Druckversion
Freitag, 23.05.2025, 16:46 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/walter-luebcke-tod-ermittlungen-mord-generalbundesanwalt-rechtsextrem-hintergrund
Fenster schließen
Artikel drucken
35965

Hinweise auf rechtsextremen Hintergrund: Gene­ral­bun­des­an­walt ermit­telt im Fall Walter Lübcke

17.06.2019

Die Ermittlungen im Fall Lübcke werden nun in Karlsruhe geführt

© VRD - stock.adobe.com

Der Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird nun von höchster Stelle untersucht. Der Generalbundesanwalt übernimmt die Mordermittlungen, Grund sind Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund.

Anzeige

Der Generalbundesanwalt untersucht nun den Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Wie am Montag bekannt wurde, übernahm die Karlsruher Strafverfolgungsbehörde den Fall. Sie wird dabei mit der eingerichteten Sonderkommission zusammenarbeiten. Am Sonntag war ein 45-Jähriger in Kassel festgenommen worden, der im Verdacht steht, Lübcke getötet zu haben.

Der Generalbundesanwalt ist gem. § 120 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) zuständig bei Straftaten mit terroristischem oder staatsgefährdendem Hintergrund oder bei Taten, die geeignet sind, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen und vom Generalbundesanwalt als besonders bedeutsam erachtet werden. Liegen die Voraussetzungen vor, so muss er das Verfahren an sich ziehen.

Hintergrund der Übernahme des Falls Lübcke sind offenbar Hinweise auf einen rechtsextremen Tathintergrund, die ein Sprecher des Generalbundesanwalts am Montagnachmittag bestätigte. Man stütze dies auf das Vorleben des Beschuldigten und seine öffentlichen Äußerungen in der Vergangenheit. Hinweise auf ein rechtes Terror-Netzwerk hinter dem Täter lägen derzeit nicht vor. Die Ermittlungen habe seine Behörde aufgrund ihrer besonderen Bedeutung an sich gezogen, so der Sprecher, der von einer "heimtückischen" Tötung durch einen Kopfschuss sprach.

Lübcke war am 2. Juni um 0.30 Uhr mit einer Kopfwunde auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha (Kreis Kassel) gefunden worden. Gegen 2.35 Uhr wurde der Tod Lübckes festgestellt. Polizei und Landeskriminalamt ermittelten wegen unklarer Todesumstände, gingen aber bald von einem Tötungsdelikt aus. Lübcke soll durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe gestorben sein. Im Zuge der Ermittlungen wurde eine 50-köpfige Sonderkommission eingerichtet.

Verdächtiger bereits wegen ausländerfeindlicher Gewalt verurteilt

Der nun festgenommene Verdächtige soll nach einem Bericht von Zeit Online im Jahr 1993 einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim im hessischen Hohenstein-Steckenroth verübt haben. Damals war ein brennendes Auto an der Unterkunft im Rheingau-Taunus-Kreis gerade noch rechtzeitig gelöscht worden, bevor der selbst gebastelte Sprengsatz auf der Rückbank detonieren konnte. Bei dem damals festgenommenen 20-Jährigen habe es sich um den Mann gehandelt, der nun im Fall des erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke unter Mordverdacht stehe, berichtete Zeit Online am Montag. Bestätigt haben die Ermittler das bisher nicht.

Nach der Tat in Hohenstein und der Festnahme hatte die Polizei damals mitgeteilt, der 20-Jährige habe zugegeben, allein und aus ausländerfeindlichen Motiven gehandelt zu haben. Er sei bereits zuvor unter anderem wegen Brandstiftung sowie Verstößen gegen das Waffengesetz und Körperverletzung in Erscheinung getreten. Zeit Online berichtete, der Mann sei wegen der Tat damals zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel soll der Mann zumindest in der Vergangenheit auch im Umfeld der hessischen NPD aktiv gewesen sein. Vor zehn Jahren sei er auch an Angriffen von Rechtsradikalen auf eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 1. Mai 2009 in Dortmund beteiligt gewesen. Er sei damals wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seither sei er nicht mehr als extremistisch aufgefallen, berichtete der Spiegel unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Lübcke im Visier von Rechten

Walter Lübcke hatte sich 2015, so wie viele Politiker auf kommunaler und nationaler Ebene, für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Er begründete dies mit christlichen Werten. Für seine Äußerungen war er von Rechten angefeindet worden und erhielt Morddrohungen. Kurzzeitig stand er sogar unter Polizeischutz.

Thomas Haldenwang, der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hat seit seinem Amtsantritt als Behördenleiter im vergangenen November mehrfach betont, er sehe aktuell erhebliche Risiken im rechten Spektrum. Seine Behörde beschreibt die Szene in einer vertraulichen Analyse, über die die Welt berichtete, als zersplittert: Als maßgebliche Akteure träten mittlerweile "vor allem wenig komplex organisierte Kleingruppen und Einzelpersonen in Erscheinung". Klassische und größere rechtsextreme Organisationen verlören an Einfluss. Damit sei die Überwachung in den vergangenen Jahren "deutlich arbeits- und personalintensiver geworden".

mam/LTO-Redaktion/dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Hinweise auf rechtsextremen Hintergrund: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35965 (abgerufen am: 23.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • Ermittlungsverfahren
    • Generalbundesanwalt
    • Mord
    • Rechtsextremismus
    • Strafverfahren
Sicherheitsbehörden gehen gegen die 'Letzte Verteidigungswelle' vor 21.05.2025
Rechtsextremismus

Razzia gegen mutmaßliche rechte Terrorzelle:

Polizei nimmt fünf teils noch jugend­liche Per­sonen fest

Männer aus mehreren Bundesländern sollen eine rechtsextreme Terrorzelle gegründet haben. Nun kam es zu Durchsuchungen und Festnahmen. Justizministerin Hubig macht vor allem Sorgen: Manche der Festgenommenen sind gerade einmal 14 Jahre alt.

Artikel lesen
Dobrindt bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Statistik zu politisch motivierten Kriminalität 20.05.2025
Straftaten

Neue Fallzahlen zur Politisch motivierten Kriminalität:

Exp­lo­si­ons­ar­tiger Ans­tieg

Bei Straftaten mit politischem Hintergrund gibt es eine alarmierende Entwicklung. Vor allem rechte und antisemitische Straftaten nehmen stark zu. Es sind die höchsten Zahlen seit Beginn der Erhebung.

Artikel lesen
StVE Stollberg/Hoheneck 20.05.2025
Befangenheit

Befangenheitsantrag in DDR-Rehablitationsverfahren abgelehnt:

BVerfG bemän­gelt "grund­le­gende Ver­ken­nung des Gewähr­leis­tungs­ge­halts"

Auch Jahrzehnte später kämpfen DDR-Opfer um Rehabilitierung. Das BVerfG stellte in einem Verfahren nun erhebliche Rechtsverstöße des LG Meiningen fest.

Artikel lesen
Zwei Polizeibeamte begleiten einen Angeklagten in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts München. Prozessbeginn zu Spionagevorwürfen. 20.05.2025
Nachrichten

Oberlandesgericht München:

Pro­zess­be­ginn wegen Spio­na­ge­vor­würfe

Drei Deutsch-Russen stehen in München wegen Spionagevorwürfen vor Gericht. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe – einer soll laut Verteidigung nur auf eigene Faust den Spion gespielt haben. 

Artikel lesen
iPhone Touch ID 20.05.2025
Ermittlungsverfahren

BGH entscheidet erstmals:

Zwangs­weises Fin­ger­auf­legen zur Smart­phone-Ent­sper­rung recht­mäßig

Der BGH hat eine lange umstrittene Frage entschieden: die Polizei darf Finger unter Zwang aufs Handy legen – jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen.

Artikel lesen
Polizeimitarbeiter in Uniform nimmt DNA-Spuren 16.05.2025
DNA-Analyse

Justizminister wollen DNA-Analyse erweitern:

"Der Vor­schlag ist ras­sis­tisch"

Anwaltsverbände sind empört: Die Länderjustizchefs wollen sich Anfang Juni für die hochumstrittene "biogeografische DNA-Analyse" aussprechen. Bei der Suche nach Straftätern könnten dann auch Aussagen über deren Herkunft getroffen werden. 

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Evangelische Hochschule Freiburg
Pro­fes­sur für Recht in der So­zia­len Ar­beit (m/w/d)

Evangelische Hochschule Freiburg , Frei­burg im Breis­gau

Logo von GvW Graf von Westphalen
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) Stand­ort Stutt­gart

GvW Graf von Westphalen , Stutt­gart

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Wirt­schafts­straf­recht

CMS Deutschland , Stutt­gart

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger Print & On­li­ne (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Moovijob Day Luxembourg in Trier

23.05.2025, Trier

Plötzlich doch selbständig? Wie aus einer Scheinselbständigkeit von Lehrkräften eine selbständige Tätigkeit werden kann

26.05.2025, Bonn

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fachanwaltslehrgang Erbrecht im Fernstudium/ online

23.05.2025

Konfliktvermeidung durch Vertragsgestaltung und Vertragsgestaltung zur Konfliktlösung

26.05.2025, Frankfurt am Main

Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH