Schulkinder müssen seit 2020 eine Masernimpfung nachweisen. Legen die Eltern keinen Impfnachweis vor, darf das Gesundheitsamt ein Zwangsgeld androhen, so das VG Berlin nun in mehreren Eilverfahren.
Gesundheitsämter dürfen für den Schulbesuch einen Impfnachweis für Masern fordern. Wird ein solcher Nachweis von den Eltern nicht vorgelegt, kann das Gesundheitsamt ein Zwangsgeld androhen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin (VG) in mehreren Eilverfahren entschieden (Beschl. v. 11. und 15.9.2023, Az. VG 14 L 210/23, VG 14 L 231/23) und befasste sich damit mit der Masernimpfung für Schulkinder. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich damit bisher nur in Bezug auf Kitakinder befasst.
§ 20 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht seit 2020 vor, dass Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden, nachweisen müssen, gegen Masern geimpft zu sein. Auch Schulen sind solche Gemeinschaftseinrichtungen. Entsprechend gilt die Regelung auch für drei minderjährige Schüler:innen, die Schulen im Bezirk Treptow-Köpenick besuchen. Das dortige Gesundheitsamt hatte die Eltern der drei Kinder zunächst darauf hingewiesen, dass sie die Masernimpfung ihrer Kinder nachweisen müssten. Dem kamen die Eltern allerdings nicht nach und auch eine Bescheinigung dazu, dass die Kinder schon auf anderem Wege immunisiert sind oder sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden könnten, legten sie nicht vor.
Das Gesundheitsamt forderte die Eltern daher erneut auf, Impfnachweise vorzulegen, und drohte ein Zwangsgeld von 200 Euro an, falls die Eltern dem nicht nachkommen sollten. Dies begründete das Gesundheitsamt damit, dass Masern eine hochansteckende Viruskrankheit seien, die zu schwerwiegenden Erkrankungen führen könne. Daher sei der Aufbau eines Gemeinschaftsschutzes, wofür 95 Prozent der Bevölkerung immun sein müssten, wichtig.
BVerfG bestätigte Verfassungsmäßigkeit bereits für Kita-Kinder
Die Eltern der drei Schüler:innen beantragten gegen diese Entscheidung des Gesundheitsamts vorläufigen Rechtsschutz. Die Nachweispflicht bedeute faktisch eine Impfpflicht und sei daher verfassungswidrig. Mit der Impfung gingen außerdem erhebliche gesundheitliche Risiken einher. Sie könnten die Impfung auch nicht gegen den Willen ihrer Kinder durchsetzen, machten die Eltern geltend.
Das VG folgte dieser Auffassung aber nicht und wies die Eilanträge im Rahmen der summarischen Prüfung zurück, denn die Bestimmungen des IfSG seien mit einiger Wahrscheinlichkeit verfassungsgemäß. Zwar würden die Anordnungen des Gesundheitsamtes in das Elternrecht aus Art. 6 Grundgesetz eingreifen. Dieses sei aber nicht als Freiheitsrecht der Eltern, sondern als Schutzrecht der Kinder auszulegen. Die Regelung zur Nachweispflicht der Masernimpfung sei vor diesem Hintergrund verhältnismäßig und verfolge einen legitimen Zweck, wie das Bundesverfassungsgericht bereits zur Nachweispflicht bei Kindern für die Kindertagesstätte oder den Kindergarten entschieden habe (BverfG Beschl. v. 21.7.2022, Az. 1 BvR 469/20 u.a.).
Die Nachweispflicht sei demnach auch geeignet, die Impfquote der Bevölkerung zu erhöhen. Auch sei die Masernimpfung nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen sehr effektiv und wirke lebenslang. Es bestehe auch keine Unverhältnismäßigkeit der Regelung hinsichtlich schulpflichtiger Kinder. Schließlich stelle es auch kein Vollstreckungshindernis dar, "dass (angeblich) der Wille der Kinder entgegenstehe".
Gegen die Beschlüsse kann noch beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt werden.
ast/LTO-Redaktion
VG zum Nachweis einer Masernimpfung: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52775 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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