Ergeben sich nach der Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis berechtigte Zweifel an der Fahreignung, darf die Fahrerlaubnis auch in Deutschland entzogen werden, so das VG Neustadt. Bei der Bewertung kann die Behörde auch vergangene Taten in Deutschland berücksichtigen. Ein Deutscher darf mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis nun nicht mehr am deutschen Straßenverkehr teilnehmen.
Deutsche Führerscheinbehörden können eine in Tschechien erworbene EU-Fahrerlaubnis kassieren, wenn sich nach deren Erteilung aufgrund neuer Tatsachen berechtigte Zweifel an der Fahreignung ergeben, die nicht ausgeräumt werden können. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt an der Weinstraße hervor (v. 25.02.2015, Az. 1 K 702/14.NW).
Die deutsche Behörde entzog dem Kläger seine im Jahr 2010 in Tschechien erworbene Fahrerlaubnis, weil der sich weigerte, sich einer medizinisch psychologischen Untersuchung zu unterziehen. Diese forderte die Behörde mit Blick darauf an, dass der Kläger schon vor Jahren, als er noch über eine deutsche Fahrerlaubnis verfügte, mehrfach alkoholisiert im Straßenverkehr aufgefallen war. Daraufhin war ihm diese im Jahr 2008 entzogen und eine Wiedererteilung ausgeschlossen worden. Als er im Jahr 2013 dann, zwischenzeitlich im Besitz einer tschechischen Fahrerlaubnis, erneut mit einer Blutakoholkonzentration von "nur" 0,8 Promille, aufgegriffen wurde, hätte allein diese noch nicht für die Anordnung einer MPU gereicht.
Das VG Neustadt teilte aber die Auffassung der Behörde, dass diese nicht nur die Alkoholauffäligkeiten nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis berücksichtigen durfte, sondern auch schon die mehrfachen, nicht unerheblichen Taten zuvor. Auf dieser Grundlage habe sie wie gegenüber dem Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis eine MPU anfordern und, als der Kläger kein Gutachten vorlegte, auch die tschechische Fahrerlaubnis entziehen dürfen, so die Verwaltungsrichter.
Die Behörde verstoße damit insbesondere nicht gegen den europarechtlichen Grundsatz der vorbehaltslosen gegenseitigen Anerkennung der in den Mitgliedstaaten der EU ausgestellten Führerscheine. Die EU-Richtlinie erlaube es nämlich, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften über die Entziehung einer Fahrerlaubnis anwenden, wenn Umstände nach dem Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat das rechtfertigen. Dafür genüge es, dass, wie im vorliegenden Fall, die Maßnahme teilweise auf einem nachträglichen Verhalten des Führerscheininhabers beruhe, wenn ein Zusammenhang mit dem früheren Verhalten bestehe und die nachträgliche Auffälligkeit von einigem Gewicht sei, so die Richter.
dpa/pl/avp/LTO-Redaktion
VG Neustadt billigt Entziehung: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15048 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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