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Verwaltungsgerichtshof Mannheim: Ein Grab­stein darf nicht zu bunt sein

17.10.2024

Ein würdevoller Friedhof

Die Würde des Friedhofs ergebe sich aus seiner Angepasstheit, so die Gerichte. Foto: stock.adobe.com / TwilightArtPictures

Eine knallbunte Skulptur auf einem Friedhof sorgte für Aufsehen. Sie muss weg, weil sie gegen die Friedhofssatzung verstoße und den Ort entwürdige, so der VGH Baden-Württemberg. Ästhetische und religiöse Freiheit stießen hier an ihre Grenzen.

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In dem Fall hatten Angehörige eine 1,55 Meter große Skulptur in weiß, rot, orange und gelb auf einem Friedhof in Baden-Württemberg errichten lassen. Die Grabstätte sorgte für Aufsehen, die Friedhofsverwaltung erreichten mehrere Beschwerden, woraufhin diese eine Beseitigungsverfügung erließ.

Die Angehörigen zogen daraufhin vor Gericht. In der Vorinstanz hatte bereits das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart entschieden, dass die Skulptur andere Besucher in ihren Grundrechten, vor allem deren Religionsfreiheit, einschränke (Urt. v. 16.04.2024, Az. 6 K 943/23). Nun bestätigte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim: Der Grabstein ist zu bunt. Er wies den Antrag auf Zulassung der Berufung per Beschluss ab (Beschl. v. 07.10.2024, Az. 1 S 800/24). 

In dem Verfahren ging es um die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (GG) und die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG der Angehörigen einerseits, um § 15 Friedhofssatzung (FS) sowie § 14 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg andererseits. Laut § 15 FS müssen Grabmale "der Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage entsprechen". § 14 BestattG bestimmt: "Gestaltung und Ausstattung der Grabstätten müssen der Würde des Orts entsprechen". Der VGH schloss daraus, dass Angehörige demnach zwar berechtigt seien, eine Grabstätte "in einer ihrem ästhetischen oder religiösen Empfinden entsprechenden Weise zu gestalten". Das Recht stoße jedoch an eine Grenze, die der Anstaltszweck des Friedhofs aufstelle.

Der VGH entschied deshalb, dass sich die Grabgestaltung an den Gemeinschaftscharakter des Friedhofs anpassen müsse, denn auch die Grundrechte anderer Friedhofsnutzer müssten beachtet werden. Dafür, dass sie gewahrt werden, sei der Friedhofsträger verantwortlich. So sei der Zweck eines Friedhofs, die Möglichkeit zu schaffen, ungestört den Toten zu gedenken. Die Würde des Friedhofs sei dabei ein Ausdruck der Achtung der Friedhofsbesucher. Kurzum: Trotz Religionsfreiheit haben sich die Angehörigen laut VGH an die Gestaltungsvorschriften zu halten. 

Dabei komme es besonders auf das Gesamtbild des Friedhofs an, welches durch eine solch auffällige Skulptur negativ beeinträchtigt werde, so der VGH. Eine Grabfläche könne nicht isoliert betrachtet werden, weil sie immer im Gesamtbild zu den übrigen Gräbern stehe. Die Skulptur sei mit ihren 1,55 Metern zu groß, zu leuchtend, zu auffällig. Sie ziehe damit zu viel Aufmerksamkeit auf sich, wodurch ein ungestörtes Totengedenken für die anderen Friedhofsbesucher nicht mehr möglich sei, argumentiert das Gericht.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unanfechtbar.

ls/LTO-Redaktion

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Verwaltungsgerichtshof Mannheim: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55655 (abgerufen am: 23.05.2025 )

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