Veruntreuung und diverse andere Vorwürfe: Polens Staats­an­walt­schaft will Ex-Jus­tiz­mi­nister fest­nehmen

28.10.2025

35 Millionen Euro fehlen im "Gerechtigkeits-Fonds" – jetzt droht Ex-Justizminister Ziobro die Festnahme. Was die Ermittler ihm genau vorwerfen und welche Rolle die PiS dabei spielt.

Polens Generalstaatsanwaltschaft will den früheren Justizminister Zbigniew Ziobro wegen des Verdachts auf Korruption festnehmen. Die Aufhebung der Immunität des heutigen Abgeordneten der rechtskonservativen PiS sei beim Parlament beantragt worden, sagte eine Sprecherin der Behörde in Warschau.

Die polnische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 55-jährigen Ziobro wegen 26 Straftatbeständen, darunter auch wegen des Verdachts auf Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und des Verdachts auf Veruntreuung von umgerechnet 35 Millionen Euro. Auch soll er seine Befugnisse überschritten und seine Pflichten als Amtsträger vernachlässigt haben. Nach Angaben der Ermittler drohen ihm im Fall einer Verurteilung bis zu 25 Jahre Haft.

Gelder aus Fonds für Verbrechensopfer abgezweigt?

Im Zentrum der Vorwürfe steht der dem Justizministerium unterstellte "Gerechtigkeits-Fonds", dessen Mittel eigentlich Verbrechensopfern zugutekommen sollen. Als Justizminister soll Ziobro Untergebene angewiesen haben, Millionenbeträge aus dem Fonds in Projekte zu schleusen, von denen er sich einen Nutzen für seine Partei versprach. "Aufgrund der Beweislage besteht kein Zweifel daran, dass Zbigniew Ziobro sich der Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Zuschüssen aus dem "Gerechtigkeits-Fonds" bewusst war", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Im vergangenen Dezember hatte die Staatsanwaltschaft bereits in der gleichen Sache Vorwürfe gegen Ziobros einstigen Stellvertreter Marcin Romanowski erhoben. Dieser hatte sich daraufhin nach Ungarn abgesetzt und dort politisches Asyl erhalten. Auch bei Ziobro bestehe akute Flucht- und Vertuschungsgefahr, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

PiS-Regierung soll politische Gegner belauscht haben

Dem Ex-Justizminister wird außerdem vorgeworfen, dass er Mittel aus dem Fonds für Verbrechensopfer zur Anschaffung der israelischen Spionage-Software Pegasus abgezweigt haben soll. Politische Gegner beschuldigen die damalige PiS-Regierung, dass sie Pegasus zum Ausspähen politischer Gegner verwendet habe. Pegasus nutzt Sicherheitslücken von Smartphones, um weitreichenden Zugriff auf Daten zu erlangen. Auch das Abhören von Gesprächen ist damit möglich.

Im Frühjahr 2024 hatte die Generalstaatsanwaltschaft erklärt, dass die Software von 2017 bis 2023 zur Beobachtung von 578 Personen eingesetzt worden sei. Ziobro sagte Ende September vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der den möglichen Missbrauch untersucht, er habe die Anschaffung der Software initiiert. Er bestritt, dass Pegasus auf illegale Weise eingesetzt worden sei.

Die rechtskonservative PiS, deren Name "Prawo i Sprawiedliwosc" übersetzt “Recht und Gerechtigkeit” bedeutet, regierte Polen von 2015 bis 2023. In dieser Zeit baute sie das Justizsystem maßgeblich um, was sie auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission brachte – unter anderem war Ziobro dabei Justizminister und Generalstaatsanwalt in Personalunion. Im Oktober 2023 verlor die PiS die Parlamentswahl und ist seitdem die größte Oppositionspartei des Landes. Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschef Donald Tusk bemüht sich seitdem, die umstrittenen Justizreformen der PiS-Regierung wieder rückgängig zu machen.

dpa/jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Veruntreuung und diverse andere Vorwürfe: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58480 (abgerufen am: 07.11.2025 )

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