Vor dem sächsischen Justizministeriums weht eine Regenbogenflagge. Ein Zeichen der Vielfalt und der Toleranz, sollte man meinen. Ein Bürger sah darin aber eine ganze Reihe von Grundrechtsverletzungen und zog vor Gericht.
Eine am Donnerstag vor dem sächsischen Justizministerium gehisste Regenbogenflagge muss nicht abgenommen werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Dresden und lehnte den Eilantrag eines Bürgers ab, der sich durch die Flagge in seinen Grundrechten verletzt sah (Beschl. v. 12.06.2020, Az. 6 L 402/20).
Die sächsischen Justizministerin Katja Meier (Grüne) hatte die Flagge Donnerstag gehisst und damit ein Zeichen für nicht heterosexuelle Menschen setzen wollen. Einem Bürger ging das aber zu weit. So weit, dass er vor dem VG um Eilrechtsschutz nachsuchte. Das Hissen der Regenbogenflagge widerspreche den geltenden Verwaltungsvorschriften zur Beflaggung von Dienstgebäuden, so der Bürger zur Begründung.
Die Flagge verletze ihn außerdem in seinen Grundrechten. Die Schwulen- und Lesbenbewegung mit ihrer alle Lebensbereiche umfassenden Forderung nach einer Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen stelle ein weltanschauliches Bekenntnis dar, das sich seiner Auffassung nach auch in der Regenbogenfahne abbilde.
Keine Grundrechtsverletzung
Die Verwendung der Flagge von einer staatlichen Stelle, so der Bürger, sei ein Verstoß gegen die staatliche Neutralität, der ihn in seinem Grundrecht auf "negative Weltanschauungsfreiheit" verletze. Zudem liege eine Verletzung des Schutzes der Familie vor, da durch die Regenbogenfahne "auf metapolitischer Ebene das Gesellschaftsbild der heteronormativ geprägten Familie dekonstruiert" werden solle. Das Hissen der Flagge sei überdies unzulässige Öffentlichkeitsarbeit.
Das VG lehnte seinen Eilantrag gegen die Beflaggung ab. Aus Verwaltungsvorschriften zur Beflaggung von Dienstgebäuden könne der Antragsteller keine eigenen Rechte ableiten, entschied das VG. Seine Grundrechte seien auch nicht verletzt. Die Regenbogenfahne sei ein Zeichen der Toleranz und Akzeptanz sowie der Vielfalt von Lebensformen. Eine ganzheitliche Stellungnahme zum Sinn des Weltgeschehens sei darin laut Gericht nicht zu sehen.
Selbst eine andere Sichtweise könnte dem Mann laut Gericht nicht weiterhelfen. Die "negative Weltanschauungsfreiheit schütze nämlich nicht ohne Weiteres vor Begegnungen mit fremden Glaubensüberzeugungen, soweit diesen ausgewichen werden könne. Dass der Mann vom Hissen der Regenbogenfahne unausweichlich betroffen sei, sei nicht erkennbar.
In den Schutzbereich der Ehe und Familie greife die Flagge ebenfalls nicht ein. Die Regenbogenflagge werde gemeinhin nicht mit der gezielten Abschaffung der heterogenen Ehe verbunden. Laut Gericht stelle die Fahne ein überparteiliches Symbol dar, dessen Aussage - Toleranz und Vielfalt - keiner bestimmten Partei exklusiv zugeordnet werden könne und offensichtlich mit der Verfassung vereinbar sei.
acr/LTO-Redaktion
VG Dresden weist Eilantrag gegen Flagge vor Justizministerium ab: . In: Legal Tribune Online, 12.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41890 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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