Das Verbot der Parole durch die Stadt Freiburg ist rechtens, die Demo könne auch ohne den möglicherweise strafbaren Slogan stattfinden. Das entschied der VGH Mannheim am Mittwochabend, der damit die Vorinstanz korrigierte.
Eine pro-palästinensische Demonstration darf nun doch nicht unter dem Motto "From the River to the Sea – Palestine will be free! Für ein freies Palästina für ALLE Menschen" stattfinden. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg und gab damit der Stadt Freiburg Recht (Beschl. v. 03.04.2024, Az. 2 S 496/24). Die hatte die Kundgebung mit der Auflage versehen, die Parole weder in Wort noch Schrift auf Deutsch oder in anderen Sprachen zu verwenden. Zur Begründung bezog sie sich auf eine Strafbarkeit des Slogans als Kennzeichen der Hamas.
Wenige Stunden zuvor hatte das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg die Parole noch im Eilverfahren zugelassen (Beschl. v. 03.04.2024, Az. 4 K 1340/24). Dass der Slogan "From the River to the Sea" ein Kennzeichen der Hamas sei, sei zweifelhaft. Es sei daher offen, ob die Verwendung der Parole bei Versammlungen strafbar sei, führte das VG zur Begründung aus. Diese Frage konnte zwar während der summarischen Prüfung im Eilverfahren nicht endgültig geklärt werden. Das VG Freiburg maß aber der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit und damit dem Interesse am Verwenden des Slogans die höhere Bedeutung bei.
Konkrete Hinweise darauf, dass die Hamas durch die Versammlung unterstützt werden solle, hatte laut VG nicht gegeben. Im Gegenteil, der Veranstalter habe Frieden und Freiheit für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan als Ziel der Kundgebung betont, was mit der Ideologie der Hamas gerade nicht in Einklang zu bringen sei.
Strafbarkeit der Parole weiter zweifelhaft
Der VGH in Mannheim kippte diese Entscheidung nun aber. "Der Slogan darf nicht verwendet werden", sagte eine Sprecherin der Stadt am Mittwoch. "Der Versammlungszweck kann auch ohne die Verwendung dieses möglicherweise strafbaren Slogans verwirklicht werden", ergänzte die stellvertretende Rechtsamtsleiterin Henrike Vetter.
Ob die Verwendung der Parole als Kennzeichen der Hamas strafbar ist, war Gegenstand von Diskussionen geworden, nachdem das Bundesinnenministerium (BMI) den Verein im November letzten Jahres verboten hatte. Denn die Verbotsverfügung erstreckte sich nicht nur auf den Verein, sondern auch auf den Slogan "From the River to the Sea". Umstritten ist, ob diese Zuordnung der Parole zur Hamas durch das BMI richtig ist. Dafür spricht, dass der Satz mittlerweile in der Hamas-Satzung zu finden ist. Dagegen spricht zum einen der Umstand, dass die Parole von den Palästinensern erstmals in den 60er Jahren verwendet wurde und die 1987 gegründete Hamas sie sich erst später zu eigen gemacht hat. Zum anderen werden Varianten von Fluss-Meer-Slogans von ganz unterschiedlichen palästinensischen wie israelischen Gruppen verwendet, so auch 1977 in der Gründungscharta von Benjamin Netanjahus Likud-Partei.
Sowohl das VG als auch der VGH stellten klar, dass sie als Verwaltungsgerichte im Eilverfahren keine abschließende Bewertung über die Strafbarkeit der Parole vornehmen können. Für möglich halten beide Gerichte eine Strafbarkeit, sie scheinen davon aber unterschiedlich überzeugt zu sein. Während das VG die Ansicht anderer Verwaltungsgerichte teilt, die die Strafbarkeit der Parole in Zweifel ziehen, zeigt sich der VGH vorsichtiger. Er gewichtete das Risiko, dass die Parole eine solche der Hamas und mithin strafbar sein könnte, höher als die Grundrechtseinschränkungen, die die Demo-Veranstalter durch die Auflage hinzunehmen haben.
Von der Strafbarkeit der Parole gehen auch einige Generalstaatsanwaltschaften in Deutschland aus; in Bayern, dem Saarland, Sachsen und Thüringen wird die Parole nach Behördenangaben konsequent geahndet. Auch die Staatsanwaltschaft Berlin stuft den Slogan mittlerweile als strafbar ein. Entscheidungen von Amtsgerichten gibt es bislang nur wenige. Hier zeichnet sich bislang keine klare Auffassung ab.
Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel wurde nach Bekanntwerden der Entscheidung des VGH Mannheim abgeändert. Zuvor wurde lediglich über die Entscheidung des VG Freiburg berichtet. Stand: 03.04.2024, 18:45 Uhr
lmb/mk/LTO-Redaktion mit Material der dpa
VGH Mannheim korrigiert VG Freiburg: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54246 (abgerufen am: 14.10.2024 )
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