Die juristische Presseschau vom 26. bis 28. August 2017: Inter­net­platt­form ver­boten / Gesicht­s­er­ken­nung / Ver­ur­tei­lung von VW-Man­a­nager

28.08.2017

Bundesinnenminister de Maizière hat die Plattform "linksunten.intermedia" verboten. Außerdem in der Presseschau: CDU-/CSU-Minister fordern den Einsatz von Video-Gesichtserkennung zur Fahndung und VW-Manager in den USA zu Haftstrafe verurteilt.

Thema des Tages

Verbot "linksunten.indymedia": Innenminister Thomas de Maizière hat das Internetportal "linksunten.intermedia" verboten. Es sei eine Internetseite für gewaltbereite Linksextremisten, die seit Jahren benutzt worden sei, um Hass gegen Andersdenkende und Repräsentanten des Landes zu säen, hieß es zur Begründung. Die Samstags-FAZ (Mona Jaeger/Markus Wehner), Samstags-SZ (Stefan Braun), Samstags-Welt (Florian Flade/Tobias Heimbach u.a.), Samstags-taz (Plutonia Plarre/Tobias Schulze) und lto.de (Maximilian Amos) berichten. (Die Montags-taz (Christian Rath, ausführlichere Fassung hier) fasst die vereinsrechtlichen Grundlagen für das Verbot zusammen. So werfe das Innenministerium den Betreibern nicht vor, selbst gegen Strafgesetze verstoßen zu haben, sie hätten jedoch die Straftaten anderer "ermöglicht und erleichtert". Es gehe dabei insbesondere um öffentliche Aufforderungen, Androhungen und Billigung von Straftaten, Anleitungen dazu sowie um Beleidigung und üble Nachrede. Im Interview mit der Samstags-taz (Plutonia Plarre) meint der frühere Piraten- und jetzige SPD-Politiker Christopher Lauer, dass das Verbot zwar richtig sei, aber falsch begründet wurde und nicht umsetzbar sei. Die Seite werde schnell wieder woanders auftauchen und der Effekt werde gleich null sein.

Reinhard Müller (Samstags-FAZ) begrüßt das Verbot. Das mache Eindruck auch auf die Betreiber ähnlicher Plattformen, die unverhüllt zur Gewalt gegen Polizisten aufrufen und detaillierte Anleitungen zum Kampf gegen die Staatsgewalt lieferten. Diesem Treiben weiterhin tatenlos zuzusehen, wäre einer offenen Duldung rechtsstaatszersetzender Angriffe gleichgekommen. Michael Hanfeld (Samstags-FAZ) fragt im Feuilleton, warum die Behörden erst jetzt tätig wurden. Das lasse sich nur dadurch erklären, dass die Sicherheitsbehörden hier ein Fenster offenhielten, um die (sich radikalisierende) Szene zu beobachten. Joachim Käppner (Samstags-SZ) erinnert an das Übermaßverbot. Es sei ein Unterschied, ob eine Plattform von vorneherein als Forum zur Begehung oder Planung von Straftaten da sei wie im Falle rechtsextremistischer oder islamistischer Seiten, die aus dem Verkehr gezogen wurden; oder ob sich auf einer Seite, deren Inhalte meist noch von der Meinungsfreiheit getragen werden, einzelne strafbare Äußerungen finden. Mit der scharfen Waffe des Verbots sollten die Behörden sehr zurückhaltend umgehen, so Käppner. Auch Markus Reuter (netzpolitik.org) kritisiert, dass nicht zunächst die Löschung einzelner strafrechtlich relevanter Artikel versucht, sondern gleich die ganze Plattform verboten wurde.

Rechtspolitik

Asylrecht: Die Samstags-taz (Christian Jacob) gibt einen Überblick über die Änderungen im Asylrecht seit 2015. Seitdem sei ein "Mehr-Klassen-Asylrecht" entstanden, so der Autor.

Entgelttransparenzgesetz: Laut Samstags-FAZ (Sven Astheimer) halten viele Manager und Personalverantwortliche das neue Entgelttransparenzgesetz für überflüssig. Drei Viertel der Befragte sahen in ihren Unternehmen keine Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen. Daneben wurde der hohe Aufwand bei der betrieblichen Umsetzung betont.

Videoüberwachung/Gesichtserkennung: Der Spiegel (Melanie Amann/ Wolf Wiedmann-Schmidt) kündigen für diese Woche eine Erklärung aller CDU/CSU-Innen- und Justizminister an, in der die "modernste Technik" für die Sicherheitsbehörden, darunter "intelligente Videotechnik zur Fahndung mit Gesichtserkennung" gefordert wird. Sicherheitsinteressen und Datenschutz müssten "in einen angemessenen Ausgleich" gebracht werden, heißt es laut Spiegel im Entwurf der Erklärung.

Frank Pergande (FAS) spricht sich dafür aus, den Test am Bahnhof Südkreuz in Berlin zunächst einmal zu Ende zu bringen. Dann müsse der Gesetzgeber tätig werden und zwischen Bürgerrechten und Bedrohung abwägen.

Reform im Strafvollzug: Für eine Reform des Strafvollzugs spricht sich in der Montags-SZ der Bernd Maelicke, Jurist und Sozialwissenschaftler, aus. Der Bundestag sollte dazu nach der Wahl eine unabhängige Enquetekommission einsetzen, die die gesamte Sicherheits- und Resozialisierungsarchitektur kritisch überprüft. Ersatzfreiheitsstrafen müssten nach dem Vorbild der skandinavischen Länder abgeschafft und kurze Freiheitsstrafen weiter reduziert werden.

Verwertungsrecht: Im Feuilleton der Montags-FAZ erläutert Florian Kölsch die Konsequenzen, die sich aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom vergangenen Jahr und einer Änderung des Verwertungsgesellschaftengesetzes ergeben. Verlage werden seitdem nicht mehr pauschal an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt. Die sich daraus ergebende Rückzahlungspflicht für vergangene Jahre bedeute insbesondere für kleinere Verlage eine erhebliche Belastung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. bis 28. August 2017: Internetplattform verboten / Gesichtserkennung / Verurteilung von VW-Mananager . In: Legal Tribune Online, 28.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24157/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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