Eine Entscheidung des VG Düsseldorf hat die Debatte neu entfacht: Sollten AfD-Mitglieder keine Waffen haben dürfen? Eine klare Antwort haben Gerichte und Behörden nicht. In Bayern können AfDler zumindest besonders in den Fokus geraten.
Behörden in Bayern können ein AfD-Parteibuch als Hinweis für eine Überprüfung von Waffenerlaubnissen sehen. Eine Parteimitgliedschaft könne "gegebenenfalls als Indiz gewertet werden, das eine Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit rechtfertigt", teilte das bayerische Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Eine solche Zuverlässigkeit ist Voraussetzung dafür, eine waffenrechtliche Erlaubnis wie etwa einen Waffenschein oder eine Waffenbesitzkarte zu bekommen oder behalten zu dürfen.
Nach Ansicht des bayerischen Innenministeriums dürfen Behörden derzeit bei AfD-Mitgliedern nicht automatisch davon ausgehen, dass sie diese Voraussetzung nicht erfüllen. Zwar werde die Partei in Bayern vom Verfassungsschutz wegen des Verdachts beobachtet, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu verfolgen. Ob allein dieser Verdacht ausreicht, um bei Mitgliedern eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts (§ 5 Waffengesetz (WaffG)) anzunehmen, hätten Verwaltungsgerichte deutschlandweit bisher unterschiedlich beantwortet, sagte eine Ministeriumssprecherin. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe zuletzt die Auffassung vertreten, "dass das Verfolgen von verfassungsfeindlichen Bestrebungen durch die Vereinigung feststehen müsse", ein begründeter Verdacht also nicht ausreiche.
Zugehörigkeit zum AfD-"Flügel" relevant?
Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht (VG) war dagegen am vergangenen Montag in zwei Verfahren zu dem Schluss gekommen, der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen reiche für die Feststellung einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit aus. Das Gericht wies deshalb Klagen zweier AfD-Mitglieder ab, denen die Erlaubnis zum Waffenbesitz widerrufen worden war.
Die Sprecherin des bayerischen Innenministeriums betonte dagegen, es sei "nicht zu verkennen", dass "innerhalb der AfD weiterhin eine gewisse Bandbreite unterschiedlicher politischer Positionen vertreten wird". Wegen dieser Unterschiede könne "eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit derzeit nur angenommen werden, wenn ein Mitglied sich aktiv verfassungsfeindlich betätigt". So hatte etwa das Verwaltungsgericht Köln argumentiert, warum speziell ein AfD-Mitglied, das zum völkisch-nationalistischen "Flügel" der Partei gehörte, als waffenrechtlich unzuverlässig einzustufen sei. Der Verfassungsschutz hatte den mittlerweile aufgelösten "Flügel" als "gesichert extremistisch" eingestuft.
Auch das VG Gera lehnte eine pauschale waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen der Parteimitgliedschaft ab. Es sah in dem Fall eines Sportschützen keine Verfassungsfeindlichkeit der gesamten AfD in Thüringen. Auch das OVG Sachsen-Anhalt ließ die Einstufung des AfD-Landesverbands als Verdachtsfall nicht ausreichen, um eine pauschale Unzuverlässigkeit von Parteimitgliedern anzunehmen.
Parteizugehörigkeit wird bei Erlaubnisentzug nicht erfasst
Ob – und wenn ja, wie vielen – AfD-Mitgliedern in Bayern im vergangenen Jahr Waffen abgenommen wurden, sagte die Sprecherin auf Nachfrage nicht. "Im Jahr 2023 wurde in Bayern insgesamt 26 Personen, die der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen sind, die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen", sagte die Sprecherin. "Hierunter waren auch Mitglieder von Parteien, die im Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen stehen." Ob das allein wegen der Parteimitgliedschaft erfolgt sei oder wegen zusätzlicher Aktivitäten, werde aber nicht erfasst.
ms/dpa/LTO-Redaktion
Gerichte und Behörden entscheiden unterschiedlich: . In: Legal Tribune Online, 04.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54928 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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