Es bleibt bei weniger Spielhallen, weniger Automaten und Schluss mit Zocken um 3 Uhr nachts. Das VG Berlin wies am Freitag die Klagen von drei Glücksspiel-Unternehmen gegen das strenge Spielhallengesetz der Hauptstadt ab: Seit der Föderalismusreform dürfen die Bundesländer das Spielhallenwesen uneingeschränkt regeln.
Die klagenden Spielhallenbetreiber konnten sich nicht mit ihrer Auffassung durchsetzen, dass das Berliner Spielhallengesetz verfassungswidrig ist. Das Land hat seit der Föderalismusreform eine uneingeschränkte Kompetenz im Bereich des Spielhallenwesens, stellte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin fest (Urt. v. 15.02.2013, Az. VG 4 K 336.12, VG 4 K 342.12, VG 4 K 344.12).
Die Unternehmen hatten argumentiert, dass die Länder nur für den Bereich zuständig seien, den zuvor die Vorschrift des § 33i Gewerbeordnung (GewO) geregelt hatte. Mit der Vorschrift hatte der Bundesgesetzgeber vorgeschrieben, dass eine Erlaubnis braucht, wer eine Spielhalle betreiben will und unter welchen Voraussetzungen diese versagt werden kann. "Die Kompetenz der Länder darauf zu begrenzen, macht keinen Sinn, wenn man ihnen eigentlich das Recht der Spielhallen umfassend übertragen will", teilte der Sprecher des Gerichts, Stephan Groscurth, auf Nachfrage mit.
Mindestens 500 Meter zwischen zwei Spielhallen
Mit der Föderalismusreform hatten die Länder 2006 vom Bund die Zuständigkeit für einige kleine Bereiche des Wirtschaftsrechts erhalten, etwa für den Ladenschluss und auch für Spielhallen, vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 Grundgesetz. Damit sollten die Landesgesetzgeber für Fälle mit besonderem Regionalbezug und für solche Materien gestärkt werden, wo eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erforderlich ist.
Berlin hatte im Mai 2011 als erstes Bundesland von dieser neuen Kompetenz Gebrauch gemacht und ein Spielhallengesetz mit strengen Auflagen beschlossen. Denn in vielen leerstehenden Ladenlokalen eröffneten immer mehr Automaten-Casinos, vor allem in sozial schwachen Kiezen. Rund 37.000 Menschen gelten in der Hauptstadt als spielsüchtig, darunter viele junge Migranten.
Nach dem Berliner Gesetz muss zwischen zwei Spielhallen sowie zu Schulen und Jugendclubs ein Abstand von mindestens 500 Metern liegen. In einer Halle dürfen nur noch maximal acht Spielgeräte stehen. Zuvor waren es zwölf. Außerdem darf zwischen drei Uhr nachts und elf Uhr vormittags nicht gespielt werden. Die Maßnahmen sollen die Anzahl der Geschäfte - Mitte 2012 waren es rund 570 - begrenzen und die Spielsucht bekämpfen. Ende September 2012 zeigte das Gesetz erste Wirkung. Die Zahl der Spielhöllen war zwar noch nicht gesunken - es waren aber immerhin kaum neue dazugekommen.
Kampf gegen Spielsucht rechtfertigt Restriktionen
Der Düsseldorfer Glücksspielrechtler Johannes Dietlein hält das Urteil für ein klares Signal in Richtung Länder. Auch wenn Verfassungsfragen abschließend natürlich erst durch die Verfassungsgerichte beantwortet würden, sei das sicher eine ganz wichtige und überzeugende Entscheidung. "Es bestätigt sich die an sich nahe liegende Überlegung: Wenn das Grundgesetz bei den Gesetzgebungskompetenzen vom 'Recht der Spielhallen' spricht, dann meint es auch Spielhallen – und zwar das Spielhallenwesen insgesamt!"
Die Spielhallenbetreiber drangen auch nicht mit ihrer Auffassung durch, das Gesetz verletze ihre Berufsfreiheit. Der Kampf gegen die Spielsucht rechtfertige die Restriktionen, so die Verwaltungsrichter. Übergangsfristen trügen den Belangen bisheriger Spielhallenbetreiber Rechnung. Nach dem Spielhallengesetz erlöschen bereits erteilte Genehmigungen zum 31. Juli 2016.
"Die Entscheidung enthält einen deutlichen Fingerzeig in Richtung Glücksspielstaatsvertrag 2012 und die dortigen Regelungen zum Spielhallenrecht, die damit ebenfalls eine Bestätigung finden. Das gilt vor allem für die heiß umstrittene Frage nach notwendigen Übergangsregeln. Die Positionierung des VG ist klar: Die Schutzinteressen der Bevölkerung gehen vor", so Dietlein.
In den Ländern, die anders als Berlin nicht von der neuen Kompetenz Gebrauch gemacht haben, gilt § 33i GewO nach wie vor. Daneben gibt es auf Bundesebene noch eine Spieleverordnung. Erst vergangene Woche versandte das Wirtschaftsministerium einen Entwurf zur Änderung dieser Verordnung an die Länder und Verbände. Damit soll die zulässige Anzahl von Geldspielgeräten in Gaststätten von drei auf ein Gerät reduziert werden. Eine personengebundene Spielerkarte soll außerdem verhindern, dass Jugendliche spielen oder eine Person mehrere Geräten gleichzeitig bedient. "Soweit ein Landesspielhallengesetz spezieller ist als diese Verordnung, verdrängt es allerdings auch diese", sagte Gerichtssprecher Groscurth.
cko/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa.
Glücksspiel-Unternehmen scheitern vor VG: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8251 (abgerufen am: 03.10.2024 )
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