Druckversion
Donnerstag, 15.05.2025, 20:39 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/vg-cottbus-1l19924-rechtsextremer-jura-student-referendariat-vorbereitungsdienst-land-brandenburg
Fenster schließen
Artikel drucken
54486

Rechtsextremer Diplomjurist zieht vors VG: Bran­den­burg muss ihn zum Voll­ju­risten aus­bilden

03.05.2024

Ein Anwalt steht in einem Verhandlungssaal und hält eine Ausgabe des Strafgesetzbuches in den Händen

Die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst kann in der Regel nur versagt werden, wenn der Bewerber wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Foto: picture alliance / dpa | Bernd Settnik.

Das Land Brandenburg wollte verhindern, dass ein Rechtsextremer sein Referendariat antritt. Das VG Cottbus entschied aber: Das Land muss ihn in den juristischen Vorbereitungsdienst aufnehmen. Er ist bislang nämlich nicht vorbestraft.

Anzeige

Ein nachweislich rechtsextremer Diplomjurist darf in Brandenburg sein Referendariat beginnen – zumindest vorerst. Er bekam im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Cottbus Recht (Beschl. v. 30.04.2024, Az. VG 1 L 199/24). Das Brandenburgische OLG hatte ihm die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum 1. Mai 2024 mit der Begründung versagt, seine rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten stünden dem entgegen.

Das sah das VG anders und entsprach dem Eilantrag weitgehend. Der Mann müsse in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen werden. Die Ausbildungsbehörde könne ihm aber Auflagen und Weisungen in Bezug auf die Ausübung hoheitlicher Befugnisse erteilen. So sei etwa denkbar, dass er beispielsweise nicht bei Verfahren eingesetzt wird, die mit dem Ausländerrecht zu tun haben, wie ein Gerichtssprecher am Freitag sagte. 

Mann bislang nicht vorbestraft

Eine Aufnahme in das Referendariat könne nach derzeit geltender Rechtslage nur abgelehnt werden, wenn der Bewerber persönlich ungeeignet sei. Das ist in der Regel bei vorsätzlich begangenen Straftaten der Fall, die mit einer (noch nicht getilgten) Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet worden sind, so das VG. Das richtet sich im vorliegenden Fall nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 Brandenburgisches Juristenausbildungsgesetz (BbgJAG). Gleiches regeln aber auch die Gesetze anderer Länder, so beispielsweise § 30 Abs. 4 Nr.1 JAG NRW, der lediglich die "persönliche Ungeeignetheit" durch "Unwürdigkeit" ersetzt.

Der Antragsteller sei vorliegend jedoch nicht vorbestraft, führte das Gericht zur Begründung aus. Die rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten und die mangelnde Verfassungstreue eines Bewerbers ermöglichten es für sich genommen nur, ihn von bestimmten hoheitlichen Befugnissen auszuschließen, nicht jedoch, ihm die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst zu versagen. Ob derartige Auflagen in Betracht kommen, werde das OLG entscheiden, sagte ein Sprecher des VG Cottbus. 

Für die Kammer war darüber hinaus entscheidend, dass im Fall eines erfolgreich absolvierten juristischen Vorbereitungsdienstes die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur versagt werden kann, wenn die Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft. Das richtet sich nach § 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Es wäre unverhältnismäßig, an die vorgelagerte Berufsausbildung höhere Anforderungen als an die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu stellen, so das VG.

Justiz tut sich schwer mit dem Ausschluss von Verfassungsfeinden

Es ist nicht das erste Mal, dass rechtsextreme Referendare sich ins Referendariat klagen. Zuletzt hatte ein Fall im Frühjahr des vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt: Der Juraabsolvent Matthias B., Mitglied der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" und Ex-NPD-Funktionär, musste nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Dresden (Urt. v. 04.04.2023, Az.: 11 K 1918/21) endgültig zum Referendariat zugelassen werden. B. hatte bis 2020 bei der Partei  sogar Führungspositionen inne. Die Partei "Der III. Weg" ist nicht verboten, wird aber vom Verfassungsschutz beobachtet. Dieser attestiert ihr eine "fundamental ablehnende Haltung gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat". 

Trotzdem war der Mann – nach Absagen in Bayern und Thüringen – in Sachsen mit seiner Bewerbung erfolgreich: Der dortige Verfassungsgerichtshof (VerfGH) gab ihm Ende 2021 im Eilverfahren Recht, Ende 2022 in der Hauptsache. Nur wer die freiheitliche demokratische Grundordnung wirklich in strafbarer Weise bekämpft, könne ausgeschlossen werden – das sei vorliegend bei dem Bewerber nicht der Fall. Die Partei "Der III. Weg" sei nämlich weder verboten noch habe sich der Bewerber sonst in einer die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdenden Weise strafbar gemacht. Das Land Sachsen musste den Mann deshalb zum Volljuristen ausbilden. 

Welche "rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten" dem künftigen Brandenburger Referendar zur Last gelegt werden, ist bislang nicht bekannt. Die Gründe des Beschlusses sind noch nicht veröffentlicht. Außerdem ist abzuwarten, ob der Mann auch in der Hauptsache Recht bekommt.

Der Beschluss des VG Cottbus kann nach § 146 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg angefochten werden.

cho/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Rechtsextremer Diplomjurist zieht vors VG: . In: Legal Tribune Online, 03.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54486 (abgerufen am: 21.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Öffentliches Recht
    • Verwaltungsrecht
    • Berufs- und Standesrecht
    • Justiz
    • Politik
    • Rechtsextremismus
    • Rechtsstaat
    • Referendariat
  • Gerichte
    • Verwaltungsgericht Cottbus
Bundespolizei im Einsatz 21.05.2025
Migration

Dobrindt zu Grenzkontrollen:

"Polizei kann das auch über einen län­geren Zei­traum stemmen"

Juristisch umstritten, politisch gewollt: Scheitern die verschärften Grenzkontrollen womöglich, weil schlicht zu wenig Polizei vorhanden ist? Nach Kritik der Polizeigewerkschaft äußert sich der Innenminister – auch zur rechtlichen Kritik.

Artikel lesen
Sicherheitsbehörden gehen gegen die 'Letzte Verteidigungswelle' vor 21.05.2025
Rechtsextremismus

Razzia gegen mutmaßliche rechte Terrorzelle:

Polizei nimmt fünf teils noch jugend­liche Per­sonen fest

Männer aus mehreren Bundesländern sollen eine rechtsextreme Terrorzelle gegründet haben. Nun kam es zu Durchsuchungen und Festnahmen. Justizministerin Hubig macht vor allem Sorgen: Manche der Festgenommenen sind gerade einmal 14 Jahre alt.

Artikel lesen
Dobrindt bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Statistik zu politisch motivierten Kriminalität 20.05.2025
Straftaten

Neue Fallzahlen zur Politisch motivierten Kriminalität:

Exp­lo­si­ons­ar­tiger Ans­tieg

Bei Straftaten mit politischem Hintergrund gibt es eine alarmierende Entwicklung. Vor allem rechte und antisemitische Straftaten nehmen stark zu. Es sind die höchsten Zahlen seit Beginn der Erhebung.

Artikel lesen
Eine Person wirft einen Stimmzettel in eine Wahlurne während der kommunalen Wahlen in NRW. 20.05.2025
Nachrichten

Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen:

Kom­mu­nal­wahl­ge­setz in NRW ist ver­fas­sungs­widrig

Niederlage für CDU, SPD und Grüne in NRW: Das Wahlrecht für Städte und Gemeinden entspricht nicht den Vorgaben der Landesverfassung und des Grundgesetzes. Kleine Parteien werden bei der Sitzverteilung benachteiligt, entschied jetzt der VGH.

Artikel lesen
Eine Person präsentiert den Abschlussbericht des Ministeriums zur aktuellen Lage der Justiz in Baden-Württemberg. 19.05.2025
Justiz

Ministerium stellt Abschlussbericht vor:

Wie steht es um die Justiz in Baden-Würt­tem­berg?

Die Justiz sehen viele als verbesserungswürdiger Sektor an. Aber wo genau liegen die Probleme und wer stört sich woran? Das Justizministerium Baden-Württemberg hat nach einem mehrjährigen Beteiligungsprojekt Erkenntnisse vorgestellt.

Artikel lesen
Wahlplakate in Polen 16.05.2025
Nachrichten

Polen wählt am Sonntag:

Prä­si­den­ten­wahl mit­ent­schei­dend für Jus­tiz­re­form

Die Präsidentenwahl in Polen entscheidet mehr als nur über ein Amt – sie könnte den Kurs der Justizreform, die Zukunft des Rechtsstaates sowie die Rolle des Landes in der EU bestimmen. Europa schaut genau hin.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Stadt Kempten (Allgäu)
Sach­be­ar­bei­tung (m/w/d) Recht­s­an­ge­le­gen­hei­ten für das Bau­ver­wal­tungs- und...

Stadt Kempten (Allgäu) , Kemp­ten (All­gäu)

Logo von European Patent Office (EPO)
Al­ter­na­te Chair of the Di­s­ci­p­li­na­ry Com­mit­tee of the Eu­ro­pe­an Pa­tent...

European Patent Office (EPO) , Mün­chen

Logo von LAFP NRW (Polizei)
Füh­rungs­kraft (m/w/d) in der Lauf­bahn­grup­pe 2.2

LAFP NRW (Polizei) , Düs­sel­dorf

Logo von REDEKER SELLNER DAHS
Rechts­an­wäl­tin/Rechts­an­walt (m/w/d) Di­gi­ta­li­sie­rung und Öf­f­ent­li­ches...

REDEKER SELLNER DAHS , Ber­lin

Logo von Deutsche Rentenversicherung Bund
Voll­ju­rist*in (m/w/div)

Deutsche Rentenversicherung Bund , Ge­ra

Logo von Deutsches Patent- und Markenamt
Voll­ju­ris­tin­nen und Voll­ju­ris­ten (w/m/div)

Deutsches Patent- und Markenamt , Mün­chen

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

25. Düsseldorfer Insolvenztage 2025

22.05.2025, Düsseldorf

Nivalion Legal Finance Summit 2025

22.05.2025, Frankfurt am Main

ICC Germany Arbitration Day

22.05.2025, Frankfurt am Main

Triff Möhrle Happ Luther auf der StuWi 2025 in Wismar

22.05.2025, Wismar

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH