Das VG Hannover hat einer Lehrerin Recht gegeben, die im Wege einstweiliger Anordnung beantragt hatte, wieder im "Fach Werte und Normen" unterrichten zu dürfen. Die Entscheidung der Schulleitung, sie aufgrund fehlender charakterlicher Eignung nicht mehr in diesem Fach einzusetzen, war rechtswidrig.
Das Verhalten der Lehrerin rechtfertige es nicht, sie von dem Unterricht in dem Fach "Werte und Normen" wegen fehlender charakterlicher Eignung zu entbinden, so das Verwaltungsgericht (VG) Hannover. Die Pädagogin sei daher ab dem Schuljahr 2011/2012 wieder für das Fach einzuteilen (Beschl. v. 04.03.2011, Az. 2 B 583/11).
Es sei bereits zweifelhaft, die charakterliche Eignung als Lehrkraft für Werte und Normen allein wegen des in Rede stehenden Vorfalls in Abrede zu stellen, da für eine solche Beurteilung die gesamte Persönlichkeit der Lehrerin und ihr beruflicher Werdegang in den Blick zu nehmen sei. Die Entscheidung sei aber jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil eine Lehrkraft im Fach Werte und Normen nicht eine besondere charakterliche Eignung vorweisen müsse gegenüber einer Lehrkraft, die andere Fächer unterrichte.
An die charakterliche Eignung eines Lehrers im Fach Werte und Normen sind nach Auffassung des Gerichts keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Eignung eines Lehrers in anderen Fächern, in denen die Lehrerin auch weiterhin unterrichten dürfe. Schließlich sei es sachwidrig, ein Verhalten der Lehrerin, das disziplinarisch nicht geahndet worden sei, auf diese Weise zu sanktionieren.
Die Lehrerin, die seit 1973 an der IGS Garbsen unterrichtet, hatte sich im September 2009 in einem anonymen Schreiben an die Polizei gewandt und darauf hingewiesen, dass ein türkischstämmiger Schüler der 11. Klasse ihrer Schule Kontakt zu einer extremistisch-islamischen Gruppe habe. Die Pädagogin hatte sich unter anderem wegen der Ausführungen des Schülers in einer Werte- und Normen-Klausur zu diesem Schritt entschlossen, ohne sich mit der Schulleitung oder Kollegen der Schule darüber abzustimmen.
Der Verdacht gegen den Schüler hatte sich indes als haltlos erwiesen und die Ermittlungen der Polizei waren eingestellt worden, ebenso ein von der Staatsanwaltschaft Hannover gegen die Lehrerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts der Verleumdung, der falschen Verdächtigung und üblen Nachrede.
Auch ein Disziplinarverfahren war eingeleitet, eine Disziplinarmaßnahme von der Landesschulbehörde gegen die Lehrerin jedoch letztlich nicht verhängt worden. Allerdings setzte der Schulleiter die Lehrerin mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2010/2011 nicht mehr im Fach Werte und Normen ein, sondern nur in anderen von der Lehrerin unterrichteten Fächern. Dies begründete er damit, der Lehrerin fehle es an der charakterlichen Eignung für den Unterricht im Fach Werte und Normen, weil sie nicht deutlich genug ihr Bedauern über ihr Fehlverhalten gegenüber den Beteiligten des Schullebens, zum Beispiel Schulleiter, Eltern- und Schülervertreter, zum Ausdruck gebracht hätte.
plö/LTO-Redaktion
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VG Hannover: . In: Legal Tribune Online, 11.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2745 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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