Der Vorschlag, das Los eine zentrale Rolle bei der Einziehung zum Wehrdienst spielen zu lassen, sorgt für Diskussionen. Im Parlament geht die Debatte darüber erst richtig los.
Zwischen Union und SPD gibt es eine grundsätzliche Einigung über Änderungen am geplanten Wehrdienst-Modell. Dazu gehört auch die äußerst umstrittene Einführung eines Losverfahrens im Rahmen der Rekrutierung. Dies berichtet die SZ am Dienstagnachmittag.
Das geplante Wehrdienstgesetz soll der Bundeswehr zu Zehntausenden zusätzlichen Soldaten verhelfen. Hintergrund ist, dass die NATO eine Größenordnung von 260.000 für erforderlich hält, um einem Angriff etwa Russlands standzuhalten. Etwa 80.000 Soldatinnen und Soldaten werden daher zusätzlich benötigt, insbesondere in Mannschaftsdienstgraden.
Laut dem Bericht der SZ bleibt es zunächst dabei, dass ab kommendem Jahr alle 18-Jährigen zwecks Ausbildung, Gesundheitszustand und der Bereitschaft zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst angeschrieben werden sollen. Männer sind dann zur Antwort bußgeldbewehrt verpflichtet, während Frauen – für die es ja keine (ausgesetzte) Wehrpflicht gibt – die Beantwortung freigestellt ist. Jedenfalls ein Teil soll anschließend gemustert werden.
Neu ist nun: Melden sich nicht genug Freiwillige, soll die verbleibende Anzahl an Soldatinnen und Soldaten per Los aufgefüllt werden – es greift dann also eine Teil-Wehrpflicht.
SPD noch offen für Änderungen
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch zeigte sich nach der Einigung weiterhin offen für Änderungen im nun anstehenden Verfahren im Bundestag. "Ich bin sehr froh, dass es in einem solchen wichtigen Themenfeld (…) jetzt Eckpunkte gibt, die meines Erachtens eine gute Diskussionsgrundlage für die parlamentarischen Beratungen darstellen", sagte Miersch vor einer Fraktionssitzung in Berlin. "Für uns war immer wichtig, dass wir auf das Element der Freiwilligkeit setzen." Es sei zentral, dass die Menschen auch motiviert seien. Die Frage müsse sein: "Wie kann man das so gerecht wie möglich machen?"
Auch mit Blick auf das vorgeschlagene Losverfahren verwies der SPD-Fraktionsvorsitzende darauf, dass voraussichtlich eine Expertenanhörung im Bundestag erfolgen werde. Dann werde ausgewertet, "wie wir in die zweite und dritte Lesung gehen".
CSU äußert Zustimmung, Grüne und Linke mit Kritik
Als "völlig undurchdachten Vorschlag" lehnen die Grünen ein Losverfahren für den Wehrdienst indes ab. Das Los entscheiden zu lassen, wer gemustert und einberufen werden solle, sei ein "absolut willkürliches" und ein "total bürokratisches" Verfahren, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge in Berlin. Selbst beim alten Wehrdienst habe niemand zum Dienst an der Waffe gezwungen werden können, stattdessen habe es den Ersatzdienst gegeben.
Art. 4 Abs. 3 S. 1 Grundgesetz (GG) bestimmt, dass niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Ob im Fall der Fälle eine Aussetzung des Kriegsdienstverweigerungsrechts möglich wäre, wird nicht einheitlich beantwortet – der Bundesgerichtshof stellte sich im vergangenen Januar auf den Standpunkt, das Kriegsdienstverweigerungsrecht sei gerade nicht als ein unabdingbarer Grundsatz der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung zu begreifen. Dies wurde in der Fachöffentlichkeit zum Teil deutlich kritisiert.
Jedenfalls meint Dröge: Menschen für die Bundeswehr zu gewinnen, die eigentlich gar nicht wollten, "wird auch beim Losverfahren nicht funktionieren". Gelost würden dann voraussichtlich auch Personen, die weder besonders geeignet noch besonders motiviert seien. Der Staat würde sich mit so einem Verfahren ständig ein Nein abholen, sagte Dröge.
Die Linke kritisierte die Pläne auf ihre ganz eigene Weise. Fraktionschef Sören Pellmann warnte insoweit vor einer "Lotto-Wehrpflicht". Das Vorhaben erinnere ihn "an den Roman "Tribute von Panem", wo Kinder für die Hungerspiele ausgelost werden".
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte hingegen argumentiert, ein Losverfahren diene dazu, in einem Auswahlprozess Gleichheit herzustellen. "Der Prozess der Auslosung gewährleistet diese Gleichheit, weil alle die gleiche Chance haben oder Nicht-Chance, gezogen zu werden."
dpa/jb/LTO-Redaktion
Einigung von Union und SPD: . In: Legal Tribune Online, 14.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58382 (abgerufen am: 07.11.2025 )
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