Die Innenminister wollen Messengerdienste wie Telefone überwachen lassen und werden dafür kritisiert. Außerdem in der Presseschau: Das NetzDG wird weiter diskutiert und auch reine Filesharing-Plattformen können Urheberrechtsverletzer sein.
Thema des Tages
Überwachung von Messengerdiensten: Die Betreiber der Messenger-Dienste WhatsApp und Threema haben nach einem Bericht der WamS (Florian Flade) die institutionelle Zusammenarbeit mit deutschen Behörden zum Zweck der Kommunikationsüberwachung ausgeschlossen. Die Kommunikation sei Ende-zu-Ende verschlüsselt, nicht einmal die Betreiber selbst hätten Zugriff auf die Chat-Inhalte, wird ein Sprecher von WhatsApp zitiert. Die Länderinnenminister und der Bundesinnenminister hatten sich auf ihrer Frühjahrstagung darauf geeinigt, dass auch Nachrichten, die über Messenger-Dienste versandt werden, künftig wie Telefonkommunikation überwacht werden sollten.
Kritik an dem Beschluss der Innenministerkonferenz haben die Oppositionsfraktionen im Bundestag geübt. Laut Freitags-FAZ (Stefan Locke) meinte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckard, dass hier "hohe verfassungsrechtliche Hürden" gerissen würden. Jan Korte von der Linke-Fraktion sagte, dass das Vorhaben von fehlendem Respekt vor der Bevölkerung und ihren Grundrechten zeuge, zumal der Bundesinnenminister diese "substantielle Änderung der Strafprozessordnung in den verbleibenden zwei Sitzungswochen des Bundestages durchpeitschen" wolle. Der Abgeordnete Stephan Harbarth (CDU) verteidigte das Vorhaben dagegen: "Wer sich wie die Opposition dagegen ausspreche, habe nicht verstanden, wie sehr Messenger-Dienste heutzutage schwere Straftaten erleichterten."
Christian Rath (Freitags-taz) weist in seinem Kommentar darauf hin, dass weniger rechtliche als vielmehr technische Hindernisse einer Überwachung der Messenger-Dienste entgegenstehen. So habe BKA-Vizepräsident Peter Henzler auf dem letzten Anwaltstag ganz deutlich gesagt: "Wenn es um Messenger geht, sind wir blind und taub. Wir können sie nicht überwachen." Torsten Krauel (WamS) betont, dass es erhebliche Unterschiede zwischen der Überwachung von Post und Telefon und dem Auslesen eines Handys gebe. Bei letzterem habe der Staat die Möglichkeit, sich blitzschnell im gesamten Alltagsleben des Überwachten umzusehen. Es müsse zwar auch für die digitale Kommunikation eine Lösung geben, "nur eben nicht auf Knopfdruck und nicht für Deutschland allein", so der Autor.
Rechtspolitik
Innenministerkonferenz: Die Donnerstags-taz (Konrad Litschko) und die Freitags-FAZ (Stefan Locke) fassen die Beschlüsse der Innenministerkonferenz zusammen. Die Minister haben sich nicht nur darauf geeinigt, Messenger-Dienste bei Überwachungsmaßnahmen genauso zu behandeln wie Telefonate und SMS-Nachrichten, sondern unter anderem auch darauf, die Altersgrenze zur Abnahme von Fingerabdrücken bei Flüchtlingen von 14 auf sechs Jahre abzusenken sowie darauf, ein "Musterpolizeigesetz" zu erarbeiten, das einheitliche Sicherheitsstandards in Bund und Ländern gewährleisten soll. Nicht durchsetzen konnte sich der bayerische Innenminister Joachim Hermann dagegen mit seiner Forderung, künftig auch Kinder vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen und die Schleierfahndung in allen Bundesländern anzuwenden.
Staatstrojaner: Im Gespräch mit netzpolitik.org bewertet Rechtsprofessor Tobias Singelnstein die verfassungsrechtliche Charakteristik eines Einsatzes von Staatstrojanern im Bereich der Online-Durchsuchung und der Quellen-TKÜ. Zu messen sein werde eine entsprechende gesetzliche Regelung im Wesentlichen am Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, das die höchsten Schranken für einen Eingriff aufstelle.
Wie der Spiegel vermeldet, hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerde einzulegen, sollte der Bundestag die Gesetzesänderung in den kommenden Wochen beschließen.
NetzDG: Bundesjustizminister Heiko Maas besteht laut einem Bericht des Spiegel zufolge beim geplanten Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht mehr auf einer starren Frist von sieben Tagen, innerhalb derer Onlineplattformen wie Facebook rechtswidrige Äußerungen löschen müssten. An einem Zusatz wie "in der Regel" werde das Gesetz nicht scheitern, wird der Minister zitiert. Wie die Montags-FAZ (Hendrik Kafsack) berichtet, hat die EU-Kommission signalisiert, trotz gravierender Bedenken gegen den Gesetzentwurf keine Einwände erheben zu wollen. Auch wenn sie jetzt noch nicht tätig wird, kann die EU-Kommission allerdings auch später noch gegen das verabschiedete Gesetz ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn die Regelungen ihrer Ansicht nach gegen das Europarecht verstoßen. In einem Interview mit der WamS äußerte sich auch der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder unter anderem zum geplanten NetzDG: Man werde jetzt die am Montag stattfindende Expertenanhörung auswerten und anschließend in der Regierungskoalition beraten, ob noch Änderungen notwendig seien und ob die Zeit dafür reiche.
Rechtsprofessor Michael Kubiciel (lto.de) argumentiert gegen die Einwände zum Gesetzentwurf und meint, es solle – mit einigen Kompromissen – an dem Vorhaben festgehalten werden. Präzisierungen des NetzDG wären allemal besser, als dem Drängen der Interessenvertreter der Industrie nachzugeben, das Gesetz auf die lange Bank zu schieben und es damit in aller Stille zu beerdigen, sagt der Autor. Anders Rechtsprofessor Daniel Zimmer in der Freitags-FAZ. Der von Minister Maas vorgelegte Gesetzentwurf sollte zurückgezogen werden und nach der Bundestagswahl sollten die Arbeiten an einer grundlegend anders konzipierten Neuregelung beginnen, die der Justiz die ihr im Rechtsstaat zukommende Rolle einräume.
UrhWissG: Das Feuilleton der Samstags-FAZ (Thomas Thiel) berichtet von einer Veranstaltung im Rahmen der Berliner Buchtage, auf der Justizminister Heiko Maas den Gesetzentwurf zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft verteidigte. Zur Frage, ob das Gesetz denn komme, habe Maas allerdings nicht optimistisch geklungen, meint der Autor.
Geldwäsche: Die FAS (Corinna Budras) berichtet anlässlich einer der Deutschen Bank auferlegten Geldbuße über die am 26. Juni 2017 in Kraft tretenden Regeln gegen Geldwäsche, die die Kontrollpflichten erheblich ausweiten. Nicht nur Banken, sondern auch Immobilienmakler und eigentlich jeder, der mit Gütern handelt, muss dann eine Risikoanalyse vornehmen, heißt es in dem Beitrag. Außerdem werde ein Transparenzregister geschaffen, das für alle Unternehmen die dahinterstehenden "wirtschaftlichen Berechtigten" offenlegt.
Maas – Kritik an Personalausstattung an Gerichten: In einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche, den lto.de aufgreift, hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) den Ländern vorgeworfen, durch zu geringe Personalausgaben bei Gerichten und Staatsanwaltschaften auch die innere Sicherheit zu gefährden. Unterstützung erhielt Maas vom Deutschen Richterbund, heftige Kritik kam dagegen von mehreren Landesjustizministern. Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) drohte, künftig weniger Personal zum Generalbundesanwalt abzustellen, meldet handelsblatt.de.
Gegen Meinungsroboter und Fake-News: Hamburg Justizsenator Till Steffen will die Nutzung von Social Bots eingrenzen, melden Montags-SZ (Kristiana Ludwig) und Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt). Nach dem Willen des Senators sollen etwa die Betreiber von Twitter oder Facebook künftig gesetzlich verpflichtet werden, verdächtige Nutzer zügig zu überprüfen. Außerdem soll es eine Kennzeichnungspflicht für Social Bots sowie Meldestellen innerhalb der sozialen Netzwerke geben. Steffen will auch, dass die Betreiber sozialer Netzwerke ein wirksames und transparentes Verfahren vorhalten müssen, mit dem Falschmeldungen von Nutzern und von Organisationen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Falschnachrichten aufzudecken, gemeldet werden können.
Unternehmensstrafrecht: Die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) stellt eine Studie der Stiftung der Familienunternehmer vor, mit der sich diese gegen mögliche Initiativen für ein Unternehmensstrafrecht wendet.
Arbeitszeitreform gescheitert: Einem Bericht der Freitags-FAZ (Dietrich Creutzburg) zufolge, sind die Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zur Flexibilisierung der Arbeitszeit gescheitert. Unter dem Schlagwort "ausgehandelte Flexibilität" sollten bestehende Vorschriften um Öffnungsklauseln für die Tarifparteien ergänzt werden.
Wahlrecht: Kritisch setzt sich die Samstags-taz (Barbara Dribbusch) mit dem geltenden Wahlrecht auseinander, das Menschen unter Betreuung in allen Angelegenheiten von der Bundestagswahl ausschließt. Behindertenverbände kämpften seit Jahren um eine Änderung, kürzlich legten mehrere Betroffene Verfassungsbeschwerde ein.
Öffentliche Ordnung: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Julian Philipp Seibert schlägt auf juwiss.de die Streichung der "öffentlichen Ordnung" als polizeiliches Schutzgut aus den Polizeigesetzen vor. Neben dem Schutzgut der öffentlichen Sicherheit eröffne sie ohnehin einen nur denkbar geringen Anwendungsbereich der bestenfalls als "Notfalloption" verstanden werden könne. Wenn schon Polizei und Sicherheitsbehörden immer mehr Eingriffsbefugnisse zuerkannt würden, sollten diese Kompetenzen wenigstens sauber abgegrenzt werden.
Justiz
EGMR – Kindeswohl bei lebenserhaltenden Maßnahmen: Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird derzeit ein Anliegen verhandelt, in dem es um ein unheilbar krankes Kind geht. Die Ärzte wollen das Kind in Würde sterben lassen und die lebenserhaltenden Geräte abschalten, die Eltern dagegen beabsichtigen, mit dem Kind in die Vereinigten Staaten fliegen, damit es einer – bisher allerdings noch nicht erprobten – Behandlung unterzogen werden kann. Die Straßburger Richter müssen jetzt entscheiden, ob der Staat berechtigt ist, in die Entscheidung der Eltern einzugreifen und entsprechend dem Antrag der Ärzte über ein Abschalten der Geräte zu verfügen. Die FAS (Florentine Fritzen) beschreibt die Hintergründe des Falles.
BFH zur Erbschaftssteuer beim Pflichtteil: Steuerberater Sven Oberle befasst sich in der FAS mit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom vergangenen Dezember, nach der ein vererbter, vom zunächst Berechtigten jedoch nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch der Erbschaftssteuer unterliegt.
LG München I zu Ermittlungen durch Kanzleien: Am Beispiel von VW und der vom Unternehmen beauftragten Kanzlei Jones Day setzt sich die Montags-SZ (Klaus Ott) kritisch mit Ermittlungstätigkeiten von Kanzleien auseinander. Die Staatsanwaltschaft München hatte im Zusammenhang mit der Dieselaffäre Mitte März Räumlichkeiten von Volkswagen, Audi und Jones Day durchsucht, eine Beschwerde der Kanzlei wurde vom Gericht zurückgewiesen. In der Entscheidung machten die Richter klar, dass Konzerne, die betrogen oder auf andere Weise gegen Gesetze verstoßen haben, die Untersuchungsergebnisse eigens eingeschalteter Anwaltskanzleien nicht dem Zugriff der Behörden entziehen könnten.
EuGH zu "Tofubutter" und "Pflanzenkäse": Die Begriffe "Milch", "Butter" und "Käse" sind tierischen Produkten vorbehalten. Dementsprechend sind nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom vergangenen Mittwoch "Tofubutter" und "Pflanzenkäse" unzulässige Bezeichnungen für vegane Lebensmittel. Die auf Vorlage des Landgerichts Trier ergangene Entscheidung und die zugrunde liegende europäische Rechtslage stellen Donnerstags-taz (Christian Rath) und Donnerstags-Welt (Carsten Dierig) sowie die Freitags-SZ (Wolfgang Janisch/Kristiana Ludwig) vor. Die Freitags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) weist darauf hin, dass das EuGH-Urteil unmittelbar ausschließlich für Milchprodukte gelte. "Vegetarischer Fleischsalat oder Tofuwurst darf so bezeichnet werden, weil diese Nahrungsmittel nicht dem besonderen Bezeichnungsschutz für Milchprodukte unterliegen", zitiert der Autor die Lebensmittelrechtlerin Astrid Hüttebräuker.
In einer Analyse der Entscheidung fragt Rechtsanwalt David Ziegelmayer auf lto.de, ob die auf einer wortgetreuen Auslegung der einschlägigen EU-Verordnung beruhende Entscheidung tatsächlich dem vom EuGH selbst etablierten Leitbild des "aufgeklärten und informierten Verbrauchers" entspreche. Hermann Unterstöger (Freitags-SZ) amüsiert sich über das aus seiner Sicht wenig effektive Bemühen der Richter, den Verbraucher zu schützen. Auch für Hendrik Wieduwilt (Freitags-FAZ) schießt die Entscheidung über das Ziel hinaus. Jost Müller-Neuhof meint dagegen auf tagesspiegel.de dass es als bewährtes Prinzip gilt, dass eine äußere Kennzeichnung darauf verweise, was tatsächlich in der Packung stecke, und dieses Prinzip nur mit guten Gründen aufgegeben werden sollte.
EuGH zu File-Sharing-Plattformen: Der Europäische Gerichtshof hat in der vergangenen Woche eine Entscheidung getroffen, in der festgestellt wurde, dass File-Sharing-Plattformen Urheberrechtsverletzungen begehen können, selbst wenn sie nur die Strukturen bereitstellten, die Rechtsverletzungen erlauben. Unter anderem netzpolitik.org (Alexandra Hiller) und Freitags-SZ (Marvin Strathmann) berichten über die Entscheidung.
BVerfG – EU-Patent: Die in der vergangenen Woche bekanntgewordene, an den Bundespräsidenten gerichtete Bitte des Bundesverfassungsgerichts, die bereits verabschiedeten Umsetzungsgesetze für eine EU-Patentrechtsreform nicht auszufertigen, ist Thema eines vertieften Beitrags von Paetrick Sakowski auf lto.de. Der Rechtsanwalt mutmaßt, dass die der Bitte zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren vor dem Europäischen Patentamt geltend macht.
BGH zu Eizellspende: Eine private Krankenversicherung muss die Kosten einer in Tschechien vorgenommenen künstlichen Befruchtung mittels Eizellspende nicht übernehmen. Dies entschied der Bundesgerichtshof in der vergangenen Woche. Zwar sähen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen Kostenübernahmen für Heilbehandlungen im europäischen Ausland vor, so der Bericht der Donnerstags-Welt (Hannelore Crolly). Sie bestimmten aber gleichzeitig die Geltung deutschen Rechts. Hierzulande sind Eizellspenden illegal. Eine vertiefte Darstellung der rechtlichen Problematik liefert Rechtsanwalt Cäsar Czeremuga auf lto.de. Er fragt dabei auch, ob die "restriktive Haltung des deutschen Gesetzgebers" zur Frage einer gespaltenen Mutterschaft noch zeitgemäß ist.
Helene Bubrowski (Samstags-FAZ) begrüßt die Entscheidung. Im Handel mit den Eizellen zeige sich die hässliche Seite des Machbarkeitswahns. Der Bundesgerichtshof habe nun zumindest verhindert, dass weitere Anreize geschaffen werden.
BAG zu unbilligen Arbeitsanweisungen: Über eine Divergenz beim Bundesarbeitsgericht berichtet Rechtsanwalt Christoph Bergwitz (lto.de) zum Fall eines Dortmunder Immobilienkaufmanns, der sich einer Versetzungsanordnung widersetzte und dem deshalb gekündigt wurde. Hierzu habe nun der 10. Senat des BAG beim 5. Senat angefragt, ob an der dortigen Rechtsauffassung festgehalten werde. Der 5. Senat hatte 2012 entschieden, dass auch unbilligen Arbeitsanweisungen bis zu einem rechtskräftigen Urteil, das die Unverbindlichkeit feststellt, gefolgt werden müsse.
OLG Stuttgart zu FDLR-Unterstützer: Wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung hat das Oberlandesgericht Stuttgart einen ruandischen Staatsbürger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Nach den Erkenntnissen des Gerichts hatte der Mann Hilfe beim Aufbau und Betrieb der Webseite der ruandischen FDLR geleistet, schreibt taz.de (Dominic Johnson).
OLG München zu Beleidigung: Der in einer anwaltlichen Anhörungsrüge angestellte Vergleich des angeschriebenen Gerichts mit Roland Freisler erfüllt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München nicht den Tatbestand der Beleidigung. Bei den fraglichen Äußerungen sei "im Kern nur der Vorwurf sehr großen Unrechts und willkürlichen, rechtsbeugenden richterlichen Handelns" thematisiert worden, schreibt lto.de (Constantin van Lijnden) über die Entscheidung.
OVG Berlin-Brandenburg zur Informationspflicht der BRAK: Die Bundesrechtsanwaltskammer unterliegt einer umfassenden Informationspflicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Dies stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Beschluss aus dem Mai klar, über den lto.de (Marvin Oppong) berichtet. Die BRAK sei eine Behörde des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG, so die Richter.
LG Leipzig zu Youtube: Das Landgericht Leipzig entschied in der vergangenen Woche, dass Youtube zumutbare Prüfpflichten bei der Entfernung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf seiner Plattform verletzt habe. Der Anbieter hatte einen Dokumentarfilm auf die Beschwerde der Produktionsfirma zwar zunächst entfernt, nach einer wohl nicht besonders stichhaltigen Gegendarstellung eines betroffenen Nutzers aber wieder eingestellt, erläutert die Donnerstags-Welt (Christian Meier).
LG Mosbach zu DocMorris: Das Landgericht Mosbach hat dem Arzneimittel-Versandhandel DocMorris den Betrieb eines Apothekenautomaten untersagt. Die bei dem Automaten nach Videochat mit einem DocMorris-Mitarbeiter erfolgte Freigabe von Medikamenten sei nicht von der dem Unternehmen erteilten Erlaubnis für den Versandhandel mit Arzneimitteln gedeckt, berichtet lto.de über die Entscheidung.
Schadensersatzklage wegen NSU-Ermittlungspannen: Zwei Familien von Mordopfern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" haben laut Montags-taz und FR Schadenersatzklagen gegen die Bundesrepublik sowie die Länder Bayern und Thüringen erhoben. Das NSU-Trio hätte bereits deutlich früher festgenommen und die weiteren Morde damit verhindert werden können.
Presserecht: Der Spiegel (Rafael Buschmann u.a.) beleuchtet kritisch und aus eigener Betroffenheit die Rechtsprechungspraxis der Hamburger und der Berliner Pressekammern. In der Sache geht es dabei um die Berichterstattung über die beiden Fußballer Mezut Özil und Cristiano Ronaldo, denen von den spanischen Behörden Steuerhinterziehung vorgeworfen wird.
Recht in der Welt
Interview mit Juliane Kokott: Anlässlich ihres 60. Geburtstages hat die FR (Joachim Frank/Christian Rath) ein Interview mit Juliane Kokott, Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof, geführt. Es ging um Sensibilität in der Rechtsprechung des EuGH, die Folgen des Brexits für den Gerichtshof und die jüngsten Kopftuch-Entscheidungen. Auch die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) würdigt Juliane Kokott in einem Beitrag.
Belgien – Ermittlungen gegen Kongos Justizminister: Wie die Freitags-taz (Francois Misser) meldet, hat Belgiens Justiz Ermittlungen gegen Kongos Justizminister Alexis Thambwe Mwamba aufgenommen. Er soll Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.
USA – Trump: Der amerikanische Rechtsprofessor Judkins Mathew (verfassungsblog.de) befasst sich in englischer Sprache mit den jüngsten Verfahren, die gegen Präsident Donald Trump anhängig sind.
Singapur – Freihandelsabkommen: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Michael Zornow (juwiss.de) stellt das Gutachten des EuGH zum Freihandelsabkommen der EU mit Singapur vor.
USA – Patentrecht: Der Verkauf eines Produkts bewirkt auch die Aufgabe der Patentrechte an dem verkauften Stück. Dies entschied der Oberste Gerichtshof der USA in einem Streit über den Weiterverkauf gebrauchter Druckerpatronen. Für lto.de erläutert Rechtsanwalt Johannes Ballestrem die Entscheidung und ihre Bedeutung für den weltweiten Handel.
Australien – Flüchtlinge: Die australische Regierung hat sich mit Vertretern von Flüchtlingen auf einen Vergleich über knapp 50 Millionen Euro geeinigt. Ein Gerichtsverfahren über die Bedingungen der Unterbringung von Flüchtlingen, die auf hoher See aufgebracht und dann in einem Lager auf einer Insel in Papua-Neuguinea untergebracht wurden, entfällt damit. Die Donnerstags-taz (Urs Wälterlin) berichtet.
USA – Fall Cosby: Im Verfahren gegen den ehemaligen Entertainer Bill Cosby ist die Jury nicht zu einem einstimmigen Ergebnis gelangt, meldet u.a. die Montags-SZ (Hubert Wetzel). Damit ist der Prozess beendet. Die Staatsanwaltschaft kann jedoch gegebenenfalls ein neues Verfahren anstrengen. Jürgen Schneider (Montags-SZ) kommentiert das Verfahrensende.
Sonstiges
Neues Portal zu Lobbyisteneinfluss: Ein neues Portal soll transparent machen, welchen Einfluss welche Interessenvertretungen auf bestimmte Gesetzgebungsverfahren haben. Wie spiegel.de berichtet, ist es künftig möglich, über das Portal "Gläserne Gesetze" Stellungnahmen von Lobbyisten bei den Ministerien direkt anzufragen. Rechtliche Grundlage dafür ist das Informationsfreiheitsgesetz (IFG).
Künstliche Intelligenz in Kanzleien: Die Montags-FAZ (Marcus Jung) beleuchtet den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Rechtsberatung. Hohe Akzeptanz genieße Legal Tech hierzulande vor allem in Großkanzleien, in denen der Mehrwert der Maschinen beim Bearbeiten größerer Datenmengen etwa bei Unternehmenstransaktionen bereits erkannt wurde.
Verfassungsrecht: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) berichtet in englischer Sprache von einem Workshop in Berlin, bei dem sich die Teilnehmer mit dem Zustand von Verfassungsstaaten befasst haben.
Forum Recht: Im kommenden Herbst soll der Bundestag über eine dann vorliegende Machbarkeitsstudie zu dem in Karlsruhe geplanten "Forum Recht" abstimmen. Die Kunsthistorikerin Carmela Thiele und der Rechtsjournalist Wolfgang Janisch (verfassungsblog.de) stellen den aktuellen Umsetzungsstand des Projektes vor, von dem sie hoffen, dass es "mehr sein soll als ein Museum und ein Symbol" und "Besucher auf Augenhöhe" empfange.
Gewaltschutzgesetz: In einem längeren Kommentar bilanziert Simone Schmollack (Donnerstags-taz) das seit 15 Jahren geltende Gewaltschutzgesetz. Es habe nichts daran ändern können, dass weiterhin nicht wenige Betroffene Prügeleien in den eigenen vier Wänden als Privatangelegenheit betrachteten. Aber dank des Gesetzes könnten Polizei und Gerichte nach erwiesener Gewalt dafür sorgen, dass der Täter für eine Weile nicht in die Wohnung des Geschädigten und auch nicht an jenen Orten auftauchen dürfe, wo sich Letzterer regelmäßig aufhält. Zur noch wirkungsvolleren Bekämpfung von Gewalt in Partnerschaften bedürfe es jedoch einiger Nachjustierungen, etwa im Bereich des Umgangsrechts, das gegenwärtig den Gewaltschutz noch aushebeln könne.
Gleichstellung in der Ehe: lto.de (Martin Rath) befasst sich mit dem vor sechzig Jahren verabschiedeten Gleichstellungsgesetz. Seinerzeit wurde, so der Autor, besonders heftig um die Einführung der Zugewinngemeinschaft gestritten. Die sogenannten "weichen" politischen Themen rund um die Gleichberechtigung, von Bundeskanzler Gerhard Schröder später als "Gedöns" bezeichnet, spielten dagegen in der juristischen Diskussion eine erkennbar nachrangige Rolle, heißt es im Beitrag.
Das Letzte zum Schluss
Wer schläft, sündigt nicht. Oder doch? Über den Fall eines schlafenden Richters hatte das Bundessozialgericht zu entscheiden. Obwohl er von seinem Nachbarn mehrfach angestoßen wurde, erlag ein ehrenamtlicher Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg schließlich doch der Müdigkeit. Das BSG hat die in der entsprechenden Verhandlung getroffenen Entscheidung des LSG wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung aufgehoben, meldet blog.burhoff.de. Es traf dabei jedoch eine feine Abgrenzung: So beweise das Schließen der Augen und das Senken des Kopfes auf die Brust noch nicht, dass der Richter schlafe. Diese Haltung könne vielmehr auch zur geistigen Entspannung oder besonderen Konzentration eingenommen werden.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi/pf
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. bis 19. Juni 2017: Staatstrojaner und Onlinedurchsuchung / Diskussion um NetzDG / EuGH zu Filesharing-Plattformen . In: Legal Tribune Online, 19.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23211/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag