Weil sie der salafistisch-extremistischen Ausrichtung des Islam zumindest sehr nahe stehe, wurde einer Marokkanerin die Einbürgerung versagt. Die Verwaltungsrichter bestätigten jetzt die Behördenentscheidung.
Eine dem Salafismus nahestehende Marokkanerin wird nach einem Gerichtsbeschluss nicht in Deutschland eingebürgert. Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen lehnte nach einem am Montag veröffentlichten Urteil die Klage der 21-jährigen Frau ab. Wegen ihrer Nähe zu zwei salafistisch-extremistisch ausgerichteten Moscheen gingen die Richter davon aus, dass ihr abgegebenes Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht ehrlich sei (Urt. v. 19.11.2015, Az. 5 K 480/14).
Das Staatsangehörigkeitsgesetz verlange für die Einbürgerung ein Bekenntnis des Ausländers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Diese Erklärung sei keine bloße Formalität, betonten die Aachener Richter. Ziel des Bekenntnisses zur Verfassungstreue sei es, die Einbürgerung von Verfassungsfeinden und die daraus herrührende Gefahr für das Staatswesen zu verhindern. Daher müsse es von einer entsprechenden Überzeugung getragen sein. Daran fehle es hier.
Grund für die Zweifel des Gerichts am Bekenntnis der Klägerin zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung waren zum einen die zahlreichen falschen Angaben während des Einbürgerungsverfahrens. So sei ihre Erklärung, von 2005 bis 2009 eine öffentliche Realschule besucht zu haben, nicht korrekt.
Jedenfalls war die 5. Kammer davon überzeugt, dass die Frau der salafistisch-extremistischen Ausrichtung des Islam zumindest sehr nahe stehe und vieles dafür spreche, dass sie eine Anhängerin dieser Ausrichtung sei. Die salafistische Ideologie aber widerspreche in wesentlichen Punkten, insbesondere ihrem Gesellschaftsbild, dem politischen Ordnungssystem, der Gleichberechtigung sowie der individuellen Freiheit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das formal abgegebene Bekenntnis der Frau zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sei daher nicht von einer entsprechenden inneren Überzeugung getragen.
Die Gelegenheit, sich vom Salafismus zu distanzieren, nutzte sie nicht
Das Gericht sah es nach der Verhandlung als erwiesen an, dass die Frau sich seit ihrer Kindheit ausschließlich in streng islamistisch oder salafistisch orientierten Kreisen bewegt habe. Sie habe enge Verbindungen zu zwei Moscheen in Aachen, die nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes salafistisch-extremistisch ausgerichtet seien.
Ihr Vater sei Vorsitzender des Trägervereins einer der beiden Moscheen. Nach einer intensiven Ausbildung in Arabisch sowie Islamische Ethik an einer Schule in einer der Moscheen, bei der sie "ausgesprochen aktiv am Unterricht teilgenommen" habe, sei sie fast ein Jahr lang selbst als Lehrerin dort beschäftigt gewesen.
Die Frau hatte zwar in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, sie habe keine Ahnung, welche Denkweisen in den einzelnen Moscheen vertreten würden und sie wisse überhaupt nicht, was Salafismus sei. Dies erscheine jedoch angesichts ihrer nachgewiesenen Ausbildung geradezu lebensfremd, so das Gericht.
Die Gelegenheit, sich im Lauf des Gerichtsverfahrens von der salafistisch-extremistischen Ausrichtung der Moscheen zu distanzieren, habe die Klägerin nicht genutzt. Stattdessen habe sie sich darauf beschränkt, den Medien vorzuwerfen, die Muslime in ein schlechtes Licht zu rücken.
Auffallend gewesen seien auch ihre kurzen, aufgesetzt wirkenden Antworten betreffend zentrale Diskussionsthemen im Islam und in der Gesellschaft, wie die Stellung von Mann und Frau oder die Konversion von Moslems oder die Bedeutung der Scharia.
All diese Aspekte ließen keine günstige Zukunftsprognose hinsichtlich ihrer islamistischen Haltung zu.
Gegen das Urteil kann die Klägerin die Zulassung der Berufung beantragen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.
ahe/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
Keine Einbürgerung bei fehlender Verfassungstreue: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17711 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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