Stuttgart wollte Grabsteine aus Kinderarbeit von seinen Friedhöfen verbannen. Doch der VGH Baden-Württemberg hat ein entsprechendes Verbot kassiert: Es fehle ein anerkanntes Siegel für fair gehandelte Grabsteine.
Kommunen dürfen Grabsteine aus Kinderhand auf ihren Friedhöfen nicht einfach verbieten. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat eine Stuttgarter Regelung für unwirksam erklärt, wonach Grabsteine nachweislich ohne Kinderarbeit hergestellt worden sein müssen. Es gebe ganz einfach kein staatlich anerkanntes Zertifikat für solche Grabsteine, erklärte der VGH am Dienstag in Mannheim (Beschl. v. 21.05.2015, Az.: 1 S 383/14, 1 S 403/14, 1 S 491/14, 1 S 556/14).
Schon zuvor hatten der VGH und mehrere Verwaltungsgerichte ähnliche Verbote aus anderen Kommunen mit derselben Begründung gekippt. Zwar gibt es Siegel von Organisationen, die zusichern, dass die Grabsteine nicht aus Kinderarbeit stammen. Doch die Aussagekraft dieser Siegel sei ungeklärt, so das Gericht. Den Steinmetzen könne daher der Nachweis nicht zugemutet werden, dass ihre Grabsteine tatsächlich ohne Kinderarbeit produziert wurden.
Der VGH hatte aus den gleichen Gründen bereits Ende April eine vergleichbare Vorschrift der Stadt Kehl für unwirksam erklärt. Diesmal jedoch hatten neun Steinmetzbetriebe aus dem Raum Stuttgart geklagt.
BVerwG hat ebenfalls im Sinne der Steinmetze entschieden
Der Landtag hatte die Kommunen zu Verboten von Grabsteinen aus unfairem Handel oder ausbeuterischer Kinderarbeit ermächtigt. Schätzungen zufolge schuften in Indien Zehntausende Kinder in Steinbrüchen und Ziegeleien - auch für Grabsteine in Deutschland.
Die jetzt veröffentlichte Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die Kommune hat die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Nichtzulassung beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig einzureichen.
Dort stehen die Chancen allerdings auch nicht gut: In einem ähnlichen Fall aus Bayern hatte das BVerwG im Jahr 2013 ebenfalls zugunsten der Steinmetze entschieden. Es erklärte eine Nürnberger Regelung für unwirksam, wonach Grabsteine nachweislich ohne Kinderarbeit produziert worden sein mussten. Die Regelung schränke die Steinmetze in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ein und sei daher unzulässig.
dpa/avp/LTO-Redaktion
VGH Baden-Württemberg zu fehlendem Siegel: . In: Legal Tribune Online, 09.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15796 (abgerufen am: 13.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag