Ein Sozialverband erhält vom Land Hessen keine Entschädigung dafür, dass das Flüchtlingsheim auf seinem Grundstück in der Nähe des Frankfurter Flughafens liegt, so der VGH. Mit einer Nutzungsänderung sei der Bestandsschutz entfallen.
Der Eigentümer einer Flüchtlingsunterkunft in Nähe des Frankfurter Flughafens hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung für die fluglärmbedingten Beeinträchtigungen. Das geht aus einem Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom Montag hervor. Die Unterkunft sei erst nach der Deklaration des Lärmschutzbereichs errichtet worden (Urt. v. 21.10.2019, Az. 9 C 1171/17.T).
In dem Fall ging es um ein Gebäude der Arbeiterwohlfahrt (Awo) des Kreisverbands Frankfurt, die 2016 aus einem Altenheim eine Flüchtlingsunterkunft gemacht hatte. 63.000 Euro hatte der Sozialverband für die sogenannten fluglärmbedingten Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs aus dem Fluglärmschutzgesetz gefordert. Mit einer einmaligen Zahlung will der Staat Eigentümer von Immobilien entschädigen, die durch Fluglärm Balkone, Terrassen und Gärten nur mit Einschränkungen nutzen können. Die Beträge richten sich nach der Lärmbelastung und dem Wert der Immobilie.
Im konkreten Fall ging es um ein Grundstück im Lärmschutzbereich des Frankfurter Flughafens: das Bürgermeister-Menzer-Haus und das Guiseppe-Bruno-Haus in Frankfurt-Niederrad. Die Awo betreibt die Einrichtung mit 170 Flüchtlingen zwar nicht mehr, ist aber Eigentümer. Laut deren Rechtsanwalt handelt es sich um eine besondere Einrichtung, weil dort viele Familien untergebracht sind, die im Durchschnitt zwei Jahre dort wohnen. "Der Außenbereich ist wichtig, weil dort sehr viele Kinder untergebracht sind", sagte er. Das Gesetz sieht Entschädigung für Wohnraum vor - und für bestimmte "schutzbedürftige Einrichtung".
VGH: Nutzung als Flüchtlingsheim lässt Bestandsschutz entfallen
Die Klage richtet sich gegen das Land Hessen, das eine Entschädigungszahlung abgelehnt hat. Die frühere Altenpflegeeinrichtung falle nach der Umnutzung zur Flüchtlingsunterkunft nicht mehr unter den Schutz des Fluglärmgesetzes, argumentierte ein Vertreter der Behörde. Es gehe bei diesem Fall vor allem um den Wohncharakter der Immobilie, nicht um den Schutzstatus der Menschen. Zudem sei der Charakter einer Wohnung nicht gegeben, weil es eine Großküche gebe. Zahlen müsste der Flughafenbetreiber Fraport, der als Beteiligter vor Gericht beigeladen war.
Der VGH hat die Klage allerdings abgewiesen und die Rechtsauffassung des Landes bestätigt. Mit der Nutzungsänderung von dem Altenheim in eine Flüchtlingsunterkunft habe der Eigentümer rechtlich betrachtet ein neues Gebäude errichtet, wodurch der Bestandsschutz und damit auch eine mögliche Entschädigung entfielen, so der für das Luftverkehrsrecht zuständige 9. Senat.
Die Kasseler Richter erkannten die Flüchtlingsunterkunft insbesondere nicht als schutzbedürftige Einrichtung an, wie es zuvor bei dem Altenheim noch der Fall gewesen war. Nach der Änderung sei vielmehr von einer wohnähnlichen Nutzung auszugehen, die zu einem Altenheim wesentliche Unterschiede aufweise.
Aber auch wenn der VGH wegen der Betreuungsleistung in der Flüchtlingsunterkunft von einer schutzbedürftigen Einrichtung ausgegangen wäre, hätte dies an der Entscheidung nichts geändert, ließen die Richter weiterhin erkennen. Denn wegen der geänderten Nutzung und Belegung hätte die Unterkunft zudem nach dem Bau- und Lärmschutzrecht rechtlich neu beurteilt werden müssen. Damit sei der Bestandsschutz verloren und es gebe keine Außenbereichs-Entschädigung, entschied der VGH Hessen. Die Entschädigung gebe es nicht für Gebäude, die nach Einrichtung des Lärmschutzbereichs errichtet worden seien.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
VGH Hessen: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38293 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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