Kein Chat bleibt geheim – auch nicht die SMS des ehemaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner an den Porsche-Vorstand Oliver Blume. Der Verein Parlamentwatch setzt sich vor dem VG Berlin durch. Das BMF muss die Nachrichten offenlegen.
Das Bundesfinanzministerium muss SMS von Christian Lindner offenlegen. Im Sommer 2022 stand der FDP-Politiker und ehemalige Bundesfinanzminister mit dem Vorsitzenden der Porsche-AG Oliver Blume im Austausch über E-Fuels. Der Verein Parlamentwatch forderte das Bundesfinanzministerium (BMF) erfolglos zur Offenlegung der Nachrichten auf. Nun hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden, dass die Mitteilungen herausgegeben werden müssen (Urt. v. 27.03.2025, Az.: VG 2 K 60/23). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Parlamentwatch beantragte im August 2022 beim BMF Zugang zu SMS zwischen Lindner und Blume. Der Verein mutmaßte, dass es in dem Gespräch der beiden Männer um das EU-Verbot von Verbrennermotoren und E-Fuels gehe. Ziel war es, den Einfluss von Lobbyakteuren in der Politik zu analysieren.
Das Ministerium verweigerte eine Herausgabe der Chat-Nachrichten allerdings. Es argumentierte, dass ein Anspruch auf Offenlegung nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) nicht bestehe. Die SMS seien keine für einen Verwaltungsvorgang des BMF entscheidungserhebliche Informationen. Außerdem würden manche Inhalte Lindner nicht in seiner Funktion als Bundesfinanzminister, sondern als Vorsitzenden der FDP betreffen.
Kommunikation hatte Umweltbezug
Der Verein ließ dies nicht auf sich beruhen und klagte vor dem VG auf Herausgabe der Nachrichten.
Dabei berief er sich auf den Anspruch auf Informationszugang nach dem UIG. Dieses sieht in § 3 Abs. 1 S. 1 UIG nämlich grundsätzlich vor, dass jede Person einen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat. Der Verein wollte wissen, ob der Porsche-Chef auf politische Entscheidungen Einfluss genommen hat.
Anders als das BMF hielt nun das VG die SMS für Umweltinformationen. Diese beziehen sich laut Gericht auf die Entscheidung des Rats der Europäischen Union vom 28. und 29. Juni 2022 zum Klimapaket "Fit für 55“ sowie die später verabschiedete Verordnung zur Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen. Dies seien Maßnahmen zum Schutz der Umwelt.
Das Gericht sah den Umweltbezug darin, dass die Kommunikation die Öffnung des geplanten E-Fuels-Verbots behandelte.
Öffentliches Interesse überwiegt Belangen von Lindner und Blume
Das BMF berief sich hingegen auf Datenschutzrecht. Sowohl die personenbezogenen Daten von Linder, aber auch seinem Gesprächspartner Blume, stünden einer Herausgabe entgegen.
Die 2. Kammer gab dem Argument jedoch nicht nach. Bei der nach UIG erforderlichen Abwägung zwischen öffentlichem Interesse an der Umweltinformation und dem Schutz der persönlichen Belange von Lindner und Blume unterliegen letztere, so das VG. Die Richter beriefen sich darauf, dass die Männer lediglich in ihrer beruflichen Funktion betroffen seien und auch bereits öffentlich zu diesem Thema Stellung bezogen haben. Das Interesse der Öffentlichkeit "Inhalt und Art der Kommunikation zu erfahren, die möglicherweise Rückschlüsse auf etwaige Näheverhältnisse zwischen Regierungen und Dritten zum Thema E-Fuels ermögliche", überwiege.
Dem BMF ist es laut VG auch tatsächlich möglich, die SMS herauszugeben. Es verfüge noch immer über die Mitteilungen. Diese seien nämlich auf dem Diensthandy des Bundesministers a.D. abgespeichert und somit noch abrufbar.
tw/LTO-Redaktion
VG Berlin zu Chat mit Porsche-Vorstand: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56900 (abgerufen am: 22.05.2025 )
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