Ob eine Straße vorhanden ist, richtet sich nach einem nun bekannt gewordenen Urteil des VG Freiburg nicht allein nach der tatsächlichen Existenz der Straße. Entscheidend sei vielmehr, ob sie gemäß dem zur Zeit ihrer Erbauung gültigen Straßengesetz geplant und gebaut wurde. Damit sind Gebührenbescheide der Kommune Kandern rechtmäßig.
Der Prozess vor dem Verwaltungsgericht (VG) drehte sich um eine alte Straße in Kandern (Kreis Lörrach), die 1869 angelegt und zuletzt 1930 geteert worden war. Nach 80 Jahren war der Belag bröckelig geworden und die Stadtverwaltung ließ den Weg nach modernen Standards sanieren. Dann schickte sie den Anwohnern Gebührenbescheide und argumentierte, ihre Grundstücke seien ja nun erstmals über eine Straße zu erreichen.
Eine Anwohnerin zog dagegen vor Gericht - schließlich war sie über die Straße vor ihrem Haus schon oft gegangen und gefahren. Doch die Richter gaben der Kommune mit Urteil vom 11. Juli 2012 (4 K 1621/10) recht. Anlieger müssen für die endgültige Herstellung einer dem Grunde nach schon 1869 angelegten Straße nur dann keinen Erschließungsbeitrag mehr zahlen, wenn diese aufgrund eines Ortsstraßen- und Bebauungsplanes nach dem alten Badischen Ortsstraßengesetz vom 20. Februar 1868 "als Ortsstraße zum Anbau bestimmt" und bis 1961 vollständig plangemäß hergestellt war. Entscheidend für ihre Qualifizierung als Ortsstraße seien die planungsrechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Errichtung. Hierfür trage der Kläger die Beweislast.
Für die Hausbesitzerin aus Kandern heißt das: Wenn sie einen Ortsstraßenplan, einen Straßenplan, einen Baufluchtenplan oder einen Bebauungsplan 143 Jahre nach den Bauarbeiten findet, in dem der Bau ihrer Straße geplant wurde, muss sie die 1.600 Euro für die Erschließung wohl nicht zahlen.
dpa/plö/LTO-Redaktion
VG Freiburg zu Erschließungsbeiträgen: . In: Legal Tribune Online, 09.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6801 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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