VG Köln legt dem BVerfG vor: Streit um Selbs­tö­tung im Falle schwerer Krank­heit bald in Karls­ruhe

19.11.2019

Schwerkranke Menschen sollen in existenziellen Notlagen ein Recht auf Selbsttötung haben, so das VG Köln. Der Gesetzgeber sieht das aber anders. Nun soll das BVerfG entscheiden.

Das generelle Verbot des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung ist nach Überzeugung der des Verwaltungsgerichts (VG) Köln nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Gericht hat daher sechs Klageverfahren ausgesetzt und die einschlägigen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Überprüfung vorgelegt (Beschl. v. 19.11.2019, Az. 7 K 8461/18 u.a.).

Die Kläger der zugrundeliegenden Verfahren leiden an gravierenden Erkrankungen und deren Folgen. Sie begehren daher vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung. Das BfArM wies ihre Anträge jedoch ab.

Die Kläger berufen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom März 2017, in dem das Gericht einen ähnlichen Versagungsbescheid des BfArM für rechtswidrig hielt. Damals hatte das Leipziger Gericht die Vorschriften im BtMG im Lichte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Gebots der Menschenwürde dahingehend ausgelegt, dass der Erwerb des Tötungsmittels ausnahmsweise erlaubt sei. Voraussetzung dafür ist nach Ansicht der Leipziger Richter, dass sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden in einer extremen Notlage befindet, er entscheidungsfähig ist und eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung steht.

Auch die 7. Kammer des Kölner VG ist der Überzeugung, dass ein generelles Verbot des Erwerbs auch für schwerkranke Menschen in einer existenziellen Notlage nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die staatliche Schutzpflicht für das Leben könne in begründeten Einzelfällen hinter das Recht des Einzelnen auf einen frei verantworteten Suizid zurücktreten, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Anders als das BVerwG sah das Kölner Gericht aber keine Möglichkeit, dieser Auffassung durch eine verfassungskonforme Auslegung der Versagungsnorm gerecht zu werden. Es sei von dem Willen des Gesetzgebers auszugehen, den Erwerb für Selbsttötungszwecke im BtMG generell auszuschließen. Da das VG an diese gesetzgeberische Entscheidung gebunden sei, müsse eine Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Norm durch das BVerfG in Karlsruhe erfolgen.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Köln legt dem BVerfG vor: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38785 (abgerufen am: 03.12.2024 )

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