Per Videocall nach Utah ließ sich ein Paar in Deutschland nach amerikanischem Recht trauen. Der BGH hat jetzt klargestellt: Wenn das Standesamt diese Ehe nicht anerkennt, können die zwei Leute immer noch nach deutschem Recht heiraten.
Eine Online-Eheschließung per Videotelefonie vor einem Standesbeamten im amerikanischen Utah ist nach deutschem Recht unwirksam. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urt. v. 25.09.2024, Az. XII ZB 244/22).
Die zwei Antragsteller in dem zugrundeliegenden Personenstandsverfahren sind nigerianische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Im Mai 2021 schlossen sie per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah, während sie sich gemeinsam am gleichen Ort in Deutschland aufhielten. Von der Behörde in Utah erhielten sie anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Eine Apostille ist eine Form der Beglaubigung im internationalen Urkundenverkehr. Von der ließ sich das zuständige Meldeamt in Deutschland allerdings nicht überzeugen, es erkannte die Eheschließung per Videocall nicht an.
Die beiden Personen wollten daraufhin nach deutschem Recht heiraten und stellten einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Standesamt. Dort kamen jedoch Zweifel auf, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung in Deutschland entgegenstehen könnte. Deshalb strengte das Amt eine entsprechende Zweifelsvorlage beim Amtsgericht (AG) Köln an.
Sowohl das Amtsgericht (Beschl. v. 30.12.2021, Az. 378 III 248/21) als auch in zweiter Instanz das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Beschl. v. 08.03.2022, Az. 26 Wx 3/22) erachteten die Eheschließung per Videotelefonie nach Utah für unwirksam. Die Gerichte wiesen das Standesamt entsprechend an, die Eheschließung in Deutschland jedenfalls nicht an der Eheschließung in Utah scheitern zu lassen.
Standesamt will Sache vom BGH geklärt wissen
Doch die Standesamtsaufsicht legte Rechtsbeschwerde ein – erfolglos, wie nun bekannt wurde. Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG Köln. Die Ehe könne gemäß Art. 13 Abs. 4 S. 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden, also entsprechend §§ 1310, 1311 BGB. Hiernach müssen die Eheschließenden ihre Erklärungen persönlich vor dem Standesbeamten abgeben. Ausnahme: "Findet die Eheschließung dagegen im Ausland statt, kann das gegebenenfalls weniger strenge Recht des Eheschließungsorts angewendet werden", so der BGH.
Dann kommt Deutschlands oberstes Zivilgericht zum springenden Punkt seiner Entscheidung: Prägend für das deutsche Rechtsverständnis sei der Konsens der Eheschließenden. Insoweit sei auf den Ort der Abgabe der Eheschließungserklärungen abzustellen, so der XII. Zivilsenat – und das war eben Deutschland. Laut BGH hätte es schon gereicht, "dass [nur] eine der Erklärungen in Deutschland abgegeben wurde, weil damit ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht wurde".
Das heißt im Ergebnis: "Die Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Online-Eheschließung vor der ausländischen Behörde im Inland unwirksam ist". Mit anderen Worten: Da das Paar seine Eheschließungserklärungen in Deutschland abgegeben hat, hätte auch die nach inländischem Recht vorgeschriebene Form eingehalten werden müssen.
Familienrechtlich hat die Heirat der zwei Personen per Videotelefonie mit dem amerikanischen Standesbeamten also keinen Nachteil für sie in Deutschland. Der Videocall hindert sie nicht an der Eheschließung in hierzulande, was das Standesamt nach diesem höchstgerichtlichen Urteil akzeptieren dürfte.
jb/LTO-Redaktion
BGH hält Eheschließung per Videocall für unwirksam: . In: Legal Tribune Online, 27.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55970 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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