Die Ruhrgebietsstadt Oer-Erkenschwick möchte den Muslimen unter ihren Bewohnern den Muezzin-Ruf nicht verbieten. Sie legte deshalb Berufung gegen ein ergangenes Verbotsurteil des VG Gelsenkirchen ein.
In einem seit Jahren gärenden Streit um die Übertragung wöchentlicher Gebetsrufe einer Moscheegemeinde über Lautsprecher will die Ruhrgebietsstadt Oer-Erkenschwick in Berufung gehen. Sie will damit ihre 2014 erteilte Genehmigung durchsetzen. Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hatte die Übertragung der Muezzin-Rufe kassiert. Während der juristischen Auseinandersetzung verzichtet die Moscheegemeinde vorerst auf eine Übertragung per Lautsprecher.
Der Streit hatte 2015 mit der Klage eines Bürgers begonnen, weil er durch die Übertragung der Rufe nach außen seinen christlichen Glauben herabgesetzt sah. Das Gericht hatte dem Mann in erster Instanz Recht gegeben. Der Kläger habe schließlich keine Möglichkeit gehabt, sich den Moschee-Gebeten zu entziehen, so das VG.
"Auch sakrales Kirchengeläut ist erlaubt"
Die Stadt sieht in diesem Urteil diverse Fehler, wie ihre Anwaltskanzlei am Montag gegenüber LTO mitteilte.
So habe das VG die einschlägige Rechtsprechung zu sakralem, christlichen Glockengeläut nicht hinreichend berücksichtigt, erläuterte Rechtsanwältin Anja Baars. Wenn dieses immisionsschutzrechlich nicht zu beanstanden sei, gebe es keinen Grund, es zu verbieten. Identische Erwägungen müssten auch beim Ruf des Muezzin gelten, so die Anwältin zu LTO. Das VG Gelsenkirchen habe mit seiner Entscheidung "den Bogen überspannt" und die "positive Religionsfreiheit" der Muslime nicht in gebotenem Maße gewürdigt.
Weiter sei es fraglich, ob der Kläger die Rufe überhaupt wahrnehmen könne, da er in 900 Metern Entfernung wohne. Während der Verhandlung in erster Instanz habe er bereits selbst eingeräumt, die Geräusche von der Moschee zuletzt vor mehreren Jahren vernommen zu haben.
dpa/hs/LTO-Redaktion
Berufung gegen VG-Urteil: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27477 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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