken von der bayrischen Staatsregierung und den Behörden verlangt, den Fall neu zu bewerten und die Tat als rassistischen Terroranschlag einzustufen.

StA Berlin – Projekt "Staatsanwalt vor Ort": Die Samstags-taz (Plutonia Plarre) stellt das Berliner Pilotprojekt "Staatsanwalt vor Ort" vor, das am 16. Oktober in Berlin-Neukölln startet. Ziel des Projektes ist es, die Kräfte im Einsatz gegen die organisierte Kriminalität zu bündeln. Ein Staatsanwalt beziehungsweise eine Staatsanwältin soll ein- bis zweimal pro Woche direkt vor Ort tätig sein und so den Informationsaustausch zwischen Justiz, Jugendamt, Schule, Polizei und Ordnungsamt intensivieren.

OLG München – NSU-Verfahren: Der Spiegel (Beate Lakotta) zieht angesichts des nun absehbaren Endes des NSU-Prozesses eine Bilanz aus Sicht der Nebenkläger. Den Familien der Getöteten gehe es um mehr als nur ein Urteil über die fünf Angeklagten. Sie wollten wissen, wer außerdem noch Verantwortung für zehn Tote trage. Es hänge jetzt viel davon ab, wie der Vorsitzende Richter Manfred Götzl das Urteil begründe: Ob er mit seinem Urteil über die Schuld der fünf Angeklagten zugleich einen Freispruch für den Staat und seine Institutionen verkünde – oder ob er zu verstehen gebe, wo für dieses Gericht die Grenzen der Aufklärung verliefen.

G-20-Verfahren: Die Samstags-taz befasst sich in einem Schwerpunkt mit der juristischen Aufarbeitung der G-20-Krawalle. Ein Artikel (Marco Carini)  beleuchtet dabei die ersten bisher ergangenen Strafurteile, der Autor meint, dass angesichts der verhängten Strafen der Verdacht naheliege, dass es sich hier um politische Justiz handelte. In einem Interview (Jean-Philipp Baeck) meint der Jurist Stefan Krauth jedoch, dass mit dem Begriff der "politischen Justiz" vorsichtig umgegangen werden müsse, weil er impliziere, dass es so etwas wie unschuldige Strafjustiz gebe, die ausschließlich durch das Gesetz bestimmt sei. Ein weiterer Beitrag (Kai von Appen) befasst sich mit den 98 laufenden Ermittlungen gegen Polizeibeamte. Das Gros der Verfahren mit derzeit 81 Delikten betreffe den Vorwurf der Körperverletzung im Amt, davon sind 32 Verfahren von Amts wegen eingeleitet worden, also seitens der Polizei oder Staatsanwaltschaft, heißt es im Text.

Suizidprävention im Justizvollzug: Die Montags-SZ (Ronen Steinke) erläutert die Maßnahmen, die ergriffen werden, um Suizide hinter Gefängnismauern zu verhindern. Anlass ist der Selbstmord des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr, der sich vor genau einem Jahr in seinem Haftraum erhängt hatte.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. bis 9. Oktober 2017: Anklage gegen Steudtner / Einigung in Flüchtlingspolitik / Katalanisches Referendum . In: Legal Tribune Online, 09.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24895/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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