VW-Rückrufanordnung nach Dieselskandal: Kraft­fahrt­bun­de­samt muss Umwelt­schüt­zern Akten­ein­sicht gewähren

23.04.2018

Erfolg für die DUH: Das KBA muss Schriftverkehr mit VW im Zusammenhang mit der Rückrufaktion im Abgasskandal herausgeben. Bei allein in Deutschland 2,4 Millionen betroffenen Haltern überwiege das öffentliche Interesse, so das VG Schleswig.

Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) muss der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Streit um die Rückrufanordnung von VW-Modellen im Zuge des Abgasskandals Akteneinsicht gewähren. Ausgenommen sind personenbezogene Daten. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (VG) gab damit einer entsprechenden Klage des Verbandes statt (Urt. v. 20.04.2018, Az. 6 A 48/16).

Nach Auffassung des Gerichts überwiege das öffentliche Interesse, selbst wenn Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von VW in den Akten vorliegen sollten. Immerhin seien allein in Deutschland 2,4 Millionen Halter von VW-Dieselfahrzeugen von der Rückrufaktion betroffen.

Die DUH will den gesamten Schriftverkehr zwischen dem Bekanntwerden des Dieselskandals am 18. September 2015 und dem 15. Oktober 2015 einsehen, der sich mit der Rückrufanordnung bei VW befasst. Am 15. Oktober ist die Anordnung ergangen. Grundlage ist das Umweltinformationsgesetzes (UIG).

VW mit komplett geschwärzten Akten

In der mündlichen Verhandlung ging es unter anderem um eine Akte mit 581 Seiten, die unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von VW komplett geschwärzt worden war.

Das Gericht kritisierte, dass das KBA die Schwärzungen der gesamten Akten unter anderem wegen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen "völlig ungeprüft" von VW übernommen habe - und zwar, nachdem es zunächst der Meinung gewesen sei, dass die Akteninhalte nur teilweise unkenntlich gemacht herausgegeben werden können.

Auch ob laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einer ungeschwärzten Herausgabe entgegenstehen, sei von Seiten des KBAs nicht hinreichend dargelegt worden, bemängelten die Richter.

DUH: Warum gibt es bis heute keine Bußgelder?

Dem Urteil voraus ging ein mehrstündiger, zum Teil hitzig geführter Austausch darüber, ob die Interessen der Öffentlichkeit oder die Interessen von VW auf Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen überwiegen - und ob eine Akte mit 581 komplett geschwärzten Seiten tatsächlich nur Geheimnisse enthalten kann.

Der Anwalt der DUH, Remo Klinger, begrüßte die Entscheidung. "Nun kommt hoffentlich Licht in den Dieselskandal", sagte er der dpa. "Denn es ist immer noch unklar, wie es zu der Anordnung bloßer Softwareupdates kam und warum bis heute keine Bußgelder zu zahlen waren." Das KBA war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die DUH klagt in Schleswig indes nicht nur auf Akteneinsicht in Sachen Rückrufanordnung, sondern auch gegen die Rückrufanordnung an sich. Diese sieht die DUH als nicht ausreichend an. Im Dezember hatte der Autohersteller die Klage als unzulässig abgelehnt. Der Verband ist nach Ansicht der Richter nicht klageberechtigt. Über den Inhalt der Klage wurde damals nicht verhandelt. Gegen das Urteil legte die DUH Berufung am Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein ein.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VW-Rückrufanordnung nach Dieselskandal: Kraftfahrtbundesamt muss Umweltschützern Akteneinsicht gewähren . In: Legal Tribune Online, 23.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28217/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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