Die bei einer Großrazzia gegen die Reichsbürgerszene inhaftierte Berliner Juristin Birgit Malsack-Winkemann darf vorerst nicht weiter als Richterin tätig sein. Außerdem muss sie auf die Hälfte ihrer monatlichen Bezüge verzichten.
Die im Zuge einer Razzia in der Reichsbürgerszene verhaftete Juristin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann darf vorerst nicht weiter als Richterin tätig sein. In einem Eilverfahren hat das Richterdienstgericht des Landes Berlin Malsack-Winkemann vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung der Hälfte ihrer monatlichen Bezüge angeordnet. Das Gericht folgte damit einem entsprechenden Antrag der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung (Beschl. v. 15.03.2023, Az. DG 1/23).
Malsack-Winkemann steht seit 1996 im Dienst des Landes Berlin und saß von 2017 bis 2021 als Abgeordnete für die AfD im Deutschen Bundestag. Im März 2022 kehrte sie als Richterin an das Landgericht (LG) Berlin zurück. Im Dezember 2022 wurde die Richterin dann bei einer bundesweiten Razzia gegen die Reichsbürgerszene verhaftet. Der Generalbundesanwalt wirft ihr vor, einer terroristischen Gruppe angehört zu haben. Die Gruppe habe die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen – Malsack-Winkemann sei dabei als Justizministerin in einer neuen Regierung vorgesehen gewesen. Die Richterin sitzt seit der Festnahme in Untersuchungshaft.
Gegen Malsack-Winkemann laufen aktuell mehrere Verfahren. Bereits im Juni 2022 strengte Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Die Linke) ein Verfahren gegen die Ex-AfD-Abgeordnete an, bei dem es um die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ging. Das Richterdienstgericht hatte den Antrag der Justizsenatorin im Oktober abgelehnt, Malsack-Winkemann durfte an das Landgericht zurückkehren. Die Justizsenatorin legte dagegen Berufung ein, das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Die Bezüge der Richterin wären von dem Verfahren jedoch nicht betroffen.
Disziplinarverfahren endet wohl mit Entfernung aus dem Richteramt
Neben dem Verfahren über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand läuft gegen sie ein Disziplinarverfahren, das noch nicht abschlossen ist. Soll nach Abschluss des Verfahrens auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden, ist gemäß § 34 Disziplinargesetz Berlin (DiszG) eine Disziplinarklage zu erheben, über die das Richterdienstgericht am Verwaltungsgericht (VG) Berlin entscheidet.
Nach § 75 Abs. 1 Richtergesetz Berlin (RiG Bln) in Verbindung mit § 73 Abs. 1 RiG Bln und § 38 Abs. 1 DiszG kann die Justizsenatorin Beamtinnen und Beamte auch schon während des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben und anordnen, dass bis zu 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Richterverhältnis erkannt wird. Über die vorläufige Dienstenthebung entscheidet das Dienstgericht.
Das Dienstgericht gab dem Antrag der Justizsenatorin am Donnerstag statt. Zur Begründung führte das Gericht aus, es sei nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand überwiegend wahrscheinlich, dass das gegen die Richterin eingeleitete Disziplinarverfahren zur disziplinarischen Höchstmaßnahme einer Entfernung aus dem Richterverhältnis führen werde. Denn eine Richterin, die sich einem auf die Durchführung eines gewaltsamen Staatsstreiches gerichteten Geheimbündnis anschließe, breche den von ihr geleisteten Eid auf das Grundgesetz in besonders schwerer Weise und sei deshalb aus dem Dienst zu entfernen.
"Brandgefährliche Person, die im Richterdienst in Berlin nichts verloren hat"
Die Unschuldsvermutung stehe einer Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren nicht entgegen, hieß es in einer Gerichtsmitteilung. Dass die Richterin infolge der Untersuchungshaft gegenwärtig faktisch ohnehin ihr Amt nicht ausüben könne, hindere die vorläufige Suspendierung nicht. Die Suspendierung diene zugleich dem ungestörten Dienstbetrieb in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und dem Ansehen der Justiz insgesamt. Bei der Entscheidung über die Höhe der einzubehaltenden Dienstbezüge schöpfte das Gericht den gesetzlichen Rahmen (bis zu 50 Prozent) voll aus.
Der Beschluss des Dienstgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Es sei Beschwerde dagegen innerhalb von zwei Wochen beim Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) möglich, hieß es.
"Die Entscheidung bestätigt vollumfänglich meine Annahme, dass es sich hier um eine brandgefährliche Person handelt, die im Richterdienst in Berlin nichts verloren hat", so Justizsenatorin Kreck. Zu begrüßen sei auch, dass der gesetzliche Rahmen bezüglich der Bezügekürzung voll ausgeschöpft worden sei. "Jedoch ist hier meiner Ansicht nach der Gesetzgeber gefordert, dass es zukünftig auch möglich ist, die Bezüge auch höher als nur zu 50 Prozent zu streichen", so Kreck.
acr/LTO-Redaktion
Inhaftierte Richterin und mutmaßliche Reichsbürgerin: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51329 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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