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Nach Einigung im Musterfeststellungsverfahren: Frist für Teil­nahme am VW-Ver­g­leich ver­län­gert

20.04.2020

Das Volkswagen-Werk in Wolfsburg

(c) Val Thoermer/stock.adobe.com

Das mühsam ausgehandelte Angebot für eine Diesel-Entschädigung kommt bei den allermeisten anspruchsberechtigten VW-Kunden gut an. Mitgemacht haben aber noch nicht alle, der Autobauer verlängert deshalb die Frist.

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Ende Februar kam es endlich zur grundsätzlichen Einigung, nun geht es um die tatsächliche Akzeptanz der Verbraucher: Der Diesel-Vergleich zwischen dem VW-Konzern und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) im Rahmen des Musterfeststellungsverfahrens soll mehr als 260.000 Autofahrern, die sich durch den Abgasskandal getäuscht sehen, Schadenersatz für den Wertverlust ihrer Fahrzeuge bieten. Am Montag lief die Frist zur Registrierung eigentlich aus, wegen des "großen Interesses" wurde sie jetzt noch einmal verlängert. Wer den Kompromiss nicht annehmen will, hat aber weiterhin auch andere Möglichkeiten.

Mitte April hatte Volkswagen eine Zahl von rund 250.000 Verbrauchern gemeldet, die am Vergleich teilnehmen wollten. Das wären etwa 95 Prozent der insgesamt 262.000 Kunden, die gemäß den zugrundeliegenden Kriterien zur Annahme des Vergleichsangebots berechtigt sind. Am Montag erklärte VW, man habe sich mit mittlerweile 200.000 Dieselfahrern geeinigt – damit könnten schon 620 Millionen Euro ausgezahlt werden. Bei rund 21.000 Fällen stehe die abschließende Prüfung aktuell noch aus. Die Frist für Neuregistrierungen und Ergänzungen fehlender Unterlagen wurde ausgeweitet, sie läuft nun bis zum 30. April.

Die meisten teilnehmenden Kunden waren offenbar zufrieden - besonders um und nach Ostern gab es aber auch einige Beschwerden beim vzbv. Demnach beklagten sich rund 2.000 Verbraucher, unter anderem, weil sie von VW falsche oder missverständliche Auskünfte bekommen oder keine Zugangsdaten fürs Vergleichsportal erhalten hätten. "Volkswagen hat uns zugesagt, dass solche Fälle noch geklärt werden", hieß es beim vzbv. VW-Rechtsvorständin Hiltrud Werner sagte am Montag: "Die hohe Zahl der heute geschlossenen Vergleiche zeigt, dass das Vergleichsangebot von unseren Kundinnen und Kunden als fair empfunden wurde und der Weg zum individuellen Vergleichsabschluss gut funktioniert hat."

Das Angebot: Bis zu 6.250 Euro plus Kosten der Rechtsberatung

Der Vergleich richtet sich an Halter von Dieselautos mit dem fraglichen Motortyp EA 189 - neben Modellen der Kernmarke VW-Pkw also etwa auch von Audi, Skoda, Seat und den leichten VW-Nutzfahrzeugen. Sie sollen je nach Typ und Alter ihres Wagens aus den Modelljahren 2008 bis 2016 Entschädigungen zwischen 1.350 und 6.250 Euro bekommen. Im Schnitt sollen die Zahlungen 15 Prozent des Kaufpreises abdecken. Die Gesamtsumme, die der Vergleich VW kosten könnte, liegt etwa bei 830 Millionen Euro, zudem trägt der Autobauer die Kosten zur Abwicklung des Vergleichs und zur Rechtsberatung.

VW hatte Teilnehmer der Musterklage ab Mitte März angeschrieben: Kunden, die "entweder das Kriterium 'Kauf vor dem 1. Januar 2016' oder das Kriterium 'Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erwerbs in Deutschland' nicht erfüllen, sind nicht vergleichsberechtigt", erklärte der Konzern per E-Mail. Die rund 262.000 Dieselbesitzer sind daher nur eine Teilmenge der insgesamt rund 440.000 Einträge für das Musterverfahren. Erst mussten Doppel- und Spaßeinträge gelöscht werden, dann alle, die zum Kaufzeitpunkt im Ausland lebten oder ihr Auto erst nach dem Ende des Jahres 2015 erwarben.

Die Berechtigten könnten sich für eine Einmalzahlung entsprechend ihrem individuellen Angebot entscheiden, schrieb Volkswagen. "Im Gegenzug verzichten die Kunden auf etwaige in der Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen vorgebrachte Ansprüche."

Das Unternehmen versprach, die Beträge nach positiv beschiedener Prüfung möglichst rasch zu überweisen, spätestens ab dem 5. Mai 2020. Dies ist auch der Tag, an dem - unabhängig von dem Sammelverfahren in Braunschweig - eine private Einzelklage eines VW-Dieselfahrers erstmals am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt wird. Innerhalb von drei Monaten sollen nach Angaben des Konzerns dann alle Vergleichsberechtigten die ihnen zugesprochene Summe erhalten.

Wie die Gerichte bisher entschieden haben

An vielen Land- und Oberlandesgerichten gab es schon Dieselverfahren, mit unterschiedlichem Ausgang. Teils wurde VW-Kunden Schadenersatz oder sogar Kaufpreis-Ersatz zugesprochen. Oft bekam aber auch der Konzern Recht in seiner Auffassung, die betroffenen Autos seien sicher und voll verkehrstüchtig. Strittig blieb häufig die Frage, ab wann mögliche Ansprüche von Kunden auf Entschädigung verjähren und ob sie Nutzungsabschläge zahlen müssen. Betriebsratschef Bernd Osterloh erklärte im VW-Intranet, er halte den vzbv-Vergleich für attraktiv - das zeige die Resonanz der Kunden auf die außergerichtliche Lösung.

In den USA, wo die Abgasaffäre im September 2015 ans Licht gekommen war, hatte VW Verbraucher, Händler und Behörden mit Milliardensummen entschädigt. Es gab heftige Kritik daran, dass der Konzern dies in anderen Ländern nicht in ähnlichem Umfang tat - es wäre womöglich aber auch an seine finanzielle Substanz gegangen. Tausende Kunden in Deutschland entschlossen sich zu individuellen Klagen. Der vzbv zog mit einem Musterfeststellungsverfahren stellvertretend für mehrere Hunderttausend Dieselfahrer vor Gericht. VW zögerte bei dem Vergleich lange mit Verweis auf die vielen unterschiedlichen Einzelfälle. Eine Sammelklage läuft zurzeit in Großbritannien.

ast/dpa/LTO-Redaktion

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Nach Einigung im Musterfeststellungsverfahren: Frist für Teilnahme am VW-Vergleich verlängert . In: Legal Tribune Online, 20.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41351/ (abgerufen am: 18.08.2022 )

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